Ingolstadt
Sein Traum: Alles neu an der Donau

12.11.2010 | Stand 03.12.2020, 3:28 Uhr
Der Blick geht in eine lichte Zukunft: Alfred Lehmann im Museum für Konkrete Kunst, das eines Tages in der Gießereihalle eine neue Heimat finden soll. Davon ist der Oberbürgermeister überzeugt - Foto: Herbert −Foto: Herbert

Ingolstadt (DK) Die Schlagzeile "Wo soll das hinführen" lag noch auf dem Besprechungstisch im Rathaus-Zimmer 101, als die DK-Redakteure Eric Metzler und Reimund Herbst den OB gestern morgen zum Interview trafen.

Dabei bekannte Alfred Lehmann (CSU), die dreiteilige Reihe zur Stadtplanung habe ihm "durchaus einige Anstöße" gegeben – wenn er auch nicht alle der provokanten Thesen teile. Im Gespräch verteidigte der OB die aktuellen Pläne für das Gießereigelände, verschwieg aber auch die Probleme nicht: So gibt es noch keinen Betreiber für das Kongresshotel, wodurch der Zeitplan ins Rutschen kommen könnte. Die Öffnung zur Donau, die sich Lehmann zufolge aus der Sanierung des Dallwigk ergibt, ist damit nicht abgeschlossen: Der OB schließt eine zukünftige Bebauung des Ufers genauso wenig aus wie eine Untertunnelung der Schlosslände.
 
Herr Oberbürgermeister, Sie sind in der Halbzeit Ihrer zweiten Amtszeit. Täte da ein Befreiungsschlag nicht gut?

Alfred Lehmann: Ich denke, uns sind schon einige Befreiungsschläge gelungen, etwa bei der Hochschullandschaft. Es war ja eine bahnbrechende Entscheidung, zu sagen: Alle Studenten sollen in der Innenstadt studieren und nicht auf einem Campus. Von Zeit zu Zeit braucht die Stadt einen Impuls. Der kann durchaus vom Gießereigelände ausgehen – hier gelingt es erstmals, die historisch gesehen kleine Altstadt zu erweitern.

Für die Nutzung der Gießereihalle als Kunst- und Designmuseum liegt Ihnen jetzt eine Machbarkeitsstudie vor. Ist dort mehr als eine Verlegenheitslösung möglich?

Lehmann: Auch nach den ganzen Diskussionen der letzten Wochen stehe ich dazu: Den Dallwigk für ein Donaumuseum herzunehmen und die Gießereihalle mit einem Anbau als modernes Kunstmuseum zu nutzen, das ist die bessere Lösung im Vergleich zum Wolkenbügel oder einem Neubau am Dallwigk. Zudem entsteht ein Museumsbogen: gegenüber vom Kunstmuseum das Armeemuseum und ganz nah das Alf-Lechner-Museum. Das ist eine Konzentration, die gerade für auswärtige Besucher sehr interessant ist.

Aber fehlt da nicht die Verbindung zwischen den genannten Museen?

Lehmann: Das ist richtig. Wir wollen ja auch versuchen, die Rossmühlstraße umzugestalten, damit man alles fußläufig besser erreichen kann. Außerdem werden wir in Kürze einen sehr interessanten Impuls für das Armeemuseum bekommen, über den ich aber derzeit noch nichts Näheres sagen kann.

Sehen Sie die Pläne für das Gießereigelände auch als Beitrag, die Stadt mehr zur Donau zu öffnen?

Lehmann: Für mich wird die Donau in Zukunft eine viel größere Bedeutung haben als in der Vergangenheit. In der Nachkriegszeit hat sich alles um den Rhein konzentriert. Er hat die Staaten verbunden, die damals den Kern Europas gebildet haben. Die Donau erschließt jetzt viele Länder im zukünftigen Europa. Deshalb gibt es einen Donautag, der auch nach Ingolstadt kommen wird. Es gibt sogar Überlegungen, ein Donaufest statt eines Bürgerfests zu machen. Wir wollen also versuchen, das Thema Donau mehr ins Bewusstsein der Bevölkerung zu bringen, die Donau als etwas Bereicherndes und Positives zu sehen und nicht mehr wie in der Geschichte als Teil eines Abwehrriegels.

Aber stimmt die Reihenfolge? Wäre es nicht sinnvoller, erst baulich die Donau stärker in die Stadt hereinzuholen, bevor man ihr ein Donaumuseum überstülpt?

Lehmann: Das ist eine Vision, die viel Positives hat. Schon vor Jahren habe ich dazu Berechnungen in Auftrag gegeben, die liegen noch in meinem Schreibtisch. Aber wir müssen halt eins nach dem anderen tun. Der erste Schritt ist jetzt das Gießereigelände. Der zweite Schritt sind kleine Maßnahmen an der Donau. Wir haben mit der Landesgartenschau das südliche Ufer gestaltet, wir haben am nördlichen Ufer den Weg und die Treppen gebaut. Es wird das Donaumuseum geben. Es ist halt nicht möglich, alles auf einmal zu machen.

Und wie wäre es mit der Untertunnelung der Schlosslände als drittem Schritt?

Lehmann: Es gibt wenige Projekte, die so stadtgestaltend wären wie dieses. Das muss man prüfen, ob wir das hinkriegen. Es wäre natürlich ein Traum für Ingolstadt, eine völlig neue Struktur an der Donau zu schaffen. Wenn wir das neue Kongresszentrum am Gießereigelände haben, wenn wir die auswärtigen Gäste haben und sie durch den Museumsbogen an diese Stelle der Stadt führen, wenn wir dann das Donauufer völlig anders gestalten – dann muss man schon mal provokant fragen, ob wir es uns auf Dauer leisten können, einen der schönsten Plätze, nämlich den zwischen Schloss und Theater, als Parkplatz zu nutzen

Was wäre denn Ihre Idee für dieses Gelände?

