Neuburg
Nicht von dieser Welt

<Unterzeile>Countertenor Valer Sabadus gastiert bei den Neuburger Barockkonzerten</Unterzeile>

11.10.2021 | Stand 23.09.2023, 21:15 Uhr
Reiner Wohlklang: Valer Sabadus musiziert mit dem Ensemble Ludus Instrumentalis in Neuburg. −Foto: Löser

Neuburg - Es gibt normale Stimmen, und es gibt die hohen Männerstimmen.

Sie klingen ungewöhnlich, ätherisch. Im Barock-Zeitalter wurden die Kastraten gefeiert wie heute die Popstars (die übrigens in vielen Fällen auch mit Kopfstimme singen). Heute entwickelt sich gerade ein Kult der Countertenöre. Der Klang ihrer Stimme ist anders als der von Frauenstimmen. Sie singen ein wenig, als wären sie nicht von dieser Welt.

Der inzwischen ziemlich namhafte Countertenor Valer Sabadus weiß um die spezifische Qualität seiner Gesangskunst - und er nutzte sie bei seinem Arienabend bei den Neuburger Barockkonzerten.

Als erstes Stück wählte er eine frühbarocke Arie aus Dominico Gabriellis Oper "San Sigismondo, re di Borgogna". Ein Werk, das er mit fast eisiger Strenge sang, völlig ohne Vibrato, allein engelhaft trauriger Schönklang. Was für ein Erlebnis!

Aber dann sofort das Gegenprogramm: Ohne Pause leitet das Cembalo mit einer kleinen Modulation zu einer der freudigsten, virtuosesten, koloraturseligsten Arien von Georg Friedrich Händel über: "Con l'ali di costanza" aus "Ariodante". Und weiter ging es zu der aus dem Film "Farinelli" bekannten Arie "Alto Giove" von Nicola Porpora - ein tragisches Klagelied. Später folgten Arien von Vivaldi und Gluck - stets kehrte Valer Sabadus einen besonderen Affekt hervor, eine Stimmung, einen emotionalen Tonfall. Faszinierend war das allein schon deshalb, weil der 35-Jährige über eine makellose Technik verfügt, die Töne meisterhaft formt, mal kühl, mal mit einem Hauch Vibrato, mal eher dunkel getönt, dann ohne viel Resonanzraum. Begleitet wurde Sabadus vom Ensemble Ludus Instrumentalis, das alle Orchesterstimmen mit nur einem Musiker besetzte. Die kleine Formation begleitete einfühlsam, eher zurückhaltend, und spielte Sonaten von Händel und Johann Gottlieb Goldberg mit größter Inspiration.

Ein Abend mit Musik aus einer anderen, reineren, vollkommeneren Welt. Das Publikum feierte die Künstler frenetisch.

DK


Jesko Schulze-Reimpell