Performer, Moderator, vielseitiger Schlagzeuger

Patrick Stapleton gewinnt souverän den Musikförderungspreis des Konzertvereins Ingolstadt

08.10.2020 | Stand 23.09.2023, 14:38 Uhr
  −Foto: Schaffer

Ingolstadt - Jedenfalls hatte er den besten Auftritt, Patrick Stapleton, der diesjährige Gewinner des von Elin und Wilhelm Reissmüller gestifteten Musikförderungspreises des Konzertvereins Ingolstadt.

In diesem Jahr traten Schlagzeuger gegeneinander an. Stapleton spielte mit einem Überraschungseffekt. Noch bevor er die Bühne des Theaterfestsaals betrat, krachte und rumorte es aus den Lautsprechern auf der Bühne. Eine schwer einzuordnende Klanglandschaft breitete sich aus, während, ziemlich lässig, der hochgewachsene Stapleton auf die Bühne schlenderte, zwei Maracas in den Händen schwingend. Das alles glich mehr einer Performance denn einem Konzert. Rhythmisch tänzelnd bewegte sich der Schlagzeuger über die Bühne, obwohl das, was er akustisch beizutragen hatte zu der irritierenden Geräuschkulisse vom Zuspielband eher marginal wirkte. Was zählte, war eher die ungewöhnliche Idee, die Show in "Termazcal" von Javier Alvarez.

Sicher brachte dieser ungewöhnliche Einstieg in das Wettbewerbskonzert Stapleton ein Stück weit dem Sieg näher.

Leicht hatten die drei Künstler es an diesem Abend ohnehin nicht. Denn, um den Auflagen des Wettbewerbs zu genügen, mussten sie zweimal auftreten, teilweise mit unterschiedlichem Programm und vor unterschiedlichem Publikum, um 18 Uhr und um 20.30 Uhr. Ein Konzert hätte unter den derzeitigen Corona-Bedingungen zeitlich nicht ausgereicht, das gesamte Wettbewerbsprogramm zu präsentieren. Und die jungen Musiker waren erstmals gezwungen, ihre Beiträge selber anzumoderieren - denn wegen der Corona-Krise hatte der Konzertverein darauf verzichtet, Programmhefte zu drucken.

Stapleton ist jedoch kein reiner Performer und natürlich auch kein Blender. Er beherrscht sein Instrumentarium hervorragend. Was ihm Punkte bei der Jury brachte, die sich am Ende einstimmig für ihn aussprach, war seine Vielseitigkeit. Anders als die anderen Wettbewerbsteilnehmer zeigte er, dass er genauso gut mit dem Vibrafon und dem Marimbafon umzugehen weiß, wie mit Trommeln und anderem Schlagzeug. Ungewöhnlich und eindrücklich etwa seine Darstellung von "Arena" von Tobias Brosström. Dem Stück, so erläutert der Musiker, liegt eigentlich ein Schlagzeugkonzert zugrunde, bei dem der Solist zwischen verschiedenen Instrumentengruppen hin- und herlaufen muss. Stapleton präsentierte eine konzentriertere Version für einen Spieler und 26 Instrumente. Verblüffend war dabei, wie virtuos Stapleton die Klänge in orchestralem Format hervorbrachte, fast als hätte er tausend Arme. Am Ende des zweiten Konzertteils spielte er noch eine Konzert-Etüde von Pius Cheung für Marimbafon: unglaublich schwer und gleichzeitig sehr pianistisch wirkend. Stapleton gestaltete das wie eine Rachmaninow-Etüde, voller hoch gespannter Emotionen, wild wirbelnd und rasant.

Das Stück war in gewissem Sinne typisch für diesen Abend. Die eher melodischen Instrumente Marimbafon und Vibrafon standen mehr denn je bei einem Schlagzeug-Konzert in Ingolstadt im Vordergrund. Die aufgeführten Werke erinnerten allesamt ein wenig an Klavierstücke. Die eigentliche Stärke des Schlagzeugs, seine rhythmische Energie und das breite Farbenspektrum trat eher weniger zutage.

Dabei wirkten gerade die rein perkussiven Werke an diesem Abend besonders eindrücklich. Etwa Andrej Hernavs (der in Würzburg studiert). Er setzte einen der Klassiker der zeitgenössischen Schlagzeugliteratur aufs Programm: "Rebonds" von Jannis Xenakis. Ein immer wieder unglaublich virtuoses und eindrucksvolles Werk. Oder Leon Lorenz, der Maki Ishis "Thirteen Drums" vortrug, auch das ein fantastisches, sehr schwer zu spielendes Werk.

Die Niveau-Unterschiede zwischen den drei Wettbewerbsteilnehmern waren auf keinen Fall besonders auffällig. So machte letztlich derjenige das Rennen, der wahrscheinlich über die größten Erfahrungen verfügte, auch weil er der älteste der drei ist. Stapleton (Jahrgang 1993) wirkte souveräner als Schlagzeuger, moderierte sehr informativ und sicher. Und er wusste wahrscheinlich besser, seine spezifischen Stärken in den Vordergrund zu stellen.

Leon Lorenz (Jahrgang 1999) hatte dennoch auch sehr gute Ideen. Zwischen zwei Stücken forderte er das Publikum auf, in einer Schweigeminute über den Lockdown und die Corona-Krise zu reflektieren. Er hatte festgestellt, dass er in dieser Phase ruhiger geworden ist, Zeit gefunden hatte, über alles neu nachzudenken. Danach spielte er auf berührend zarte Art eine Sarabande von Johann Sebastian Bach.

DK

Jesko Schulze-Reimpell