Manching
Persiflage auf die Archäologie

Vortrag von David Macaulay im Kelten- und Römermuseum über sein Werk - Zeichenkurs mit Schülern

28.03.2019 | Stand 23.09.2023, 6:25 Uhr

Manching (DK) Archäologie kann sogar unterhaltsam sein - wenn jemand wie David Macaulay die "Scherbenwissenschaft", wie sie früher genannt wurde, vorstellt. Sein launiger Vortrag im Kelten- und Römermuseum Manching fand jedenfalls den Beifall der zahlreichen Zuhörer. Der in Vermont (USA) lebende Architekt, Kunsthistoriker und Grafiker hatte im Rahmen einer Vortragsreihe in Deutschland auch in Manching Station gemacht und dem Publikum einen Einblick in sein Leben und sein umfangreiches literarisches Werk gewährt.

Das war aber nur der krönende Abschluss eines langen Mittwochs. Bereits am Vormittag hatte Macaulay, der erstmals in seinem Leben in einem Museum über die Kelten sprach und von der Architektur des Manchinger Gebäudes sehr angetan war, einen Zeichenkurs für Oberstufenschülern des Schyren-Gymnasiums Pfaffenhofen gegeben. Bevor sie Motive aus dem Fundus des Museums abbilden durften, ließ er sie erst mal ihre Schuhe zeichnen. Die Arbeit mit den Elftklässlern sei für ihn eine schöne Erfahrung gewesen, erklärte der 72-Jährige später in einer Pressekonferenz. Vor allem habe ihn beeindruckt, wie aufmerksam sie waren, zumal die Artefakte gar nicht mal so einfach darzustellen sind, wie er selber merkte. Für ihn ist Zeichnen auch eine Methode, mit der man lernt, genauer hinzusehen. Wer sich selber ein Bild machen will, kann die Ergebnisse des Kurses in der Sonderausstellungshalle besichtigen.

Macaulays eigene Bilder sind weniger dafür gedacht, an die Wand gehängt zu werden. Vielmehr finden sie sich in seinen mittlerweile mehr als 30 Büchern, die in ein Dutzend Sprachen übersetzt, teilweise verfilmt und mit Auszeichnungen wie dem Deutschen Jugendliteraturpreis bedacht wurden. Eines der bekanntesten ist "Motel der Mysterien" aus den 70er-Jahren, das jetzt in einer neuen Übersetzung vorliegt und laut Museumsleiter Tobias Esch während seiner Studentenzeit in Münster Kultstatus erlangte. Dieses "Archäologische Szenario der Zukunft" spielt im Jahr 4022, als der Forscher Howard Carson in Nordamerika rätselhafte Relikte der Yankee-Kultur aufspürt, die 2020 in einer Katastrophe zugrunde gegangen war (für die Neuauflage musste das Untergangsjahr nach hinten verlegt werden). Er legt an einer Prozessionsstraße einen Gebäudekomplex frei, der als Motel bezeichnet wurde. Carson ist sich sicher, eine bedeutende Kult- und Grabstätte gefunden zu haben. Groß ist die Freude, als er ein scheinbar ungestörtes, verschlossenes Grab entdeckt. Hier findet er zwei vermeintliche Bestattungen und etliche Kostbarkeiten, darunter ein großer Altar mit einer gläsernen Front, der wohl zur Kommunikation mit den Göttern diente und vor dem die Yankees scheinbar stundenlang im Gebet verharrten...

In seiner Grafik-Novelle beschreibt Macaulay auf sehr humorvolle Weise, welche Spuren unsere Zivilisation wohl hinterlässt und wie künftige Forscher diese Relikte - im Beispiel geht es natürlich um ein Fernsehgerät - völlig falsch deuten könnten. Nichts in dem Buch habe irgendwelchen Tiefgang, so Macaulay, wenn es auch viele bewusste Anspielungen auf Howard Carter enthält, den berühmten Entdecker des Grabs von Tutenchamun. Nicht nur der Name Carson, auch die Jahreszahl verweist auf den Jahrhundertfund im Jahr 1922 im Tal der Könige in Ägypten. Er würde, so Macaulay, das Buch heute wieder so zeichnen und allenfalls statt des alten Röhren- einen Flachbildfernseher darstellen. Als er seinerzeit die Idee dazu hatte, war er beruflich viel unterwegs und entdeckte die Gemeinsamkeiten, die Motels fast allesamt aufweisen. Über 30 Bücher hat Macaulay mittlerweile veröffentlicht, in denen er oft bildhaft geschichtliche Themen erklärt, aber keines wie das "Motel der Mysterien".

Sehr erfreut über den Vortrag des bekannten Autors zeigten sich auch Christian Degen, der seitens der Träger den Landkreis Pfaffenhofen und den Bezirk Oberbayern vertrat, sowie Georg Schweiger, Vorsitzender des Freundeskreises.

Bernhard Pehl