Ingolstadt
Stadtrundgang über Folgen gedankenlosen Verbraucherverhaltens

Tage der Nachhaltigkeit I: Das Handy kann eine "Schatzkammer" sein

17.10.2021 | Stand 23.09.2023, 21:21 Uhr
Kritischer Stadtrundgang in kleiner Runde: Beate Schwander (Mitte) vom Weltladen informierte am Sonntag über die Schattenseiten maßlosen Konsums. −Foto: Brandl

Ingolstadt - Das neueste Smartphone, die angesagte Jeans, billiges Fleisch oder Schokolade für nur wenige Cent mit reichlich Kakao - viele Menschen konsumieren Dinge und Nahrungsmittel wie diese, ohne groß darüber nachzudenken, welchen Preis die Gesellschaft tatsächlich dafür bezahlt.

Nicht an der Kasse, sondern wenn es darum geht, wie Welt in Zukunft aussieht.

Darüber aufklären wollte am Sonntagvormittag der konsumkritische Stadtrundgang, den der Weltladen Ingolstadt im Rahmen der Tage der Nachhaltigkeit ausrichtete. Nur drei Leute fanden sich ein, um die Tour mitzumachen. Dafür konnte Beate Schwander vom Weltladen umso mehr auf Fragen und Beiträge eines jeden einzelnen Teilnehmers eingehen.

"Wir konsumieren mehr oder weniger gedankenlos", sagte sie zu Beginn und machte das zunächst am Thema Handy deutlich. Schätzungsweise über 60 Millionen alte Handys lägen in deutschen Schubladen, und in jedem steckten wertvolle Rohstoffe, die teils von Kindern unter gesundheitsgefährdenden und umweltschädlichen Bedingungen, etwa in Afrika, gefördert würden, berichtete sie. 30 Metalle befänden sich in einem Gerät, davon 0,04 Gramm Gold. "Das macht bei 60 Millionen Handys über 2000 Kilogramm Gold", rechnete sie vor.

Schwander plädierte dafür, alte Handys an geeigneten Sammelstellen für nachhaltige Wiederverwertung abzugeben. Möglich sei dies aktuell bei der Sammelaktion des Weltladens. Doch was tun, wenn man nachhaltig mobil telefonieren möchte? Schwander zückte ihr eigenes Handy - von einem deutschen Hersteller, der nachhaltig und reparaturfreundlich produziert. Freilich sei die Nutzungsdauer auch hier begrenzt. Sie achte jedoch darauf, ein solches Handy (Kostenpunkt circa 800 Euro) etwa zehn Jahre nutzen zu können, sagte sie.

Beim Thema Fleisch klangen die Zahlen, die sie vor einer Metzgerei präsentierte, nicht weniger niederschmetternd. 80 Kilogramm davon isst jeder Deutsche im Durchschnitt jährlich. Weltweit seien es pro Kopf immerhin 40 Kilogramm. Um den Konsum rund um Fleisch- und Tierprodukte zu sichern, brauche es alleine für den deutschen Markt 26 Millionen Schweine und 39 Millionen Legehennen im Jahr. Andere Zahlen, die Schwander nannte, gingen auch in den zweistelligen Millionenbereich. Eine immense Anzahl an Tieren also, die für das tägliche Schnitzel und den Burger zum Großteil in Massentierhaltung herangezüchtet werden.

Die Teilnehmer konnten an den Stationen aktiv mitwirken und in die Rollen von Menschen schlüpfen, die entweder Konsumenten, Produzenten oder Betroffene sind - Menschen also, die meist für einen Hungerlohn in Minen oder auf Sojafeldern schuften, um der Industriegesellschaft den Lebensstandard zu sichern. "Die Tage der Nachhaltigkeit sind für mich sehr interessant, weil das Thema so greifbarer wird und nicht nur als Wort über allem schwebt. Ich suche hier Denkanstöße, denn so wie es jetzt ist, sehe ich keine Zukunft ", sagte Teilnehmer Guido aus Ingolstadt. Er selbst konsumiere weniger Fleisch und verzichte auf ein Auto, verriet er dem Donaukurier.

DK

Michael Brandl