Lehmann: Wegen des Hochwassers wäre es sehr problematisch, direkt an der Donau runter zu gehen. Aber es geht. Wir haben ja die Tiefgarage gebaut, zwar mit Riesenaufwand, aber technisch geht es. Wir müssen also erst einmal das Verkehrsproblem lösen. Die Donau liegt tief, also schaffen wir es nicht, auf gleicher Ebene an die Donau heranzukommen. Es gibt aber auch eine Alternativüberlegung auf Höhe des Gießereigeländes.

Die wäre?

Lehmann: Dort könnte man die Straße überbauen. Aber mir gefällt das Runtergehen an die Donau besser als das hohe Rübergehen, weil man sonst zu viel Abstand hat vom Wasser. Das Wasser muss richtig spürbar sein, Sie müssen das Rauschen hören, Sie müssen das Gefühl haben, am Fluss zu sein.

Das wäre mit einem Podest oder einer Terrasse ja möglich – etwa dort, wo das Hotel hin soll. Da hätte man einen wunderbaren Sitzplatz über dem Wasser.

Lehmann: So ist es. Aber ich hänge noch an dem Hotel. Ich hab jetzt einfach Angst, vorher die nächsten Themen zu bringen. Tiefgarage, Kongresszentrum, Audi-Akademie – das machen wir alles selbst, das funktioniert. Wir wissen, dass die Hochschule erweitert. Und wir haben die historischen Gebäude für die Museen, das läuft auch. Der große Knackpunkt ist im Moment das Hotel. Kongresszentrum und Hotel sind ineinander verschachtelt, und drunter ist auch noch die gemeinsame Tiefgarage. Deshalb traut sich da noch niemand dran. Aber auch, wenn wir uns schwer tun: Das Interesse von Hotelinvestoren ist wirklich da, ich habe selbst mit dreien gesprochen.

Was aber, wenn keiner unterschreibt? Könnte dann der Zeitplan fürs ganze Areal ins Rutschen kommen?

Lehmann: Durchaus. Dann müssen wir prüfen, ob das Kongresszentrum ohne Hotel daneben überhaupt Sinn macht.

Das örtliche Hotelgewerbe würde freudig "ja" rufen, weil es dauernd von einem Überangebot in Ingolstadt spricht.

Lehmann: Nun ja. Es ist noch nie ein Hotel in Ingolstadt gebaut worden unter dem Beifall der bestehenden Hotels.

Es ist also Luft für ein neues Hotel?

Lehmann: Ein Hotelinvestor investiert ja nur, wenn er davon ausgeht, dass er das wirtschaftlich betreiben kann. Jetzt bauen wir ein Kongresszentrum, wo 1000, 1500 Menschen an einer Veranstaltung teilnehmen. Wir bekommen damit Gäste in die Stadt, die sich auch auf die anderen Hotels verteilen. Wenn wir Gäste in die Stadt holen, können wir doch nicht gleichzeitig jammern, dass sich die Konkurrenzsituation verschärft.

Was sind das für Veranstaltungen, die ins Kongresszentrum kommen sollen?

Lehmann: Zurzeit gehen wir mit kleinen Kongressen in den Orbansaal oder in die Volkshochschule oder ins Stadttheater. Wir kriegen aber immer wieder Anfragen, die wir absagen müssen, weil wir die Kapazität nicht haben.

Zum Stichwort Innenstadt: Muss man die Arbeit des Vereins IN-City nicht als gescheitert ansehen, da die Unzufriedenheit allgegenwärtig ist?

Lehmann: Herr Deiser, der neue Vorsitzende, hat ein sehr ehrgeiziges Programm vorgelegt – er will allein hundert neue Mitglieder gewinnen. Wenn ihm das gelingt und frischer Wind in den Verein IN-City kommt, stellt sich die Überlegung nicht.

Ist das die letzte Chance für IN-City? Immerhin geben Sie 100 000 Euro im Jahr.

Lehmann: Jedenfalls muss man konkurrenzfähig werden zu den anderen Einkaufsmöglichkeiten wie dem Westpark.

Könnte die Stadt nicht Einfluss nehmen und einheitliche Öffnungszeiten in der Altstadt durchsetzen?

Lehmann: Wir diskutieren dieses Thema wirklich seit 15 Jahren. Bei einzelnen Gewerbetreibenden kommen sie einfach nicht weiter. Der Unterschied zu einem Einkaufszentrum: Der Einzelne zieht dort ein und unterschreibt, dass er die Öffnungszeiten einhält. Das können Sie in der Innenstadt nicht lösen.

Und wie sieht es mit einem Lebensmittelmarkt in der Innenstadt aus?

Lehmann: Ein Großer, dessen Namen ich noch nicht nennen kann, versucht gerade, in die Theresienstraße nahe des Münsters zu gehen.

Wird es privaten Bauherren und Investoren im Wohnungsbau in der Innenstadt unnötig schwer gemacht?

Lehmann: Wir müssen versuchen, ein bisschen offener und großzügiger zu werden. Wir sind bisher sehr wenig bereit zu mutigen Veränderungen – und fragen: Ist nicht eine gewisse Bebauung des Donauufers möglich?



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