Ingolstadt
Sirene raubt den Schlaf

In Friedrichshofen fordern Anwohner stille Alarmierung der Feuerwehr, weil Kinder aufwachen

03.12.2021 | Stand 23.09.2023, 22:07 Uhr
Das Feuerwehrhaus Friedrichshofen: Wenn die Sirene heult, wachen in der Nachbarschaft Kinder auf, heißt es. −Foto: Brandl

Ingolstadt -In Friedrichshofen regte sich kürzlich Protest, der in einem anonymen Schreiben - gerichtet an die dortige Freiwillige Feuerwehr (FFW) - zum Ausdruck kam.

Darin beklagen sich Anwohner zum Feuerwehrhaus an der Friedrichshofener Straße darüber, dass sie nachts "ständig", wie es heißt, vom Sirenenalarm aus dem Schlaf gerissen werden. "Nur noch genervt" sei man von diesem Zustand, lassen die Verfasser wissen. Dabei - so steht es in dem offenen Brief im Schaukasten der FFW - geht es den Familien in erster Linie um deren Kinder, die vom Geheul der Sirene aufwachen würden. Die Forderung der Anwohner: Die FFW solle doch endlich einen stillen Alarm einrichten.
Die FFW Friedrichshofen wollte sich auf DK-Anfrage nicht zu dem Thema äußern. In einem Antwortschreiben, das von Vorstandschaft und Kommandanten gezeichnet ist und ebenfalls im Schaukasten aushängt, heißt es, die Vorschläge der FFW zur Umsetzung einer stillen Alarmierung würden vom zuständigen Amt regelmäßig ignoriert.

Die FFW äußert Verständnis für die Frustration der Anwohner. Sie schreibt aber zugleich, dass sie für die Situation nichts könne, weil es für sie keinen Handlungsspielraum gebe. Ein eindeutiger Hinweis auf die Wichtigkeit des Ehrenamtes bei der Feuerwehr bleibt zum Schluss freilich nicht aus: "Ingolstadt kann dankbar sein, noch Menschen zu finden, die - egal zu welcher Uhrzeit - alles liegen und stehen lassen, um sich um andere zu kümmern", heißt es in der Stellungnahme.
Auf die beiden Schreiben ist Rudolf Wagner aufmerksam geworden. Der SPD-Politiker ist stellvertretender Vorsitzender des Bezirksausschusses (BZA) Friedrichshofen-Hollerstauden. Er will das Thema jetzt auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung bringen. Wagner wundert sich darüber, dass zwar alle Welt von Digitalisierung und 5G-Standard beim Mobilfunk spricht, die FFW aber über keine stille Alarmierung verfügt. "Eine Sirene mitten im Wohngebiet, das ist nicht der Stand der Technik", sagt er.

Wagner hat auch gehört, dass es in dem Stadtteil offenbar öfter zu Fehlalarmen komme. Das Einzugsgebiet der FFW umfasse unter anderem das GVZ und das Gewerbegebiet Gaimersheim. Wagner könnte sich vorstellen, die Anschaffung einer stillen Alarmierung mit Mitteln aus dem Bürgerhaushalt des BZA zu bezuschussen. "Wir tun damit etwas für die Rettungskräfte und die Bürger, und die Welt dürfte das nicht kosten", glaubt er.

Stiller Alarm ist ziemlich kostspielig

Anders sieht das Josef Huber, Leiter des Amtes für Brand- und Katastrophenschutz. Die Einrichtung eines stillen Alarms ist demnach durchaus kostspielig. So müssten rund 600 aktive Feuerwehrleute mit Funkempfängern ausgestattet werden. "Wir haben in den letzten Jahren darauf verzichtet, weil es eine technische Neuerung geben wird", sagt er.

In Bayern soll demnach die digitale Alarmierung eingeführt werden. Wann genau, sei allerdings noch offen, so Huber. Das Thema begleite ihn schon seit vielen Jahren. Die Situation sei jedoch von Stadtteil zu Stadtteil unterschiedlich, so der Amtsleiter. So sei etwa die Stadtmitte mit der Berufsfeuerwehr mit einer stillen Alarmierung ausgestattet, dazu vereinzelt auch Stadtteilfeuerwehren. Grund sei unter anderem, dass viele Sirenen nach Ende des Kalten Krieges abgebaut worden seien.
In Ringsee verfügt die FFW seit einigen Jahren über eine stille Alarmierung, teilt Sprecher Christian Vosswinkel mit. Auch hier habe es ähnliche Beschwerden aus der Bevölkerung gegeben. Aus seiner Sicht sei eine stille Alarmierung zwischen 20 und 6 Uhr zu befürworten. Grundsätzlich sieht er das aber skeptisch. So diene eine Sirene auch als Warnung für die Bevölkerung. Bei Feuerwehralarm etwa an Autofahrer auf herannahende Einsatzfahrzeuge zu achten. Auch im Stadtteil Haunwöhr seien Anwohner zum Feuerwehrhaus der FFW von nächtlichem Alarm betroffen, erfuhr der DK aus informierten Kreisen.

Nicht alle Anwohner fühlen sich gestört

Eine Anwohnerin in Friedrichshofen, die der DK befragen kann, fühlt sich durch die Sirene nicht sonderlich gestört: "Wir wohnen schon ewig hier, wir sind das gewohnt", sagt sie. Die Alarme hätten aber zugenommen. Sie wundere sich, dass Einsatzkräfte oft schon da seien, wenn die Sirene ertönt. Huber erklärt dazu, dass zusätzlich zur Sirene eine Benachrichtigung über Handy erfolge. Dies aber nicht offiziell, da es sich hierbei nicht um ein anerkanntes Instrument zur Benachrichtigung handele. Einen Nebenaspekt zum Sirenenalarm will Josef Huber nicht außen vor lassen: Dieser diene auch dazu, der Bevölkerung die einzelnen Signale bewusst zu machen. "Es gibt drei verschiedene Warnsignale. Aber wer kann sie unterscheiden? ", fragt er.

DK

Michael Brandl