Ingolstadt
Mehr Raum für Ideen

Am internationalen Parking Day warben Initiativgruppen auf Parkplätzen für Ressourcenschonung und Alternativen zum Auto

18.09.2020 | Stand 23.09.2023, 14:14 Uhr
Wo sonst Autos parken, gestalteten diese Aktivistinnen von Fridays for Future Ingolstadt am Freitag auf der Theresienstraße Plakate, um für den Klimawandel zu sensibilisieren. Unten: Schräg gegenüber hatte es sich am Parking Day Die Linke gemütlich gemacht. −Foto: Hammer

Ingolstadt - Noch ist alles friedlich.

 

Schon seit zwei Stunden blockieren die jungen Aktivistinnen und Aktivisten den Parkplatz an der Theresienstraße, sitzen in einem Liegestuhlkreis beisammen und unterhalten sich mit interessierten Passanten oder Mitgliedern der Initiativgruppen einen besetzten Parkplatz weiter. Und? Hat sie schon ein Autofahrer auf Stellplatzsuche angemosert? Nein, antwortet Benedikt Schmitz, "aber vielleicht haben die bloß nicht verstanden, dass wir von Fridays for Future sind".

Fridays for Future. Kurz FfF. Bei diesem Namen geraten aufbrausende Freunde fossiler Antriebstechnik gern mal in Fahrt.

Die Future-Jugend fügt sich an diesem sonnigen Freitag ne-ben den Lebensmittelbewahrern der Initiative Foodsharing und den Ressourcenrettern des Vereins Transition Town Ingolstadt / "Stadt im Wandel" in ein sichtlich entspanntes Ensemble engagierter Umwelt- und Klimaschützer. Sie haben es sich nett gemacht auf den Parkplätzen, denn es ist Parking Day, ein internationaler Aktionstag zur Rückgewinnung öffentlicher Flächen in Städten für die Menschen. "Wir wollen zeigen, dass man Parkplätze sinnvoller nutzen kann. Dass man den öffentlichen Raum anders nutzen sollte", sagen Maren Härtle und Rike Goldberg. Ihn etwa mehr für Jugendliche öffnen.

Der Klimaschutz hatte in den vergangenen Corona-Monaten Pause, so schien es. Im Gegensatz zum Klimawandel. Kundgebungen fielen aus, alles dreht sich um das Virus. Wie gehen die FfF-Leute damit um? Sie sehen da eigentlich keinen Widerspruch, sagen Paul Kaliski und Benedikt Schmitz. "Das Interesse am Thema Klimawandel ist überschattet, aber es ist grundsätzlich noch da. Hier nehmen sich zwei Krisen den Raum weg, obwohl man sie gemeinsam angehen könnte. " Denn die Virus-Pandemie habe auch gezeigt, "dass der Staat sehr handlungsfähig ist". Er habe rasch tiefgreifende Maßnahmen eingeleitet. "Es wäre schön, wenn der Staat beim Klimawandel genauso entschlossen handeln würde. " Noch etwas lehre die Corona-Krise: "Politiker hören auf Wissenschaftler", so die jungen Männer. Diese Aufgeschlossenheit für die Forschung würden sie sich ebenfalls beim Thema Erderwärmung von mehr Politikern wünschen, sagen Benedikt Schmitz und Paul Kaliski.

Schräg gegenüber haben es sich Mitglieder der Partei Die Linke auf einem Parkplatz gemütlich gemacht, mitsamt rotem Sofa. Es wird Kaffee getrunken und problemorientiert diskutiert. Stadtrat Christian Pauling formuliert die Botschaft des Parking Day mit einem Satz: "Parkraum ist zum Leben da! " Die Linken, stellt er klar, wollten "keinen Kampf gegen das Auto führen", es gehe ihnen vielmehr "um Gerechtigkeit bei der Subventionierung". Wenn etwa die Stellplätze in einer Tiefgarage verbreitert werden, damit SUVs besser rein und rauskommen, "fallen Parkplätze weg und damit Einnahmen der Kommune. So subventioniert man indirekt die SUVs. Und alle zahlen mit".

 

Es störe ihn auch, dass es immer heiße, nur der ÖPNV müsse bezuschusst werden. Busse und Bahnen gehörten aber zur Infrastruktur eines Landes (Stichwort Daseinsvorsorge), ebenso wie Straßen und eben Parkplätze. Über deren Finanzierung, so Pauling, "werden die Autos indirekt mitsubventioniert". Man dürfe nie das eine gegen das andere ausspielen, sondern müsse beides gerecht fördern.

Radfahren und ÖPNV gehörten dringend gestärkt, sagt Francesco Garita. "Man muss sich nur das Verkehrschaos um zehn vor 8 vor dem Kreuztor anschauen: Wahnsinn! "

Eva Bulling-Schröter, Umweltexpertin, 20 Jahre lang Bundestagsabgeordnete und jetzt Stadträtin, sieht den Trend, dass E-Autos in gut gestellten Familien "zum Drittauto werden". Das könne keine Lösung sein. Sie regt an, "den Nahverkehr neu zu denken" und individualisierte Möglichkeiten zu prüfen, etwa Druckknopftaxis. Etwas ärgert Eva Bulling-Schröter: "Dass die Behindertenparkplätze so oft zugestellt sind. Vor allem in der Mauthstraße. Da muss man mehr prüfen! "

DK

 

 

Christian Silvester