Reichertshofen
Mit 91 Jahren noch jeden Tag im Geschäft

Marianne Fuchs führt "Eisenwaren Fuchs" in Reichertshofen - Lange Tradition

26.05.2020 | Stand 02.12.2020, 11:17 Uhr
Eisenwaren Fuchs in Reichertshofen: Am Unteren Graben 1 finden sich - wie in früheren Jahrzehnten - Schrauben, Nägel, Muttern und vieles mehr. Auch einzeln werden sie verkauft. −Foto: Vogl

Reichertshofen - Es ist wie eine kleine Zeitreise: In unzähligen Schubladen und Schubfächern liegen Türbeschläge, Schrauben, Haken und Nägel.

In offenen Fächern sind Werkzeuge, Gartengeräte, Trennscheiben und Griffe aufgereiht. Die 91-jährige Marianne Fuchs verkauft im Eisenwarenladen Fuchs am Unteren Graben noch jeden Nagel, jede Schraube einzeln. Wenn jemand eine Handvoll will, wiegt sie das Material ab und kassiert grammweise.

Vor kurzem erreichte unsere Zeitung eine Nachricht eines Reichertshofener Bürgers: Er war begeistert, dass die 91-jährige Marianne Fuchs aus Reichertshofen noch jeden Tag in ihrem Eisenwarenladen steht. Marianne Fuchs selbst ist ein bescheidener Mensch. Sie wolle sich eigentlich nicht groß hervortun, sagt sie, als sie nun vom DONAUKURIER angesprochen wird. Auch, dass es nicht selbstverständlich sei, bis zum 91. Lebensjahr täglich zu arbeiten, will sie nicht gelten lassen: "Andere arbeiten auch ihr Leben lang". Sie ist aber schließlich doch bereit, zu erzählen. Nur aufs Foto will sie nicht. "Machen Sie bloß nicht so viel", sagt sie immer wieder.

Ein bisschen was gibt es aber doch zu erzählen. Der Eisenwarenladen Fuchs am Unteren Graben in Reichertshofen existiert bereits seit vielen Jahrzehnten. Marianne Fuchs meint, dass ihn der verstorbene Schwiegervater Otto Fuchs wohl gegründet haben müsste. Ihr ebenfalls verstorbener zweiter Mann, der Wagnermeister Otto Fuchs, hatte danach den Laden langjährig geführt.

Ein Reichertshofener ist bei der Spurensuche behilflich. Er besitzt eine alte Karte, die zeigt, dass das Haus 1921 auf einen "Wagner Jakob Fuchs" eingetragen ist. Auch auf dem Grabstein der Familie Fuchs auf dem Reichertshofener Friedhof findet sich ohne Jahresangaben ein Jakob Fuchs. Es ist sehr wahrscheinlich, dass das Geschäft bereits von Jakob Fuchs gegründet wurde. Auf dem Gebäude steht auch "Wagnerfuchs" als Hausname. In welchem Jahr genau das Geschäft gegründet wurde, weiß Marianne Fuchs nicht. Auch beim Markt Reichertshofen lässt es sich nicht mehr nachvollziehen.

Marianne Fuchs selbst war 1946 kurz nach dem Krieg aus der früheren DDR mit einer Freundin in den Westen gekommen. Daran erinnert sie sich noch gut. Arbeit habe sie gesucht, berichtet sie, und diese zunächst auf einem Bauernhof gefunden. Später hat sie dann bei der Audi gearbeitet. Dort war sie auch noch tätig, als sie ihren zweiten Ehemann Otto Fuchs kennenlernte. Ihr erster Mann, mit dem sie zwei Kinder hat, war mittlerweile verstorben.

"Damals hatte ich keine Ahnung, wie viele Schrauben es gibt. Mein Mann hat mir alles beigebracht", erzählt sie. Otto Fuchs war gelernter Wagnermeister. Marianne Fuchs hat immer vorne am Tresen die Kunden bedient, während ihr Mann hinten in der Werkstatt gearbeitet hat. "Ich habe mich damals schnell reingefunden", erinnert sie sich. "Aber mein Mann fehlt mir. "

Seitdem Otto Fuchs 2016 verstorben ist, führt Marianne Fuchs das Geschäft alleine. "Ich mach's gerne", sagt sie. "Ohne meinen Laden kann ich's mir gar nicht vorstellen. " Als sie aufgrund der Corona-Pandemie das Geschäft wie alle anderen zusperren musste, hat ihr das gar nicht gefallen. "Nur rumzusitzen, das ist kein Leben für mich. "

An ihrem Laden hängt Marianne Fuchs. Das ist auch spürbar, als sie die DK-Reporterin herumführt. Fein säuberlich sind die Schrauben und Muttern in Plastikkästchen aufgereiht, daneben sind Centpreise. "Das sind Flügelmuttern, da haben wir Hutmuttern", zeigt sie. Marianne Fuchs kennt jede Schraube und jeden Nagel noch beim Namen. Bei ihr kann man noch einzelne Nägel und Schrauben kaufen. Auch das Schleifpapier steht in verschiedenen Farben ordentlich im Regal. Blitzsauber ist alles. Immer wieder schauen beim Gespräch mit der Heimatzeitung auch Kunden vorbei, kaufen ein paar Kleinigkeiten.

Marianne Fuchs bedauert ein wenig, dass sich die Zeit so schnell gewandelt habe. Heutzutage würden nur noch wenige Leute selbst beim Bau mithelfen, meint sie. Die meisten würden Bauunternehmer beauftragen, und die würden ihr Werkzeug selbst mitbringen. Die Eisenwaren würden daher immer weniger nachgefragt. Einen Nachfolger für ihr Geschäft hat Marianne Fuchs derzeit nicht. "Solange ich kann, werde ich weitermachen", sagt sie. "Weil es mir Spaß macht. . "

DK