Manching
"Münzen erzählen vom Werden Europas"

Buchpräsentation und Vortrag im Kelten- und Römermuseum Manching - David Biedermann aus Ingolstadt einer der Autoren

17.09.2020 | Stand 23.09.2023, 14:11 Uhr
Münzen vermitteln Botschaften, die weit über ihren reinen Zahlwert hinausgehen. −Foto: Nünnerich-Asmus Verlag & Media/Hans Jürgen Wiehr

Manching - Ein Nennwert von einer Billion Mark, sechs Zentimeter Durchmesser, über 80 Gramm Gewicht und die Bildnisse des springenden Westfalenrosses und des Freiherrn vom Stein: Das letzte Notgeld der Provinz Westfalen aus dem Jahr 1924 hat für eine Münze wahrlich riesige Ausmaße.

Doch nicht nur die Dimensionen sind gewaltig (das Zwei-Euro-Stück hat zum Vergleich 26 Millimeter Durchmesser): Auch der aufgeprägte Wert von einer Billion Mark übersteigt wohl sämtliches Vorstellungsvermögen. Eine Eins mit zwölf Nullen - das ist der höchste Nennwert, der jemals auf einer deutschen Münze geprägt wurde. Dabei sind die vergleichsweise wenigen Exemplare wohl eher als Medaillen (also ohne Zahlungseigenschaft) zu betrachten, wurden sie doch erst nach dem Ende der deutschen Hyperinflation nach dem Ende des Ersten Weltkriegs geprägt - mehr zur Erinnerung.

Das Kapitel über diese Zeit ist nur eines von insgesamt 99 aus dem neu erschienenen Buch "Runde Geschichte - Europa in 99 Münz-Episoden" aus dem Verlag Nünnerich-Asmus. Ein Buch, das die Botschaften entschlüsselt, die uns Münzen über den reinen Zahlwert hinaus senden. Denn die Autoren der einzelnen Kapitel (im genannten Beispiel der Archäologe Stefan Kötz) verstehen es besser als so mancher dicke Geschichtsschmöker, die Infos über Münzenbeispiele mit dem jeweiligen historischen Kontext zu verknüpfen. Auf nur wenigen Seiten erfährt der Leser das Wichtigste über die betreffende Zeit, über Entwicklungen, Wendepunkte und Umbrüche. So wendet sich das Buch nicht nur an Numismatiker und Sammler, die über die vielen Details zu den einzelnen Münzen ihre helle Freude haben werden, sondern auch an Historiker und Geschichtsinteressierte, die diesen Aspekt der Entschlüsselung einer uns Europäern vertrauten Bilder- und Symbolsprache zu schätzen wissen.

Die 99 abgebildeten Münzen werden auf fast 300 Seiten gleichsam zum Sprechen gebracht und spannen so den Bogen vom Beginn der Münzprägung vor über 2500 Jahren bis hin zum Euro. Unmöglich zu sagen, welches Kapitel nun das wichtigste ist: das persische Weltreich und sein Einfluss auf Europa, die Olympischen Spiele, die Kelten und Etrusker, die vielen Facetten der römischen Antike, Karl der Große und das abendländische Kaisertum, die Kunst der Romanik, die Araber in Spanien, die Renaissance, Absolutismus, Napoleon oder die Europäische Union?

Manches mutet wohl den Laien völlig fremd, bisweilen kurios an: neben dem Eine-Billion-Mark-Stück etwa der "Brüning-Taler", ein Vier-Pfennig-Stück von 1932, das den Deutschen nach dem Börsencrash von 1929 das Sparen lehren sollte. Das Ein-Kopeken-Stück aus dem Ersten Weltkrieg mit deutschen und kyrillischen Buchstaben aus dem kaiserlichen Besatzungsgebiet an der Ostfront oder das gleichzeitig geprägte goldene 15-Rupien-Stück mit kaiserlichem Adler auf der einen und einem Elefanten auf der anderen Seite: Die Münze wurde in der früheren Kolonie Deutsch-Ostafrika geprägt. Die Reihe ließe sich fortsetzen und lässt erfreulicherweise dem Leser die Entscheidung, was und wie viel er gerade auswählt. Informativ und unterhaltsam ist jedes Kapitel.

Gemeinsam mit dem renommierten Nünnerich-Asmus-Verlag präsentiert das Kelten- und Römermuseum Manching am Dienstag, 22. September, ab 18 Uhr das neue Buch, worin zahlreiche Expertinnen und Experten aus dem In- und Ausland jeweils eine Münze in den Fokus rücken. Zur Veranstaltung in Manching erscheinen die Herausgeber und Autoren Florian Haymann, Stefan Kötz und der Ingolstädter Archäologe David Biedermann, der die beiden Kapitel über Bürgerkriege in der späten römischen Republik und die Revolution in Russland 1917 beigetragen hat. Unter dem Vortragstitel "Geldgeschichte(n): Münzen erzählen vom Werden Europas" stellen sie ausgewählte Kapitel aus ihrem Buch vor - von einer sogenannten Elektronmünze des 7. Jahrhunderts v. Chr. aus dem westlichen Kleinasien über Münzen der Römischen Republik mit politischen Motiven bis hin zu einer Zwei-Euro-Münze aus dem Jahr 2019. Aber auch die Kelten kommen nicht zu kurz: So prägte der Stamm der Boier Goldmünzen, die teils mit Fabelwesen geschmückt sind, etwa dem Rolltier, einer Mischung aus Drache, Schlange und Skorpion.

Aufgrund der aktuellen Corona-Krise ist die Teilnehmerzahl der Veranstaltung begrenzt. Interessierte melden sich bis spätestens Sonntag, 20. September, mit Angabe ihres Namens sowie ihrer Adresse und Telefonnummer per E-Mail unter info@museum-manching. de verbindlich an. Das Museum gibt eine Rückmeldung, ob die Anmeldung angenommen wurde.

DK

Bernhard Pehl