Ingolstadt
Studenten als Unternehmensberater

Verein consult.IN bietet Firmen und Start-ups seine Dienste an - und das schon seit zehn Jahren

28.07.2020 | Stand 23.09.2023, 13:11 Uhr
Der neue Vorstand von consult.IN: Maximilian Wenzl, Jakob Konrad, Sophie Mittelstädt (von links). −Foto: consult.IN

Ingolstadt - Sie sind jung, Experten in unterschiedlichen Fachrichtungen und hochmotiviert. Wer bei ihnen mitarbeiten möchte, muss sich einem anspruchsvollen Aufnahmeverfahren stellen, das so lange dauert wie ein Semester.

"Man muss vereinsintern ein Projekt ausarbeiten und vorstellen", erklärt Theresa Pescolderung, die für Finanzen und Recht zuständig ist. Schließlich gehe es um qualitativ hochwertige Arbeit, sind sich der neue Vorsitzende des Vereins consult.IN, Jakob Konrad, und sein Vorgänger, Marc Bachmeier, einig. "Wir wollen Leute finden, die wirklich Lust haben, sich neben dem Studium zu betätigen." Und es geht um eine höchst verantwortungsvolle Betätigung: consult.IN ist eine studentische Unternehmensberatung. Die Mitglieder bieten Unternehmen eine Beratung als Dienstleister an. Und können dabei ihr im Studium erworbenes Wissen praxisnah anwenden.

Der Verein nutzt Räume und Ressourcen der THI und ab und zu den Rat des einen oder anderen Professors, ansonsten arbeitet die studentische Unternehmensberatung von der THI unabhängig. Knapp 100 Mitglieder aus 12 Studiengängen bieten ihre Dienste an, wenn es um Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Marketing, Strategie oder IT, etwa die Erstellung einer Website, geht. Auch Schulungen in IT und Datensicherheit oder Marktanalysen von Wettbewerbern stehen auf dem Portfolio. Einzige Bedingung, um bei consult.IN mitarbeiten zu können: Die Mitglieder müssen an der THI oder der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (WFI) eingeschrieben sein.

Doch welches Unternehmen baut, wenn es um die eigene Firma geht, auf Studenten? Es seien in der Regel eher die kleineren, mittelständischen Unternehmen, auch sogenannte Start-ups gehören zu den Kunden von consult.IN. Bei "ganz großen Projekten" würden die Unternehmen meist auf die bekannten Unternehmensberater setzen. "Wir haben eher die kleineren Projekte", erklären drei der in dem Verein tätigen Studierenden im Gespräch mit dem DONAUKURIER. Aber es sei natürlich auch eine Frage des Geldes: Während die "ganz Großen" Unternehmensberater, die weltweit agieren, zwischen 1000 und 1500 Euro pro Tag nähmen, liege der Tagessatz bei der studentischen Unternehmensberatung bei etwa 400 Euro.

Vor zehn Jahren wurde die studentische Unternehmensberatung von Michael Jünger, Professor für Wirtschaftswissenschaften an der THI, zusammen mit drei Studierenden gegründet. Das Projekt ist seither stetig angewachsen. Von drei auf momentan 93 Mitglieder, wie Bachmeier erklärt. Der 22-Jährige studiert, wie auch Jakob Konrad (21), Internationales Management. Theresia Pescolderung (22) hat sich für Internationales Handelsmanagement entschieden. Dieser Studiengang bereitet speziell auf eine Führungsposition im Handel vor. Etwa 65 Prozent der Studenten sind in betriebswirtschaftlichen Studiengängen eingeschrieben. Doch auch Studenten aller anderen Fachrichtungen, etwa IT oder Maschinenbau, arbeiten bei consult.IN. Das Wissen für Beratungen ist daher breitgefächert. Die Studenten sind in der Regel zwischen 18 und 25 Jahre alt. Der Verein gehört dem deutschlandweiten Netzwerk BDSU an, in dem sich 32 studentische Unternehmensberatungen austauschen. Sechsmal im Jahr findet dazu ein Treffen statt. Die einzelnen Gruppierungen müssen sich jedes Jahr einer Qualifizierung stellen. "Allein das zeigt, dass wir unsere Sache gut machen müssen", sind sich Bachmeier, Konrad und Pescolderung einig. Der Vorstand ist immer auf ein Jahr gewählt. Erst am vergangenen Samstag waren Neuwahlen. Dem erweiterten Vorstand gehören nun Jakob Konrad als Vorstandsvorsitzender und Nachfolger Bachmeiers sowie Sophie Mittelstädt (2. Vorstand) und Maximilian Wenzl (3. Vorstand) an. Bereichsleiter sind Eric Anders, Isabel Sagmeister, Moritz Engl, Marco Geilersdorfer, Luisa Heckmann und Maike Ertel. Der Frauenanteil liegt jetzt bei etwa 40 Prozent.

Die Corona-Krise hat die Arbeit der studentischen Unternehmenberatung in den vergangenen Monaten natürlich nicht leichter gemacht. Auch ihr brachen etliche Aufträge weg. Vor Corona hatte der Verein pro Halbjahr durchschnittlich elf Aufträge. In der Krise bot consult.IN durch das Virus stark beeinträchtigten Unternehmen eine kostenlose Beratung an. Das Angebot wurde allerdings nur einmal genutzt: von einer Vertriebsfirma, das Desinfektionsmittel und Masken vertreibt. Ob das Angebot der kostenlosen Beratung weiter aufrecht erhalten bleibt, ist noch unklar. "Wir spielen gerade verschiedene Szenarien durch", sagt der neue Vorsitzende Konrad. "Was ist, wenn es eine zweite Welle gibt, was, wenn es bleibt, wie bisher?" Eigentlich würde man gerne wieder "zurück zum normalen Geschäft". Im "Extremfall" werde man betroffene Firmen wohl auch weiterhin kostenlos beraten. Das hänge davon ab, wie sich die Situation in Sachen Corona entwickele. Eine zuverlässige Vorhersage in diesem Punkt freilich können die besten Unternehmensberater nicht machen.

DK

Wer Kontakt zur studentischen Unternehmensberatung aufnehmen möchte, kann dies über folgende E-Mail-Adresse tun: kontakt@consultin.net

Ruth Stückle