Irsching
Neue Wege

Vom Triathlon bis zur Alpenüberquerung Tanja Schweiger mag es lieber außergewöhnlich

10.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:31 Uhr

Ein Moment, den Tanja Schweiger nicht vergessen wird: Ende Juni 2013 überquert sie die Ziellinie beim Ironman-Triathlon in Klagenfurt. In ihrer Karriere hat sie viermal die Langdistanz absolviert. - Foto: Schweiger

Irsching (DK) Tanja Schweiger hat sich Zeit ihres Lebens durchgesetzt - oft in von Männern besetzten Bereichen. Das begann bereits im Grundschulalter und hat sich seither fortgesetzt bis heute.

Von außen betrachtet ist sie rastlos, findet keine Ruhe, manchmal sogar auf eine extreme Art und Weise. Für Tanja Schweiger (37) dagegen ist das völlig normal. Kein Grund zur Beunruhigung. Sie ist energiegeladen und sprüht vor Neugierde. Auf ausgetretenen Wegen zu gehen, ist nicht ihr Ding. Sie sucht das Neue, die Herausforderung. "Das macht einfach mehr Spaß", sagt sie und lacht dabei.

Die gebürtige Irschingerin sitzt in einem gemütlichen Stuhl, aber die zwei Krücken, die neben ihr lehnen, passen irgendwie nicht ins Bild. Nach einer Hüftoperation ist sie für einige Wochen zum Nichtstun gezwungen. Das fällt ihr sichtlich schwer, aber als Sportlerin ist sie diszipliniert genug, auf den Rat der Ärzte zu hören. Der Unterschied liegt lediglich darin, dass ihr die Disziplin beim Sport immer leichtfiel. Schwimmtraining um 6.10 Uhr? Kein Problem. "Da freue ich mich drauf und muss nicht einmal einen Wecker stellen." Aber jetzt kann sie nicht aus ihrer Haut. Wintersport schauen im TV ist nur ein schwacher Trost.

Während ihr Körper zur Ruhe verdammt ist, laufen die Gedanken umso schneller. Sie ist noch nicht fertig, sucht weiter nach Herausforderungen. Erst vergangenes Jahr hat sie mit dem Mountainbike die Alpen überquert. Für die einen ein Höllentrip, für sie Urlaub. Die Gruppe bestand zum Großteil aus Männern. Viele davon hat sie bei den Etappen hinter sich gelassen. Dass sich Tanja Schweiger im Sport gegen Männer durchsetzt, zieht sich wie ein Roter Faden durch ihr Leben.

Angefangen hat das schon in der Grundschule. Als Mitte der 1980er-Jahre noch kaum jemand Frauenfußball auf dem Schirm hatte, entschied sie: "Fußball ist mein Sport." Sie war das einzige Mädchen - und hatte nie ein Problem damit. Auch die Jungs akzeptierten Tanja. Sie war schließlich immer eine der Besten - und Spielführerin obendrein. "Ich wollte immer schon was anderes machen als alle anderen", erzählt sie.

Dann trieb sie es auf die Spitze. Sie tauchte ab in eine eigene Welt. Dieser Kosmos nennt sich Triathlon und besteht nur aus drei Dingen: Schwimmen, Radfahren und Laufen. Heute ist Triathlon längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen, damals war es dagegen eher ein Extremsport für Exoten. Durch Zufall ist sie dort hineingeglitten. Dazu brauchte es nicht viel. Nur einen Bekannten aus dem Triathlonsport, der wusste, dass Tanja Schweiger eine exzellente Schwimmerin ist. "Zuerst wollte ich nur schnuppern", erzählt sie. Doch bald kam die Langdistanz, die Königsdisziplin. Trainiert hat sie meist mit Männern. Für sie spielt das Geschlecht dabei keine Rolle. Sie will sich mit den Besten messen, "da spielt es keine Rolle ob Mann oder Frau". Tanja Schweiger hatte ein Ziel vor Augen: die Challenge in Roth 2009. Und diesem Ziel hat sie in den Monaten zuvor vieles, wenn nicht gar alles, untergeordnet. Und sie hat es geschafft. Nach 3,8 Kilometern schwimmen, 180 Kilometern Rad fahren und einem Marathonlauf überquerte sie die Ziellinie. "Es war das Geilste überhaupt", sagt sie. Genau das sind die Momente, für die sich all die Anstrengungen lohnen. Diesen Erfolg hat sie in den Jahren 2010, 2013 und 2014 bei insgesamt vier Langdistanzrennen wiederholt.

Sich ein Ziel zu setzen, daran zu arbeiten und es zu erreichen. Wenn Tanja Schweiger eine Botschaft hat, dann ist es diese. Dass sie damit auch ein Vorbild für andere ist - okay, gerne. Aber es ist nicht ihr vorrangiges Bestreben, es ist vielmehr ihre Art, ihr Auftreten, ihre Begeisterungsfähigkeit, die andere mitreißt. Als Fitness- und Schwimmtrainerin gibt sie ihr Wissen heute weiter - gerade auch an Kinder. Ein Höhepunkt jedes Jahr ist der Kindertriathlon Anfang Juli im Warmbad Irsching.

Einen Triathlon werde sie nicht mehr machen, sagt sie, zögert kurz und fügt hinzu: "Nein, eher nicht."

Das bedeutet aber nicht, dass sie ruhiger geworden wäre. Vielleicht nicht mehr so extrem wie in jüngeren Jahren, aber Ruhe gehört nicht zu ihrem Sprachgebrauch. "Ich bin heute mehr der sportliche Genießer", sagt sie. In der Realität bedeutet dass, dass sie gerne mal 15 Kilometer in die Arbeit läuft - zum Fitnesstraining wohlgemerkt. "Sport und Bewegung sind für mich einfach Lebensqualität." Als sie das sagt, fällt der Blick unwillkürlich auf die Krücken neben ihr. Die Lebensqualität leidet derzeit aufgrund ihrer Verletzung, diese auferzwungene Ruhe. So wie Tanja Schweiger spricht, könnte es die Ruhe vor dem nächsten stürmischen Abenteuer sein.