Ingolstadt
Stadt und Militär

Große Tagung des Arbeitskreises für Stadtgeschichtsforschung in Ingolstadt

18.11.2018 | Stand 23.09.2023, 4:59 Uhr
Festungsbauten prägen das Bild Ingolstadts und vieler anderer Städte bis heute. Das Verhältnis von Zivilgesellschaft und Militär in den Garnisonen bedarf noch einer intensiven Forschung. −Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Das Verhältnis von Stadt und Militär unter unterschiedlichsten Aspekten war das Ziel einer Tagung mit Wissenschaftlern aus ganz Deutschland im Stadtmuseum. Ein erstes Fazit: Es gibt noch sehr viel zu erforschen.

Drei Tage lang war der Barocksaal im Stadtmuseum Schauplatz der 57. Arbeitstagung des südwestdeutschen Arbeitskreises für Stadtgeschichtsforschung. Da gehört Ingolstadt rein geographisch zwar nicht mehr so ganz dazu, aber vom Thema her dafür umso mehr. Nach der Begrüßung durch Museumsleiterin Beatrix Schönewald und Bürgermeister Albert Wittmann, der den Gästen einen kurzen Abriss der Ingolstädter Geschichte präsentierte, waren die Teilnehmer auch schon mitten drin.

"Stadt und Militär" war Gegenstand eines Vortrags von Daniel Hohrath, der die Bibliothek des Armeemuseums leitet. Wie der Wissenschaftler sagte, sei dies in Ingolstadt die erste Tagung des Arbeitskreises über Militär. Hohrath umriss die Komplexität dieser Beziehung. Aspekte waren unter anderem der Bedeutungswandel von Festungen, die im 16. und 17. Jahrhundert nicht zuletzt auch die Macht des jeweiligen Herrschers repräsentierten, und der Übergang von der Lagergesellschaft hin zur Garnisonsgesellschaft. Größte Belastung war für die Bürger die Einquartierung der Soldaten. Hohrath erinnerte auch daran, dass die Größe der Heere bis etwa 1830 wegen ihrer Versorgung begrenzt gewesen sei und Städte hier eine wichtige Rolle bei der Infrastruktur einnahmen.

Andererseits stellte das Militär mit seiner eigenen Gerichtsbarkeit in den Garnisonsstädten einen beträchtlichen Anteil der Bevölkerung dar und übte so einen großen Einfluss aus. Dennoch wurden in der früheren Forschung vor allem die Kriege und Schlachten untersucht. Die Geschichte der Garnisonen in den Städten sei bislang eher ein Stiefkind der Forschung gewesen, die Quellenlage bisweilen schwierig.

Ruth Sander vom Landesamt für Denkmalpflege gab den Teilnehmern einen Überblick über die Festungsarchäologie in Ingolstadt, wo trotz teilweise erheblicher Eingriffe sich sowohl in der Hauptfestung als auch in den Vorwerken viel erhalten hat. So wurden etwa am früheren Fort IX trotz Sprengungen noch Mauerbefunde dokumentiert, während am Gelände von Fort Haslang sogar unterirdische Gänge auftauchten. Auch das Gießereigelände barg etliche Überraschungen, nachdem in den 90er-Jahren wegen des hohen Grundwasserstands keine flächigen Grabungen durchgeführt worden waren. So stießen die Archäologen dort auf massive Mauern, die Fundamente der Jahre zuvor abgerissenen Direktorenvillen, die ihrerseits wiederum teilweise auf den Sockeln der Barockfestung errichtet worden waren, weiter auf Befunde vor der Festungszeit sowie auf Bunker und Tunnel. Sander erinnerte auch an die dortige Eselbastei, von der aus der Schuss abgegeben wurde, der während der Belagerung Ingolstadts durch die Schweden den Schimmel von König Gustav Adolf traf - das Tierpräparat steht bekanntlich heute im Stadtmuseum, die Mauerreste über der Eselbastei wurden abgerissen. Was noch fehlt, ist die Auswertung der Funde, die bisher auf dem Gießereigelände entdeckt wurden.

Dieser Aufgabe stellt sich derzeit im Rahmen seiner Dissertation an der LMU in München Manfred Bauer. Er wertet das aus, was in den 90er-Jahren am Gießereigelände zu Tage trat, sowie Fundgut der Wunderlkasematte, der Harder- und der Kugelbastei, der Münzbergkaserne und des ehemaligen Militärhafens (beim heutigen Sportbad). "Materialität einer Militärgarnison" lautete der Titel seines Vortrags. Vereinfacht ausgedrückt geht es darum, welche Dinge spezifisch das Militär hinterlassen hat. Waffen, Kugeln, Uniformteile, Werkzeuge, Geschirr, ja selbst Schusser können wertvolle Hinweise geben. Während Beatrix Schönewald später über den Festungsbaumeister Daniel Speckle und Iris Winkler über Militärmusik in der Stadt referierte, gab Kulturreferent Gabriel Engert einen Überblick über die aktuelle Nutzung Ingolstädter Festungsbauten.

Weitere Vorträge behandelten unter anderem Themen wie "Alexandria Troas, eine römische Veteranenkolonie im griechischen Osten" (Tobias Esch, Leiter des Kelten- und Römermuseums Manching), die Entwicklung verschiedener Festungsstädte oder beispielsweise Aschaffenburg als amerikanischer Militärstandort.

Bernhard Pehl