Ingolstadt
Sicherheit geht vor

Stadtverwaltung wappnet sich zusehends gegen schwierige "Kunden" - Künftig Aufsicht in den Rathäusern

31.01.2020 | Stand 23.09.2023, 10:17 Uhr
Abgeschottet: Organisationsreferent Christian Siebendritt (rechts) und Bernd Betz von der Pressestelle der Stadt verdeutlichen im Ausländeramt, was dort in den vergangenen eineinhalb Jahren zur Sicherheit der Mitarbeiter verändert worden ist. Neu ist zum einen die Theke rechts im Vordergrund, die es Besuchern erschwert, direkt an den Schreibtisch zu gelangen. Zudem wurden in etlichen Büros die Türen zum Nebenzimmer nach hinten verlegt, damit Unbefugten ein schneller Wechsel in Nachbarbüros unmöglich ist. −Foto: Eberl

Ingolstadt - Aufgeregte Zeiten, aufgeregte Menschen. Ohne Zweifel haben Dynamik und Gereiztheit im Alltag zugenommen - und damit auch das Risiko für potenziell brenzlige Situationen. Behörden mit Publikum spüren das seit Jahren; Sicherheitsschleusen in sensiblen Bereichen, vor allem bei Polizei und Justiz, sind längst geübte Praxis. Jetzt wird auch die Ingolstädter Stadtverwaltung in dieser Hinsicht ein Zeichen setzen: Ab Frühjahr oder Frühsommer soll es im Alten und im Neuen Rathaus sowie im Sozialen Rathaus einen ständigen Sicherheitsdienst geben.

Meldungen wie die vom Freitag im DK-Lokalteil über einen Zwischenfall mit einem randalierenden "Kunden" in der Verwaltung ("Im Rathaus ausgerastet") passen in diesem Zusammenhang wie die berühmte Faust aufs Auge. Zum Glück noch nicht täglich, aber doch immer wieder sehen sich Verwaltungsmitarbeiter bei ihren Dienstgeschäften mit problematischen Bürgern konfrontiert, die sich im Umgangston vergreifen oder sogar bedrohlich auftreten.

Schlimmstenfalls kommt es vereinzelt sogar zu wirklich gefährlichen Situationen, wenn Gewalt ernsthaft angedroht oder gar ausgeübt wird. Die Geiselnahme im Alten Rathaus 2013 war in dieser Hinsicht ein trauriger Höhepunkt. Aber auch die im Januar vor dem Landgericht verhandelte räuberische Erpressung mit Beil und Messer beim städtischen Beschwerdemanager (Urteil: drei Jahre Haft für einen 52-Jährigen Staatenlosen) hat unterstrichen, dass es in Ämtern mit Publikumsverkehr kaum noch ohne geeignete Alarm- und Abwehrmaßnahmen abgeht.

Personal- und Organisationsreferent Christian Siebendritt hat auch die Sicherheit aller Mitarbeiter der Stadtverwaltung zu verantworten. Er leitet eine interne Arbeitsgruppe, die sich bereits seit Jahren mit diesem Thema befasst, schon etliche Maßnahmen gegen unliebsame Zwischenfälle veranlasst hat und auch immer wieder Neubewertungen der Lage vornimmt. Ein Teil der Sicherheitsvorkehrungen muss zwangsläufig intern bleiben, aber einige Regelungen sind auch offensichtlich - vor allem, wenn sie bauliche Änderungen mit sich bringen.

So sind vor allem die Zugangssituationen zu einigen Büros mit besonders viel Publikumsverkehr in jüngerer Zeit so geändert worden, dass aufbrausende, zudringliche Besucher es schwerer haben, schnell in körperlichen Kontakt mit Beamten oder Verwaltungsangestellten zu kommen. Vor allem im Sozialen Rathaus (Jobcenter), im Ausländeramt (Neues Rathaus) und zuletzt eben auch im Beschwerdemanagement (Altes Rathaus) wurden Besuchertheken eingebaut, die die "Kunden" automatisch auf Distanz zu den Schreibtischen halten. Wo möglich, wurden auch Türen zu Nebenräumen in den Rückraum der Büros versetzt, damit niemand, der nicht berechtigt ist, schnell in benachbarte Zimmer durchschlüpfen und dort Mitarbeiter überraschen kann.

Ein internes Alarmierungssystem, Sicherheitsschlösser an vielen Türen, die das Öffnen bei Bedarf nur von innen gestatten, und eine Evakuierungsordnung mit Verantwortlichen für jede Etage der Verwaltungsgebäude sollen zudem garantieren, dass im Falle eines Falles sofort Hilfe herbeigeholt und auf bedrohliche Situationen flugs reagiert werden kann.

Sollte da und dort mal eine Situation nicht mit Unterstützung von Kollegen bereinigt werden können, bleibt nur die Alarmierung der Polizei. Die Verwaltung hat hier einen kurzen Draht zur Inspektion, und die Erfahrung aus etlichen Fällen zeigt, dass stets eine Streifenbesatzung unmittelbar zur Stelle ist. Auch im Fall des Beil-Erpressers im vergangenen April oder des betrunkenen Randalierers in dieser Woche war die Polizei sofort angerückt.

"Wir haben da null Toleranz", verdeutlicht Christian Siebendritt das konsequente Einschalten der Polizei bei Eskalationen. So ähnlich steht es auch in großen roten Lettern auf Plakaten, die seit Jahren auf den Fluren der publikumsintensiven Abteilungen hängen. "Das Rathaus Ingolstadt ist ein gewaltfreier Ort", heißt es da (vorsorglich auch auf Englisch, Französisch, Russisch und Türkisch). Und weiter: "Jeder Verstoß hat Konsequenzen, Hausverbot und Strafanzeige."

Die Durchsetzung solcher Hausverbote dürfte denn auch neben der allgemeinen Prävention von Übergriffen die Hauptaufgabe des künftigen Sicherheitsdienstes sein, für den gegenwärtig die Ausschreibung läuft. Christian Siebendritt unterstreicht, dass es sich um eine Maßnahme handelt, die dezent, aber auch konsequent angepackt werden soll: "Wir wollen keine schwarzen Sherriffs." Die Präsenz einer legitimierten Aufsichtsperson solle in den Rathäusern aber schon spürbar sein. Weil die Sache nicht sehr personalintensiv sei, werde sie auch kostenmäßig im Rahmen bleiben. Als sogenannte Maßnahme der laufenden Verwaltung taucht das Vorhaben auch nicht zur Genehmigung in den Ausschüssen des Stadtrates auf.

Eine Sicherheitskraft beschäftigt die Verwaltung übrigens auch bereits jetzt bei Bedarf an jenen Nachmittagen und Abenden, an denen öffentliche Sitzungen im Neuen Rathaus stattfinden, während die Verwaltung bereits Dienstschluss hat. Das Rathaus muss dann geöffnet bleiben, soll aber nur von Sitzungsbesuchern betreten werden können.

DK

 

Bernd Heimerl