Ingolstadt
Mit den Freibierlätschen in die Shisha-Bar

Die Bürgergemeinschaft frotzelt bei ihrem Starkbieranstich natürlich über die Ingolstädter Rathausregierung

18.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:41 Uhr
Mit Perücke am Rednerpult: Als der Gelehrte und Illuminaten-Gründer Adam Weishaupt trat der BGI-Vorsitzende Christian Lange wieder im gut besetzten Daniel-Saal auf. −Foto: Hammer

Ingolstadt (DK) Derblecken geht anders. Das weiß die BGI. Stattdessen frotzeln und dabei sogar ein wenig Mut machen. Das will die BGI. Und das kommt beim Starkbierfest der Bürgergemeinschaft auch immer gut an. Rund 50 Besucher kamen am Samstagabend bis aus Reichertshofen zur dritten Auflage ins Gasthaus Daniel.

Am mutigsten präsentierten sich beim "Warmup" für die Auftritte von Prof. Adam Weishaupt und einer Security-Insidern die zwei BGI-Stadträte Georg Niedermeier und Jürgen Siebicke. "Song derf ma nix" war Siebickes Credo. "Obwohl die größte Fraktion des Stadtrats durch Abwesenheit glänzt." "Wer?" "Die CSU." Niedermeier: "Ach, ich dachte, die Freibierlätschen." Siebecke: "Sind die nicht da, ist der Deppenhaufen an diesem Abend begrenzt."

Ein bisschen sein Fett weg bekam OB Christian Lösel im Intro des Abends dann doch noch. Siebicke: "Hast Du den Film vom Lösel in Internet von seiner früheren Schule gesehen?" Niedermeier: "Klar, und der wäre in jeder Pause von uns geschlagen worden."

Dann getragene Worte von Prof. Adam Weishaupt alias Christian Lange. Weiße Perücke über fast weißem Haar - den Professor nimmt man ihm auf Anhieb ab, auch ohne tiefschürfende Worte. Es wurde aber doch geschürft: im Umfeld des Oberbürgermeisters und seines Oberstbürgermeisters. In Sachen Diesel-Skandal und marode Gebäude. Und natürlich ein wenig in puncto Bayerischer Ministerpräsident.

Keine Starkbierrede ohne tieferen Sinn. Mut machen wollte Prof. Weishaupt, der in dieser schönen Stadt 1748 geboren wurde und hier einst auch studiert hat. Mut, etwas bewegen zu wollen, etwas verändern und verbessern zu wollen. Mit kurzweiligen oder ehrlichen Denkansätzen. Über den Vizebürgermeister, "der nicht viel auf den Weg gebracht hat" und der die Stadt "an manchen Ecken und in manchen Gassen fast kaputt gespart hat". Über den Oberbürgermeister, "der von der Fuchs Brigitte eingekleidet wurde, der die Mitarbeiter von Beratern beschafft hat, der von einem Oberstbürgermeister gelenkt und geleitet wird und der vom Springl in der Sauna mit einem berauschenden Aufguss bedacht wird".

Weishaupt meinte auch der frische Wind der Freien Wähler sei für Bayern gut, in Ingolstadt wäre die FW "doch eher das Vakuum des Stadtrats - leer und hohl auf die Befehle aus der CSU-Zentrale angewiesen". Klar ging es auch um Stickoxide, Feinstaub und Kohlendioxid: "Das viel größere Übel wurde in Ingolstadt endlich beseitigt: Den Shisha-Bars hat man die Wasserpfeifen weggenommen. Endlich. Seitdem stinkt es in der Stadt nur noch nach Benzin." Der Professor mutmaßt sogar, hätten besagte Bars schnell vier Ringe über den Bareingang gehängt - würden die Wasserpfeifen weiterqualmen.

Viel Spaß hatten die Zuhörer auch, als Weishaupt prophezeite, der neue Ministerpräsident wäre wohl nicht lange im Amt. Seine fränkische Vorgänger hätten es auch nicht lange durchgehalten. Außerdem: "Für viele Altbayern ist ein fränkischer Ministerpräsident ja fast so schlimm wie ein evangelischer Preuße als Bischof von Eichstätt. Oder so ähnlich." Zwei legte er noch drauf: "Wenn in Ingolstadt das Digitalisierungs-Gründerzentrum am König-Ludwig-Platz liegen soll, dann ist das ungefähr so, als wenn die Geburtsstation eines Krankenhauses direkt neben dem Zentralfriedhof errichtet würde." Und zur Fußgängerzone, in der der Einzelhandel abgeschafft wurde: Hunderttausende Gäste eines Kongresshotels würden "auf der Suche nach Nahtoderfahrung in eine fast tote Innenstadt" kommen.

Sofie Hirsch, Kabarettistin aus Gerolfing, pflegte an diesem Abend ihre frische Depression: Ihr neuer, attraktiver Nachbar habe geklingelt und erzählt, es sei ein Abend, um wegzugehen, im Kino einen Liebesfilm anzusehen. Und ob sie Zeit hätte? "Ja, habe ich." Dann sagte er, es wäre schön, wenn sie auf seinen Hund aufpassen könnte. "Es gibt so Dog, wo man nix mog." Aber sie fing sich schnell wieder und ließ nichts aus: TV-Programm, Türkei, England, Grippe-Virus, Dieselskandal und die "Mehtuh"-Bewegung: "I bin erschüttert. Als ob die Welt nur no an des Oane denkt."

Als Security-Novizin verriet Hirsch, sie solle im nächsten Jahr auf dem Gartenschaugelände eingesetzt werden. "Mein Chef sagt, wir arbeiten nach dem Prinzip der Schleierfahndung. Was aber nichts mit einem Junggesellinnenabschied zu tun hat." Mut machte Hirsch allen Ingolstädtern. Thema Fahrverbote: Die brauche man nicht, denn: "Ingolstadt wird weiträumig umfahren." Die Stadt sei wegen der Skandale "verrufen wie Palermo". Man müsse mehr Positives bieten. "Christian, Du erstellst keine Fragenkataloge mehr", mahnte sie den BGI-Chef Lange. Und vieles sei nicht so schlimm: "Zur Not kann man sich das Kongresshotel auch schön saufen." Einen Tipp für Rathaus und INVG gab es zum Abschluss auch noch: "Es heißt, die Preise der INVG steigen um durchschnittlich 3,2 Prozent. Wie kommt es dann, dass die Tageskarte von 4,20 auf 5 Euro erhöht wird?" Hirschs Tipp: "Dieser Rechenkünstler sollte im Rentenamt arbeiten."