Ingolstadt
"Politik der Seilschaften und der Spezlwirtschaft"

Lehmanns Beraterverträge und die Grundstücksgeschäfte: SPD fordert eidesstattliche Erklärung von Ex-Pressesprecher Treffer

10.02.2020 | Stand 23.09.2023, 10:31 Uhr
Die Beratertätigkeit Alfred Lehmanns war auch Thema in seinem Untreueprozess. −Foto: Foto: Archiv

Ingolstadt - Hätten Tiefdruckgebiete meteorologisch gesehen in geraden Jahren nicht nur Frauennamen, könnte man aus kommunalpolitischer Sicht in Ingolstadt ein "Sturmtief Alfred" für die anhaltenden Turbulenzen im Wahljahr 2020 in Ingolstadt verantwortlich machen.

Nach der Bürgergemeinschaft fordern nun auch Grüne und SPD Aufklärung rund um städtische Grundstücksgeschäfte im Baugebiet Am Samhof, an denen, wie der DK öffentlich gemacht hatte, der ehemalige Rathauschef und damalige CSU-Stadtrat Alfred Lehmann durch Beraterverträge indirekt mitverdient hat.

Dabei ist der Grundstücksdeal, der jetzt das Potenzial haben könnte, sich zum Orkan für den amtierenden Oberbürgermeister Christian Lösel aufzubauen, noch nicht einmal Zustande gekommen. Es war 2015, als bei einer Grundstücksbesitzerin zuerst ein Makler im Auftrag des Klinikums und wenig später ein anderer für das Neubaugebiet Am Samhof Interesse an der Vermittlung der Grundabtretung einer Fläche in Klinikums-Nähe gezeigt hatte. Der Makler sei von sich aus auf seine Frau zugekommen und habe erklärt, seine Courtage bezahle die Stadt, so der Ehemann der Grundstücksbesitzerin. Dieser - es handelt sich dabei um den journalistisch tätigen Juristen Hermann Käbisch - hatte daraufhin in einem privaten Gespräch beim damaligen Leiter der städtischen Pressestelle, Gerd Treffer, nachgefragt, mit wem man denn nun verhandeln solle. Käbisch hatte dann einen Rückruf von Alfred Lehmann persönlich erhalten, wie er gestern dem DK erneut bestätigte. Weil es keine formelle Anfrage gewesen sei und er überdies nicht wisse, an wen konkret Treffer die Information weitergegeben habe, habe er den Namen Treffers in diesem Zusammenhang nicht öffentlich machen wollen, so Käbisch. Dies taten gestern SPD-Vorsitzender Christian de Lapuente, Fraktionsvorsitzender Achim Werner und OB-Kandidat Christian Scharpf in einer gemeinsamen Presseerklärung, in der von einer "Politik der Seilschaften, der Spezlwirtschaft und des Rechtsbruchs" die Rede ist. Die SPD sieht im Verhalten Treffers eine "Dienstpflichtverletzung" falls zutreffe, dass dieser weder die zuständigen Stellen in der Verwaltung noch seinen Dienstvorgesetzten, OB Christian Lösel, von der Anfrage informiert habe. Und will wissen, ob Treffer bereit sei, "an Eides statt zu versichern, dass er seinen Dienstvorgesetzten Oberbürgermeister Dr. Lösel Dienstpflicht widrig nicht informiert hat". Falls Treffer Lösel nicht informiert haben sollte, fragt sich die SPD: "Welche Verbindungen gibt es zwischen Herrn Dr. Gerd Treffer und Herrn Dr. Alfred Lehmann, die ein kollusives Zusammenwirken zulasten von Herrn Dr. Lösel plausibel erscheinen lässt". Und falls er Lösel doch informiert haben sollte, lautet die Frage: "Wie hat Herr Dr. Lösel es zugelassen, dass Herr Dr. Treffer nicht die zuständigen Stellen in der Verwaltung einschaltet, sondern den ehrenamtlichen Stadtrat Dr. Lehmann informiert? " Die SPD spricht von einem "unfassbaren Vorgang": "Ein städtischer Pressesprecher schaltet auf eine Bürgeranfrage, mit wem bei der Stadt zu verhandeln sei, nicht die zuständigen Stellen in der Verwaltung ein, sondern informiert - möglicherweise sogar hinter dem Rücken des amtierenden OB - einen ehemaligen OB, der auf der ,Gehaltsliste' eines Maklers stand. "

Gerd Treffer selbst wollte sich gestern zu dem Vorgang nicht äußern. Auch vonseiten der Stadt gibt es vor der Stadtratssitzung am Donnerstag keine öffentliche Stellungnahme, so der amtierende Stadtspecher Michael Klarner. Auch die Grünen hatten zu dem brisanten Vorgang Aufklärung verlangt.

Treffer hatte als einer von drei Prozessbeobachtern von Stadt und Klinikum das gesamte Strafverfahren gegen Lehmann im vergangenen Jahr verfolgt. Am 12. Verhandlungstag im April 2019 war zur Sprache gekommen, dass Lehmann von mehreren Firmen und Institutionen Geld bekam - in der Summe deutlich mehr als 100000 Euro. Wenn in einem Korruptionsprozess von einer Kriminalbeamtin Namen vom Firmen genannt würden, mit denen die Stadt zu tun habe, sei dies mit Sicherheit von den Beobachtern umgehend dem OB mitgeteilt worden, schrieb Käbisch gestern in seinem Blogg "Stimme. IN". "Wenn nicht, sollte die Stadt das Honorar der Prozessbeobachter zurückfordern. "

DK

 

Ruth Stückle