Provokation in zweiter Instanz

14.07.2011 | Stand 03.12.2020, 2:37 Uhr

Ingolstadt (DK) Der Eigentümer des umstrittenen Körnermagazins an der Esplanade, Jürgen Kellerhals, betrachtet das Verhalten der Stadt in der Auseinandersetzung um das Gebäude als „Provokation“.


Wie der Geschäftsmann gestern auf Anfrage des DK sagte, empfindet er die städtische Ankündigung, in die nächste Instanz zu gehen, als „haarsträubend“.

Wie berichtet, hatte Kellerhals in erster Instanz gewonnen. Das Bayerische Verwaltungsgericht München hatte im Mai zu seinen Gunsten einen städtischen Bescheid aufgehoben und gleichzeitig festgestellt, dass für den Abbruch des Körnermagazins und der ehemaligen Artillerieremise eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis „nicht erforderlich“ sei.

Nachdem inzwischen die Urteilsbegründung vorliegt, kündigte die Stadt zu Beginn der Woche an, dass sie in die Berufung gehen will. „Wir haben per Fax den Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt“, bestätigte Rechtsreferent Helmut Chase dieses Vorgehen, „ich halte das Urteil nicht für besonders überzeugend.“

Jetzt sei erst einmal Geduld gefragt. „Vor Spätherbst werden wir auf keinen Fall eine Entscheidung über den Antrag bekommen“, glaubt der Stadtjurist. Die nächste Instanz ist der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH). Chase bemängelt, dass die Richter der ersten Instanz keine aktuelle Stellungnahme des Landesamtes für Denkmalpflege eingeholt hätten. Dies wäre nach dem „Amtsermittlungsgrundsatz“ geboten gewesen. „Entscheidend ist die jetzige denkmalschutzrechtliche Situation und nicht die Situation vor zehn oder 15 Jahren.“ Dass damals das Körnermagazin nicht als Baudenkmal im öffentlichen Bewusstsein gewesen sei, spiele keine Rolle, betont der städtische Referent. „Entscheidungsbasis ist die jetzige Einschätzung der Fachbehörde.“

Und die ist eindeutig. In einem erst wenige Tage alten Schreiben empfiehlt das Landesamt für Denkmalpflege der Stadt „dringend“, in die Berufung zu gehen. Die Landesbehörde spricht „angesichts der Brisanz des Falles“ von einer „besonders sorgfältigen Prüfung“. Recherchen und Vergleiche hätten klar den „Denkmalcharakter“ ergeben: „Für die ehemalige Geschützremise aufgrund ihrer stadt- und militärgeschichtlichen Bedeutung als letzter Vertreter dieses Typs in Ingolstadt, für das Körnermagazin aufgrund seines besonderen bau- und technikgeschichtlichen Stellenwerts als früher Eisenbetonbau in Bayern.“ Fazit: „Die bestehenden Denkmäler sind weitgehend Substanz erhaltend sanierbar und erhaltungsfähig.“

Unabhängig vom Rechtsstreit, der sich nun noch länger hinziehen könnte, hatte SPD-Stadtrat Manfred Schuhmann im jüngsten Stadtentwicklungsausschuss an Eigentümer Kellerhals appelliert, sich der „kulturhistorischen Bedeutung dieses Gebäudes“ bewusst zu werden. Hier hätte der vermögende Geschäftsmann die Gelegenheit, „sich in dieser Stadt ein Denkmal zu setzen“, warb der Sozialdemokrat für eine Lösung, bei der das Körnermagazin erhalten bleibt. „Was stellt sich die SPD vor“, wandte Petra Kleine (Grüne) ein, „soll man es wieder abkaufen“ Oberbürgermeister Alfred Lehmann (CSU) hielt sich zurück.

Doch wie stehen die Chancen wirklich für eine gütliche Einigung außerhalb der Gerichte? Hat die Stadt es überhaupt schon einmal versucht, mit Verhandlungen weiterzukommen? „An mich ist von der Stadt noch keiner herangetreten“, stellt der Eigentümer fest. „Es gibt eigentlich keine Gespräche mit der Stadt. Ich habe den Eindruck, dass kein Interesse da ist.“ Als er das Grundstück damals gekauft habe, bemerkt Kellerhals, geschah dies unter der klaren Vorgabe: Abriss und Neubau. Die jetzige Anrufung der zweiten Instanz sei „ziemlich provokant“: „Es ist abschreckend, wie die Stadt gegen Investoren vorgeht.“