Reichertshofen
Zwergerl sollen sich geborgen fühlen

Nachbarschaftshilfe Reichertshofen: Im Haus der Pfarrgemeinde wuselt es sechsmal die Woche

08.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:06 Uhr

Freitags-"Zwergerlstube": Gisela Kremer (links) und Katja Rutkowski (rechts im Hintergrund) sind seit vielen Jahren dabei. - Foto: Konze

Reichertshofen (DK) Der "Zwergerlpark" ist irgendwie das Herz-stück der Nachbarschaftshilfe Reichertshofen. Da kommt zweimal pro Woche Leben ins Haus der Pfarrgemeinde. Dieses ist zwar in die Jahre gekommen, strahlt aber viel Charme aus und gefällt Kindern und Betreuerinnen gleichermaßen.

Die Nachbarschaftshilfe, 2002 als eine der Letzten im Landkreis gegründet, besteht natürlich nicht nur aus dem bereits 1994 ins Leben gerufenen "Zwergerlpark" (mittwochs und freitags) und den Mutter-und-Kind-Gruppen (montags bis donnerstags). Die von Elisabeth Kukral sowie Sabine und Markus Richstein geleitete Nachbarschaftshilfe Reichertshofen, Langenbruck, Hög, Winden bietet allen Bürgern - und das unabhängig von Religion, Nationalität und Alter - vieles mehr: die Mittags- und Hausaufgabenbetreuung an der Grundschule Langenbruck, die Vermittlung von Hilfen im Einzelfall (zum Beispiel Fahrdienst oder Einkaufshilfe) sowie die Arbeitskreise Asyl in Reichertshofen und Winden. Die Offene Ganztagsschule an der Grund- und Mittelschule Reichertshofen wurde mit aufgebaut, ist inzwischen aber eigenständig und nicht mehr von Ehrenamtlichen betreut. Die Nachbarschaftshilfe steht unter der Trägerschaft der Caritas. Kukral: "Bei der Caritas sind alle ehrenamtlichen Leiterinnen gemeldet, alle sind versichert, auch die Finanzen laufen über die Caritas." Und das ist gut so. "Denn wir brauchen die Caritas dringend, weil wir sonst einen Verein gründen müssten", weiß Kukral. Weiterer Vorteil: Die Caritas bietet auch Schulungen und themenbezogene Vorbereitungen an.

Das Angebot ist umfangreich. Und auch wenn die Mamas für einen Vormittag im Zwergerlpark fünf Euro bezahlen, ist die Nachbarschaftshilfe, laut Kukral "eine soziale Initiative in Zusammenarbeit mit Gemeinde und Pfarrgemeinde", auf Spenden angewiesen. Kukral weiß aber auch: "Wir haben schon öfters eine Spende bekommen. Und mt 500 oder 1000 Euro kommen wir schon sehr weit." Die Ehrenamtlichen "erarbeiten" sich aber auch Spenden, zum Beispiel am Weihnachtsmarkt am kommenden Wochenende auf dem Rathausplatz in Reichertshofen. Der Spielzeugbasar kommt der Zwergerlstube zugute.

Das nächste, das vor allem die Zwergerl-Bäckerinnen und -Köche schätzen würden, wäre eine Spielküche. "Da stehen zum Teil vier Kinder nebeneinander und kochen und backen", erzählt Gisela Kremer, eine der Ehrenamtlichen, die den Zwergerlpark betreuen. Eine neue Spielküche sollte vor allem etwas breiter sein.

Der Raum im Haus der Pfarrgemeinde etwas unterhalb des Rathauses wirkt auf den ersten Blick alt. Der zweite Blick, vor allem, wenn die bis zu Dreijährigen Leben in die Stube bringen, ist ein anderer - auch wenn die aufgeklebten Figuren schon Jahre an den Scheiben hängen, auch wenn der eine oder andere Teppich nicht verheimlichen kann, dass er nicht mehr der jüngste ist. Die Kinder fühlen sich wohl, Kremer und ihre Kollegin Katja Rutkowski ebenso. Und die Mütter bringen ihre Kinder gerne in die "Zwergerlstube": "Den Kindern ist das Alter des Raumes egal, sie wollen sich wohl und geborgen fühlen", sagt Kremer.

Die Vordenker der Nachbarschaftshilfe, so sagt Kukral, haben im Laufe der Jahre schon so manche Idee gehabt oder Initiativen gestartet, die entweder nicht realisiert wurden oder aber wieder eingeschlafen sind. Mehr Seniorenarbeit zum Beispiel. Da waren der schon länger laufende Besuchsdienst und der Seniorennachmittag der Pfarrei zu etabliert. Oder ein offener Frühstückstreff. Der wurde nicht angenommen. Vielleicht, so vermuten Kukral und Kremer, weil in dieser Zeit eine neue Bäckerei nach Reichertshofen gekommen war. Neu und gut angenommen ist das Marktmobil, das mit Bedürftigen regelmäßig zur Manchinger Tafel fährt. Kukral weiß: "So eine Einrichtung funktioniert in Geisenfeld oder Baar-Ebenhausen auch." Dagegen im Sand verlaufen ist die Idee einer Leih-Oma, die in anderen Gemeinden funktioniert. Ob die angedachte Initiative "Alt zeigt Jung etwas" je Realität wird, ist offen. "Oft fehlt uns auch die Zeit", gibt Kukral zu. Sie fände es schon charmant, wenn "ältere Frauen Jüngeren zum Beispiel das Stricken beibringen". Wenn jemand Lust hätte: "Den unterstützen wir sofort. Wolle und Material können wir von Spendengeldern kaufen", so Kukral.

Zurück zu den Zwergerln. "Als die neue Krippe in Betrieb ging, dachten wir alle, das wäre das Ende der Zwergerlparks." Doch Kukral und Co. täuschten sich. Es lief im gleichen Maß weiter. Und weil eine Zwergerlgruppe maximal nur zwölf Kinder betreuen kann, gibt's Wartelisten.

Die Nachbarschaftshilfe kann ohne Ehrenamtliche nicht bestehen. "Es ist nicht mehr so wie früher", sagen Kukral und Kremer. Früher waren Ehrenamtliche jahrelang dabei, heute stoßen Helferinnen und Helfer eher projektbezogen dazu. Es sei auch schwer, Leute zu finden, die mitmachen. "Weil viele Angst haben, sich lange binden zu müssen." Müssen sie nicht. Kukral: "Bei so einem Ehrenamt soll jeder einfach nur sein Talent einbringen."