Ingolstadt
Nicht im Trüben fischen

Anfrage der SPD ergibt: Franziskanerwasser ist unbedenklich, aber im Boden lagern Schwermetalle und andere Altlasten

20.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:27 Uhr
Wildromantisch, aber auch gesundheitlich unbedenklich? Das Franziskanerwasser wirft drängende Fragen auf. Wasser und Bodensatz könnten belastet sein. Die Karte zeigt den Verlauf des Altwassers im Südosten der Stadt. −Foto: Hauser, Grafik: Reibel, Quelle: Gewässerkarte der Stadt Ingolstadt

Ingolstadt (DK) Der Warnruf geht mit zweijähriger Verspätung ein: 2016 soll eine Untersuchung ergeben haben, dass Wasser und Sediment des Franziskanerwassers am Auwaldsee mit Schwermetallen und Giftstoffen kontaminiert seien, schreibt die SPD-Fraktion in einem offenen Brief - und stellt der Stadt acht ernste Fragen. Umweltreferent Rupert Ebner hat ausführlich geantwortet. Die relevantesten Aussagen lauten: Es bestehe keine Gefahr. Ja, im Sediment des Gewässers lagerten Altlasten, aber so lange man die nicht aufwirble oder ausbaggere, sei alles unbedenklich.

Eine der acht Fragen der SPD an Ebner blieb unbeantwortet: "Warum war dieser Sachverhalt seit 2016 nie Thema im Stadtrat und seinen Gremien?", wollen Sabine Leiß, Robert Bechstädt und Anton Böhm wissen. Sie haben den Brief an die Verwaltung verfasst. Schon vor zwei Jahren soll die Belastung des Altwassers mit Kupfer, Quecksilber, Zink, Benzol, diversen Kohlenwasserstoffen, Arsen, Cadmium, Cyanid und Schwefelwasserstoffen bei einer Untersuchung aufgefallen sein, schreiben die Stadträte. Sie fordern deshalb nun um so drängender Antworten auf Fragen wie: "Besteht die Gefahr einer Belastung des Auwaldsees durch Aufwirbelung des Sediments bei Hochwasser und Starkregen? Wie bedrohlich ist die Kontaminierung für Mensch und Umwelt?" Und: "Tickt im Franziskanerwasser am Ende eine Umweltzeitbombe?"

Das sind gleich mehrere bohrende Fragen auf einmal. Die SPD bietet auch noch zwei Verdächtige an, die an der Verunreinigung schuld sein könnten: Als Verursacher kämen eigentlich nur die frühere Bayern-Oil-Raffinerie (zuvor: Eriag) und das Bahn-Ausbesserunsgwerk (erst Reichsbahn, dann Bundesbahn) in Frage. Die Sozialdemokraten stellen außerdem eine für sie bezeichnende Beobachtung in den Raum: Audi habe auf dem einstigen Raffineriegelände, wo das Unternehmen den Innovationspark IN-Campus baut, "das Erdreich offensichtlich nicht ohne Grund auf drei Meter Tiefe abtragen und entsorgen lassen".

Jetzt liegt die dreiseitige Antwort des städtischen Umweltreferenten vor. Rupert Ebner (Grüne) stellt zur Frage, wie bedrohlich Wasser und Bodensatz (Sediment) des mehrere Kilometer langen Grabens für Mensch und Tier seien, Folgendes klar: "Das Wasser im Franziskanerwasser ist nicht kontaminiert, die Fische, die dort gefangen werden, dürfen verzehrt werden."

Ebner unterscheidet aber zwischen dem Wasser und dem Bodensatz. Die Qualität des Wassers sei in den letzten Jahren untersucht worden, doch die im Brief der SPD-Stadträte aufgezählten Schwermetalle und Giftstoffe habe man nicht gefunden. Es liege also keine Kontaminierung vor. Der Umweltreferent: "Es besteht keine Gefährdung für Mensch und Umwelt." Doch im Boden lauerten sehr wohl Altlasten, ziemlich alte sogar: "Sie lagern dort schon seit Jahrzehnten und sind fest gebunden", berichtet Ebner. "Die zahlreichen Hochwasser und Starkregenereignisse in diesen Jahren haben offensichtlich nie zur Aufwirbelung des Sediments geführt."

Man sollte besser auch nicht durch menschliche Eingriff im Untergrund des Gewässers Unruhe auslösen, fügt Eber hinzu. Das sei sicherer.

Immer wieder würden Fischer die Bitte an das Umweltamt herantragen, es möge die Wasserfläche freiräumen. Das unterlasse man aber aus gutem Grund. "Ein einfaches Ausbaggern des Franziskanerwassers ist nicht möglich. Jeder Eingriff in den Untergrund würde die darin befindlichen Schadstoffe mobilisieren und dann tatsächlich das Wasser und stromabwärts liegende Teile kontaminieren", so die amtliche Stellungnahme. "Es ist sehr unwahrscheinlich, dass es überhaupt eine technische Möglichkeit gibt, so einen Eingriff ohne schädliche Wirkung auf den abstromigen Bereich durchzuführen", sagt Ebner. Das Umweltamt habe viele Möglichkeiten geprüft. Das Ergebnis: "Keine scheint geeignet."

Bliebe noch die Option, den belasteten Boden abzuräumen. Doch da ist der Umweltreferent skeptisch. Das erfordere schweres Gerät. Um es zum Einsatzort zu bringen, müssten Bäume gefällt und die Zufahren mit Kies aufgeschüttet werden. Ebner erinnert an der Stelle daran, dass Teile des Franziskanerwassers im FFH-Gebiet sowie im Naturschutzgebiet liegen.

Schließlich wendet er sich der "tickenden Umweltzeitbombe" zu, welche die SPD-Stadträte befürchten. Antwort: "Nicht nur in Ingolstadt, überall in Deutschland lagern Altlasten, die aus Zeiten stammen, als diese Problematik nicht unter den heutigen Gesichtspunkten betrachtet wurde." Heißt im Klartext: Noch bis vor 40 Jahren hat es niemanden interessiert, welcher giftige Dreck im Boden lauert.

So formuliert Ebner das natürlich nicht. Er versichert: Man untersuche seit Jahren regelmäßig, ob von den bekannten Altlasten Gefahren ausgehen. Auch entlang dem Franziskanerwasser.

Christian Silvester