Ingolstadt
Senioren für WG gesucht

Fotografin Christine Olma will mit einem älteren Menschen zusammenziehen - und sucht Mitstreiter

03.07.2020 | Stand 23.09.2023, 12:44 Uhr
Generationenübergreifendes Wohnen: Christine Olma, 48, möchte selbst mit einem Rentner oder einer Rentnerin zusammenziehen und will auch weitere Senioren zum Wohnen in einer WG animieren. Karl Kienlein, 70, kam beim Fototermin eigentlich nur zufällig im Café vorbei, erklärte der Fotografin aber dann im Gespräch, dass er vor vielen Jahren auch schon mit seiner inzwischen verstorbenen Frau und weiteren Pärchen in Beilngries überlegt hatte, gemeinsam eine Alters-WG zu gründen. Letztendlich sei es nicht zustande gekommen, aber die Idee, mit anderen Menschen in einer WG zu leben, sei schon interessant. Kienlein lebt jetzt mit neuer Partnerin in Nördlingen. Wäre er heute alleine, "würde ich es auf alle Fälle riskieren", sagte er - und wünschte der Fotografin viel Glück für ihr Projekt. −Foto: Hammer

Ingolstadt - Sie hat schon vieles ausprobiert: Die Ingolstädter Fotografin Christine Olma lebte einige Jahre lang in Tokio, sie war Gastronomin, ist Dozentin und hat vor einiger Zeit ihr erstes Kinderbuch geschrieben.

 

Jetzt wendet sich die 48-Jährige, die sich vor Kurzem auch einen Hund zugelegt hat, einem neuen Thema zu: dem Wohnen. Christine Olma möchte mit einem älteren Menschen zusammenleben. Dabei sucht sie nicht nur jemanden im Rentenalter, der sich das mit ihr vorstellen könnte. Sie hofft, dass auch weitere Senioren Gefallen an der Idee finden könnten, in einer WG zu leben - und sich ebenfalls bei ihr melden.

"Ich habe weder Wohnungsnot noch ein wirtschaftliches Interesse", betont Olma. "Ich wohne alleine mit Hund in einer superschönen Wohnung. Aber am Abend denkt man sich schon: Es wäre schön, wenn da jemand wäre. Kein Partner, sondern jemand zum Austausch, zum Ideen teilen, zum gemeinsam etwas unternehmen, zum Kniffel spielen. " Gerade in der Corona-Hochphase dürften viele Menschen, besonders Senioren, ähnlich gedacht haben - vor allem, wenn sie ganz allein in einer großen Wohnung oder einem Haus leben.

Olmas Wunschvorstellung für sich wäre, in einen alten Bauernhof im Umkreis von zehn Kilometern um Ingolstadt herum einzuziehen, mit einem Kaminzimmer voller Bücher - bewohnt von einem rüstigen älteren Menschen, der zwar im Ruhestand ist, aber noch aktiv am Leben teilnimmt. "Es ist mir egal, ob Mann oder Frau. Aber ich habe kein Interesse daran, dass sich jetzt liebestolle Männer bei mir melden", sagt die Fotografin. Natürlich muss der ältere Mensch nicht unbedingt in einem alten Bauernhof leben, aber groß genug sollte der Wohnraum schon sein, damit Olma mit ihrem Hund einziehen kann und will. "Ich kann mir nicht vorstellen, in eine Drei-Zimmer-Wohnung einzuziehen", sagt die Fotografin.

Ihren Aufruf sieht Olma als Testballon - schließlich will sie herausfinden, wie viele Menschen in Ingolstadt und der Umgebung ihre Vision teilen. Aus anderen Städten kenne sie ähnliche Modellversuche. In Erlangen etwa gibt es das Projekt "Wohnen für Hilfe", das die Stadt in Kooperation mit dem Studentenwerk betreibt. Dabei schließen Senioren, Familien oder Alleinstehende mit Studierenden oder Auszubildenden eine Wohnpartnerschaft. Statt Miete erhält der Vermieter Hilfeleistungen im Alltag. In München gibt es sogar mehrere Modelle für reine Senioren-WGs, sowohl auf städtischer Ebene als auch auf Vereinsbasis. In Ingolstadt gibt es derzeit nichts Vergleichbares. Aber bei der Stadt habe man sich durchaus interessiert an ihrer Idee gezeigt, sagt Christine Olma. Wenn mehr Menschen zusammenzögen, schaffe das ja auch wieder Wohnraum.

Auch aus ihrem Umfeld habe sie schon einige positive Reaktionen bekommen, als sie von ihrer Idee erzählte. "Ein älteres Ehepaar hat gesagt, das könnten sie sich auch vorstellen", sagt Olma.

Natürlich habe sie Respekt vor dem Schritt, bei einem oder einer Fremden einzuziehen - aber keine Angst. "Angst vor Fremden verstehe ich nicht. Jeder Mensch war mir doch einmal fremd. Das Schönste im Leben sind Begegnungen, das ist für mich die Würze des Lebens. "

Wer sich für Christine Olmas Projekt interessiert und im Seniorenalter ist, kann sich bis 22. Juli per E-Mail unter der Adresse mail@olma-fotodesign. de bei ihr melden. Hilfreich wäre eine kurze Vorstellung der eigenen Person und die Angabe einer Telefonnummer oder weiterer Kontaktdaten. Ziel ist, dass sich die Fotografin und Gleichgesinnte im Biergarten im sicheren privaten Rahmen treffen und austauschen. Olma, die schon in fünf WGs gelebt hat, will dort auch von ihren Erfahrungen sprechen und hören, was sich die anderen Menschen vorstellen.

DK

 

Thorsten Stark