Ingolstadt
Technisches Rathaus: Alles noch schlimmer

Wenn nicht sofort saniert wird, droht Sperrung von Büros - Finanzausschuss um Transparenz bemüht

21.05.2019 | Stand 23.09.2023, 7:05 Uhr
Problemimmobilie: Das Technische Rathaus muss dringend statisch ertüchtigt werden - andernfalls müssten bereits in Kürze erste Büros gesperrt werden. Für die Nutzung der Tiefgarage (hier die Einfahrt) will die Stadt an die Heilig-Geist-Stiftung nachzahlen. −Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Die Stadt wird in allernächster Zeit für den akuten Bauunterhalt des Technischen Rathauses an der Spitalstraße 2,65 Millionen Euro aufwenden müssen - oder aber dort untergebrachte Ämter müssten bereits zur Jahresmitte ausquartiert werden. Mit dieser sehr plötzlich offenbar gewordenen Zwangslage hat sich am Dienstag der Finanzausschuss des Ingolstädter Stadtrates befassen müssen. Die Diskussion kreiste dabei geradezu zwangsläufig auch um die dramatische Finanzlage der Heilig-Geist-Stiftung, die Eigentümer des Gebäudes ist.

Der Punkt war zunächst für den nichtöffentlichen Teil der Sitzung vorgesehen gewesen, wurde dann aber auf Drängen von Oppositionsvertretern öffentlich behandelt. Offenbar sehen auch Rathauskoalition und Verwaltungsspitze angesichts der wabernden Gerüchteküche die Notwendigkeit, in Sachen Stiftung größere Transparenz zu schaffen. SPD-Fraktionschef Achim Werner: "Das hätten wir viel eher tun müssen."

Laut Bürgermeister Albert Wittmann ("Ich weiß erst seit zehn Tagen davon") hat ein kürzlich vorgelegtes Statikgutachten schwere Mängel bei einigen Decken im Gebäude und auch beim Brandschutz offenbart. Insbesondere dort, wo durch die Nutzung (Archivräume) erhebliche Gewichtsbelastungen bestehen, gibt es demnach kritische Durchbiegungen, die ein zügiges Handeln erzwingen. Eine wirkliche Gefahr für die Mitarbeiter, so heißt es, bestehe zwar nicht, doch genehmigungsfähig sei eine öffentliche Nutzung ohne kurzfristige Sanierungen eben nicht mehr.

Geboten erscheint ein Bündel aus Sofortmaßnahmen, die in der Summe nunmehr besagte 2,65 Millionen Euro ausmachen dürften. Die Alternative, so Bürgermeister, stellvertretender Baureferent Walter Hoferer und Finanzreferent Franz Fleckinger unisono, wäre die schleunige Ausquartierung etlicher Büros, was weder organisatorisch noch finanziell darstellbar sei. Hoferer: "Das kostet verdammt viel Geld!"

Die Zustimmung zu den unverhofften Mehrausgaben muss Anfang Juni der Stadtrat geben. Die Mitglieder des Finanzausschusses befürworteten diesen Schritt gestern zwar einstimmig - nicht aber, ohne zuvor noch eine Diskussion über die tieferen Ursachen der Misere beim sogenannten Spitalgebäude (tatsächlich ein Nachkriegsbau, der seit 1977 von der Verwaltung genutzt wird) geführt zu haben.

Da nämlich gegen die Sichtweisen nach wie vor auseinander. Bürgermeister Wittmann (CSU) stellte heraus, dass das geplante schnelle finanzielle Einspringen der Stadt auch einen Beitrag zur Rettung der Heilig-Geist-Stiftung darstelle, die als Eigentümer des Gebäudes selber offenbar keinesfalls in der Lage ist, derartige Mittel aufzubringen. BGI-Fraktionschef Christian Lange unterstrich hingegen seine Auffassung, dass die Stadt als Mieter des Gebäudes mitverantwortlich für die inzwischen deutlich gewordene finanzielle Schieflage des Stiftung zeichnet: "Die Stadt ist nicht Heilsbringer, sondern Verursacher." Durch eine Änderung des Mietvertrages, so seine Argumentation, habe sich die Verwaltung 2007 quasi aus der Verantwortung für den Bauunterhalt herausgeschlichen.

Das wollte die Verwaltung keinesfalls so stehen lassen. Altert Wittmann konterte umgehend: Die Vertragsänderung sei erfolgt, weil eine bis dahin gültige Regelung, wonach die Stadt eine (ortsübliche) Miete für die 6000 Quadratmeter Büroraum im technischen Rathaus gezahlt und zusätzlich den Bauunterhalt zu leisten hatte, "sittenwidrig" und damit rechtlich nicht zu halten gewesen sei. Letztlich sei es gar um die Frage gegangen, ob ein "weiter so" nicht sogar den Tatbestand der Veruntreuung städtischer Gelder erfüllt hätte.

Unterm Strich, so der Bürgermeister, könne niemand ernsthaft behaupten, dass die Stadt der Stiftung etwas schuldig geblieben sei - ganz im Gegenteil: "Einen besseren Mieter als die Stadt hätte sich die Stiftung nicht wünschen können." . Die Probleme der Stiftung, so Wittmann, rührten allein aus den Defiziten ihrer beiden Heime (Heilig-Geist-Spital und Anna-Ponschab-Haus).

Als Zeichen korrekter Abrechnung will die Stadt auch die nachträgliche Mietzahlung von 470000 Euro für die Nutzung der (erst später gebauten) Tiefgarage unterm Technischen Rathaus verstanden wissen, die von 2007 bis 2015 offenbar nicht vertraglich erfasst war. Auch dieser Punkt wurde aus dem nichtöffentlichen in den öffentlichen Teil der Sitzung geholt. Weil Grünen-Fraktionschefin Petra Kleine zu bedenken gab, dass es hier um eine womöglich rechtlich schwer fassbare "konstruierte" Lösung geht, bestätigte Rechtsreferent Dirk Müller ausdrücklich die aus seiner Sicht vertretbare Kalkulation.

Die Diskussion bewegte sich zeitweise am Rande eines parteipolitischen Schlagabtausches zwischen CSU und BGI, insbesondere weil die Christsozialen der Oppositionsfraktion vorwerfen, die Diskussion um die Heilig-Geist-Stiftung zu instrumentalisieren, um Angriffe gegen OB Christian Lösel fahren zu können. Markus Reichhart war deshalb um Versachlichung bemüht. Beim Defizit der Stiftung, so der FW-Mann, müsse sich der komplette Stadtrat mitverantwortlich fühlen: "Seit 1972 war es politisch gewollt, die Pflegesätze niedrig zu halten." Die Einnahmen aus dem Technischen Rathaus seien schlicht dazu genutzt worden, um die Fehlbeträge der Heime zu reduzieren.

Bernd Heimerl