Ingolstadt
Solidarität mit den Angestellten von Galeria Kaufhof

Linke fordern Unterstützung für die Mitarbeiter des Kaufhauses - OB Scharpf in Gesprächen mit dem Unternehmen - JU und FDP wünschen sich eine Ikea-Filiale

27.06.2020 | Stand 23.09.2023, 12:35 Uhr
Demonstration der Linken vor Galeria/Kaufhof. −Foto: Johannes Hauser

Ingolstadt - Vertreter der Ingolstädter Linken haben sich am Samstag solidarisch mit den Mitarbeitern von Galeria/Kaufhof gezeigt. Vor der von der Schließung bedrohten Filiale in der Ludwigstraße demonstrierten sie mit Plakaten und kurzen Redebeiträgen.

Die Stadträtin Eva Bulling-Schröter betonte die reiche Tradition des Kaufhaus. Viele Ingolstädter verbinden ganz persönliche Erinnerungen an das Geschäft, das einst als Horten und Merkur firmierte und ein wichtiger Anziehungspunkt in der Innenstadt war. „Es ist das letzte Kaufhaus, das wir haben“, so Bulling-Schröter. „Ansonsten gibt es fast nur noch Billigheimer in der Fußgängerzone.“ Die Schließung, von der in Ingolstadt rund 60 Mitarbeiter betroffen wären, sei eine „Riesensauerei“. Der Grund für das Aus sei sicher auch das sich verändernde Kundenverhalten, vor allem der wachsende Online-Handel, aber auch, dass die Warenhauskette zum Spekulationsobjekt von „Immobilienhaien“ geworden sei. Die Leidtragenden seien nun die Mitarbeiter. „Aber Ihr seid nicht allein“, rief sie den Angestellten in der Filiale entgegen. Es müsse alles getan werden, um sie vor der Arbeitslosigkeit zu bewahren. „Vor allem jetzt in der Corona-Krise.“

Kurz ergriff auch Bertram Stolze das Wort. Der Rentner, der Jahrzehnte in dem Kaufhaus gearbeitet hatte, rang sichtlich um Fassung, als er an das Schicksal seiner Kollegen dachte. „Es geht hier doch um die Menschen“, mahnte er. „Bevor es einen Runden Tisch gibt, an dem über Zahlen, Quadratmeter und Geld gesprochen wird, muss es doch einen Runden Tisch für sie geben.“ Stolze bekam für diese Forderung spontanen Applaus – auch von einigen überraschten Zuhörern, die ihren Einkaufsbummel unterbrochen hatten, um den Reden zuzuhören.

Francesco Garita, Kreissprecher der Linken in Ingolstadt, ging unter anderem hart mit René Benko ins Gericht. Der österreichische Multimilliardär und Gründer der Signa Holding, unter deren Dach im vergangenen Jahr Galeria Kaufhof und Karstadt fusioniert wurden, bereichere sich durch die „massenhafte Existenzzerstörung“ seiner Mitarbeiter. Das sei „ein Verbrechen“, befand Garita. Insgesamt sollen 62 der 172 Filialen der Handelskette aufgegeben werden.

Die Schließung der Filiale in Ingolstadt bedeutet nicht nur ein persönliches Schicksal für die Angestellten, sondern wird allgemein auch als schwerer Schlag für die Attraktivität der Innenstadt gewertet. Seit die Pläne bekannt geworden sind, machen sich viele Parteien und Gruppierungen Gedanken, wie es mit der Immobilie weitergehen könnte. Samstagmittag meldete sich in dieser Sache auch Oberbürgermeister Christian Scharpf (SPD) zu Wort. In einer Mitteilung schrieb er, er habe bereits mit dem Immobilienchef von Karstadt Kaufhof gesprochen und klar gemacht, die Stadt sei bereit, sich in der Sache zu „engagieren“. Er hoffe auf ein baldiges persönliches Gespräch mit Benko. „Nächste Woche habe ich ein Gespräch mit dem Generalbevollmächtigten der Galeria Karstadt Kaufhof was die Fortsetzung des Geschäftsbetriebs anbelangt“, so Scharpf weiter. „Mein Ziel ist, den Betrieb aufrecht zu erhalten und die Arbeitsplätze zu retten. Wenn das nicht geht, sollte Kaufhof wenigstens noch das Weihnachtsgeschäft mitnehmen und den Betrieb nicht mehr dieses Jahr einstellen, damit wir etwas Zeit gewinnen.“

Am Freitag veröffentlichte die Ausschussgemeinschaft von JU und FDP im Ingolstädter Stadtrat eine Pressemitteilung zum Thema. Darin begrüßt sie die „Überlegungen des Oberbürgermeisters und mehrerer Parteien, die IFG mit der Prüfung eines Erwerbsdes Gebäudekomplexes zu beauftragen“. Es müsse das Ziel sein, in der Innenstadt einen „Leuchtturm für den Innenstadthandel, einen Frequenzbringer mit positiven Abstrahleffekten auf die anderen Einzelhändler“ zu finden. JU und FDP können sich an dieser Stelle eine Filiale des Möbelkonzerns Ikea vorstellen. Das schwedische Unternehmen verfolge sein rund zwei Jahren eine neue Innenstadtstrategie. Kern sind dabei so genannte Show Rooms, in denen sich die Kunden Möbel und Einrichtungsgegenstände anschauen können und sich das Gewünschte anschließend liefern lassen. „Die Hälfte der 20 000 Quadratmteter umfassenden Verkaufsfläche des Kaufhofs könnte nach dem, was wir über das neue Ikea-Konzept wissen, gut ausreichen.“

Auch Bulling-Schröter hat Ideen, wie das Gebäude genutzt werden könnte, sollte die Schließung der Galeria/Kaufhof nicht abgewendet werden. Ein „Öko-Kaufhaus“ schwebt ihr vor, in dem nachhaltige Produkte wie Kleidung und Bio-Lebensmittel angeboten werden. Auch eine Markthalle könne sie sich an dieser Stelle gut vorstellen. „Dann müsst Ihr aber auch hingehen“, appellierte sie an die Zuhörer.

Johannes Hauser