Ingolstadt
Nikolausmobil statt Hörsaal

Jedes Jahr werden Mitglieder der Katholischen Hochschulgemeinde zu Nikoläusen und Engeln

07.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:20 Uhr
Elias (links) und Paul freuen sich über die Geschenke. −Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Hinter dem langen weißen Bart: Die Studenten der Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) zogen in der vergangenen Woche als Nikolaus und Engel von Haus zu Haus und sammelten Spenden für eine studentische Initiative der Universität Eichstätt-Ingolstadt für Flüchtlinge. Die Tour durch die Stadt mit den vorweihnachtlichen Helfern haben wir begleitet.

Der Bart rutscht schon wieder. In weißen Kutten laufen die jungen Frauen und Männer durch den Raum im KHG-Gebäude gegenüber dem Münster, streifen sich die Engelsflügel über und greifen nach den Haarreifen - an ihnen ist ein flauschiger Heiligenschein befestigt. Einer der vier Nikoläuse wirft einen schnellen Blick in den Spiegel: Sitzt der Bart jetzt? Und natürlich, nicht vergessen - das goldene Buch mit den Namen der Kinder. Direkt neben ihm verliert ein Kollege sein rotes Gewand. Leise fluchend hebt er es auf. "Mist, das darf mir ja nicht vor den Kindern passieren." Das Fluchen hoffentlich auch nicht.

In voller Montur eilen sie durch die Straßen, vorbei am Münster, durch das Kreuztor - die Blicke auf den Straßen haben sie sicher. Auf dem Uniparkplatz angekommen, teilen sich die 16 Studenten in vier Gruppen auf. Keine Zeit zu verlieren: Die Uhr tickt - in zehn Minuten erwartet die erste Familie den Nikolaus. Der springt gerade ins Auto, gefolgt von drei Engeln. Engel Benjamin Thorwirth klemmt sich hinter das Steuer des Kleinbusses. Der 20-jährige BWL-Student organisiert dieses Jahr zum ersten Mal die studentische Aktion. "Scharf links abbiegen!", ruft Stefan Biegeat neben ihm auf dem Beifahrersitz und lotst ihn durch die Stadt Richtung Nordwesten.

Bernadette Kleppmeir richtet ihren Heiligenschein, nach ihr klettert Julian Westphalen aus dem Nikolausmobil. Und in Formation: Der Nikolaus mit seiner rotleuchtenden Mitra vorweg, seine himmlischen Schatten folgen ihm. Vor dem Mehrfamilienhaus liegen schon die Geschenke bereit. Der Bischof klopft mit seinem Stab auf den Boden. "Halt, Moment!", ruft Westphalen und überfliegt nochmal sein goldenes Buch mit der ausgedruckten Mail der Eltern, die den Nikolaus bestellt haben und ihn mit Infos über die Kinder versorgen. Mit gebeugtem Rücken schreitet der Student durch die Tür. Drinnen sitzen die Eltern samt Großeltern auf der Couch. Daneben ein kleines blondes Schulmädchen, leicht verunsichert starrt es auf den langen Bart. Sofort darf sie den Stab halten und hat sichtbar gleich etwas weniger Angst - ein Tipp aus dem Nikolaus-Einmaleins.

Mit brummender Stimme fragt der Nikolaus nach den Hausaufgaben. Leicht verschämt blickt das Kind auf den Boden. Der bärtige Mann räuspert sich. "Na gut, das wissen wir beide wohl selbst am Besten", meint er gutmütig. Er greift nach seinem braunen Leinensack, der größer ist als das Mädchen selbst. Nur noch schnell das obligatorische Foto mit den himmlischen Gehilfen - der Vater blitzt mit seiner Handykamera.

Zwischen zehn bis 15 Minuten sind für jeden Besuch eingeplant. Vom Zeitdruck lassen sich die Studenten aber nichts anmerken. Kaum geht die Holztür hinter ihnen zu, schreiten sie in flottem Tempo an den Vorgärten vorbei, mit einer Hand die Ministrantenkutte hochgehalten. Die Straßenlaternen sind schon angegangen. "Der Nikolaus!", ruft ein kleiner Junge auf dem gegenüberliegenden Gehsteig begeistert und deutet mit dem Zeigefinger auf die Truppe. "Genau für dieses Leuchten in den Augen machen wir das", sagt Engel Bernadette Kleppmeir. Gemeinsam rauschen sie zum nächsten Haus, nach Etting. Der siebenjährige Paul und der vierjährige Elias (4) reißen ihre Augen auf. Sie singen ein Weihnachtslied und überreichen selbstgemalte Bilder an ihren Gast. Fünf Stunden und elf Familien später haben die studentischen Nikoläuse Feierabend. Sie haben heute nicht nur Kinder glücklich gemacht. So manche Großeltern lasen so eifrig bei den Gedichten mit, als würden sie auch nochmal selbst an den Nikolaus glauben wollen.

Anna Hausmann