Pförring
"Stechmücken sind eigentlich faul"

Biologe Matthias Galm hofft, dass sein Team die Plagegeister soweit dezimieren konnte, dass sie weitgehend im Auwald bleiben

23.06.2020 | Stand 23.09.2023, 12:29 Uhr
In hohem Bogen streut ein Mitarbeiter von Matthias Galm mit dem Stechmückenbekämpfungsmittel BTI einen Tümpel bei Pförring (oben). Als Trägermaterial dient ein Granulat aus Maisspelzen (links). Vor jedem Einsatz nimmt Galm (unten rechts) eine Probe, um die Anzahl und das Entwicklungsstadium der Mückenlarven zu kontrollieren. Hier zeigt er sie Jagdpächter Lothar Seidl. −Foto: Kügel

Pförring - Nach jeder Hochwasserwelle der Donau - und sei sie noch so klein - droht in Pförring eine Stechmückenplage.

Um die Stanzen zu dezimieren, ist seit Samstag Matthias Galm mit seinen Leuten im Auftrag des Marktes in den Donauauen unterwegs und bringt an den Brutstätten der Plagegeister das Bekämpfungsmittel BTI aus.

In brusthohen Wathosen beziehungsweise langen Stiefeln stapfen Matthias Galm und Benedikt Beck durch den Giesenauer Graben bei Gaden und streuen bei jedem vorsichtig-tastenden Schritt in hohem Bogen eine Handvoll gelb-brauner Körner aus. Auf den ersten Blick sieht es aus, als würden sie Fische füttern. Da der Graben nur nach starken Regenfällen oder bei hohem Donaupegel Wasser führt, gibt es hier eben keine Fische - aktuell aber umso mehr Stechmückenlarven. Für die ist das Futter bestimmt. Bekommen soll und wird es ihnen nicht. Denn an dem Granulat aus Maisspindeln haftet das für die Larven tödliche Bacillus thuringiensis israelensis (BTI).

Zuvor hat Galm mit einer langstieligen Schöpfkelle eine Wasserprobe entnommen, um zu überprüfen, wie stark die Population der Mückenlarven ist und in welchem Stadium sich die Tierchen befinden. "Es gibt vier Larvenstadien. Bei den kleinsten ist die Wirkung schon nach zwei Stunden gut erkennbar", erklärt Galm dem Jäger Lothar Seidl, der zufällig vorbeikommt und sich natürlich dafür interessiert, was Leute mit einem Auto mit Bad Tölzer Nummer am Samstagnachmittag in seinem Revier suchen. Im Probenbecher befinden sich aber nicht nur kleine und große Larven, sondern auch Puppen. "Die erkennt man daran, dass sie sich schneckenförmig einrollen", sagt Galm. Da sie in diesem Stadium nichts mehr fressen, werden sie auf jeden Fall den BTI-Einsatz überleben und je nach Wassertemperatur schon bald schlüpfen. Galm findet das aber nicht schlimm: "Stechmücken sind eigentlich faul. Wenn die Population nicht so dicht ist, dann bleiben sie hier an der Donau. "

Am Sonntag ist der Wasserstand in den Wiesen auf der Nordseite der Donau soweit gesunken, dass auch hier ein Einsatz Sinn macht. Galm hat dafür sechs Helfer mit nach Pförring gebracht, die bewaffnet mit Eimern oder Rucksäcken voller BTI-Granulat und Schöpfkellen die auf Karten verzeichneten Brutstätten der in Pförring Stanzen oder Staunsen genannten Quälgeister aufsuchen.

Galm hätte auch nichts dagegen, wenn sich Pförringer für die Stechmückenbekämpfung finden. Zumal er auch für die Bekämpfung der Rheinschnaken rund um Iffezheim zuständig ist und dazu künftig noch den Chiemsee übernehmen soll. In den Anfangsjahren hatten Freiwillige die Pförringer Bauhofmitarbeiter unterstützt. Zuletzt hätten sich allerdings kaum mehr Helfer gemeldet. Deshalb habe man heuer auf einen Aufruf verzichtet. "Meine Leute müssen ja auch ihre Zeit einplanen", meint Galm.

Deshalb war der Stechmückenexperte bereits Anfang letzter Woche zur Kontrolle vor Ort. Seine mit dem Hochwassernachrichtendienst verbundene Handy-App hatte Alarm geschlagen: "Ich habe die Warnmarke bei drei Meter gesetzt", sagt der Biologe. Denn da ist nach seiner Erfahrung der kritische Wert erreicht, ab dem - je nach Wetterverlauf - bei Pförring die Donau bald über die Ufer tritt und die Überschwemmungsmücken aus ihrem Schlaf "weckt". Höchste Zeit also für Galm, der für die vom Markt Pförring beauftragte Firma Icybac - eine 100-prozentige Tochter der KABS (Kommunale Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage) e. V. - die Stechmückenbekämpfung bei Pförring durchführt, vor Ort nachzuschauen.

Bis Freitag machte ein Einsatz für Galm keinen Sinn. Zum einen war es kalt und regnerisch, zum anderen standen die Wiesen am Nordufer der Donau noch großflächig unter Wasser. "Da hätte man nur viel Material verbraten und es hätte nichts gebracht", erläutert der erfahrene Biologe. Ganz ohne Stanzen wird der Sommer in Pförring nicht bleiben, räumt Galm ein: "Man erwischt nicht jede Pfütze, und jenseits der Gemeindegrenzen vermehren sich die Stechmücken immer noch ungehemmt. "

DK

Sebastian Kügel