Ingolstadt
Erst Bier, dann Luxuswohnungen

Auf dem früheren Ingobräu-Gelände kehrt Leben ein – Rewe-Markt öffnet am morgigen Donnerstag

06.10.2015 | Stand 02.12.2020, 20:43 Uhr

Markanter Innenhof: Aus der Luft sind die Neubauten auf dem Ingobräu-Gelände gut zu erkennen - Foto: Schalles

Ingolstadt (DK) Über Jahrhunderte hinweg wurde auf dem Areal Bier gebraut. Jetzt ist das 10 000 Quadratmeter umfassende ehemalige Ingobräu-Gelände zwischen Harderstraße, Adolf-Kolping-Straße und Unterem Graben ein attraktives Quartier für Läden und Luxuswohnungen. Morgen öffnet dort der neue Rewe-Markt.

„Wir setzen auf die Innenstadt hier“, sagt Günther Meyer, Bezirksmanager bei der Rewe-Gruppe. Auf 1200 Quadratmeter Verkaufsfläche bietet der Supermarkt im einstigen Hahnenhof ab morgen das volle Sortiment. Und das ohne einen einzigen Parkplatz. Meyer hofft auf Fußgänger. Schüler, die Mitarbeiter von Behörden, die Bewohner der allein auf dem früheren Ingobräu-Gelände entstehenden rund 150 Wohnungen – sie alle seien potenzielle Kunden, wie er betont. So hat Rewe, wenngleich unter dem Komplex 250 Tiefgaragen-Parkplätze vorhanden wären, auf die Anmietung von Parkplätzen verzichtet. „Unsere Philosophie ist es, Nahversorger mit Vollsortiment zu sein“, betont Marktleiterin Margit Auer. Am Donnerstag ab 7 Uhr warten sie und ihre 25 Mitarbeiter auf die ersten Kunden. Einen Laden mit Stehcafé gleich nebenan hat Rewe an die Bäckerei Heckl aus Rennertshofen untervermietet.

Bislang haben sich nur Edeka Wendler an der Theresienstraße und der Discounter Norma an der Harderstraße in ähnlicher Weise in die Innenstadt gewagt. Doch die Zeiten, in denen das Einkaufen ausschließlich auf der grünen Wiese als attraktiv galt, scheinen vorbei zu sein. „Immer mehr junge Leute wollen in der Stadt leben. Sie sind unser Zielpublikum“, sagt Meyer. Denn bislang ist es in Innenstadtlage nicht einfach, Lebensmittel zu kaufen.

Und Wohnungen in bester Lage gibt es allein auf dem früheren Ingobräu-Gelände zuhauf – vorausgesetzt, man verfügt über das nötige Kleingeld. Denn die Quadratmeterpreise für die luxuriösen Eigentumswohnungen liegen zwischen 3100 und 4600 Euro, verrät Richard Jofer von der Conterra-Immobiliengruppe, die das Gelände gekauft und überbaut hat. Etwa 60 Wohnungen hat sich der Investor zurückbehalten, um sie zu vermieten – der Quadratmeter für um die zwölf Euro. Der Rest sind Eigentumswohnungen. Ein großer Teil davon ist verkauft. Selbst im dritten und letzten Bauabschnitt, dem Brunnenhof, der erst nächstes Jahr bezogen werden kann, sind nur noch etwa 20 Wohneinheiten zu haben. Viele der zum Teil recht dicht bebauten Objekte im ehemaligen Hahnenhof und im einstigen, der Adolf-Kolping-Straße zugewandten Bräuhaus sind schon bezogen. Sie bewegen sich in einer Größenordnung vom Einzimmerappartement bis zur 180-Quadratmeter-Wohnung. Was fast alle Wohnungen in den oberen Etagen eint: ein beeindruckender Blick über die Altstadt. Doch der will bezahlt sein.

So kommt eine rund 180 Quadratmeter umfassende Maisonettewohnung im fünften Stock, deren Dachterrasse mit 70 Quadratmetern größer ist als manche Wohnung, auf rund 800 000 Euro. Die teuerste Wohnung, erklärt Jofer auf Nachfrage, lag bei etwas über einer Million Euro. „Da wurden zwei Wohnungen zusammengelegt.“

Zwischen 80 und 120 Quadratmeter groß sind die Loftwohnungen, die im unter Denkmalschutz stehenden früheren Sudhaus entstanden und allesamt verkauft sind. Bauherr Conterra hat das Sudhaus 2012 an die Firma Dolphin Kapital mit Sitz in Hannover verkauft. Der Ingolstädter Hans-Georg Schweiger hat sich hier einen Traum verwirklicht. Er lebt seit Mai in einer 154 Quadratmeter großen Erdgeschosswohnung. „Als alter Ingolstädter wollte ich was Denkmalgeschütztes“, sagt der 38-Jährige, der als Professor für Elektrotechnik an der Technischen Hochschule tätig ist. Als er die Wohnung erworben hat, stand noch das Sudkesselfundament. Die Innenwände waren da noch gar nicht drin.

Heute stehen im Eingangsbereich gusseiserne Transmissionsräder. Schweiger hat das mit Riemen angetriebene Teil einer Dampfmaschine in der ehemaligen Getreidemühle entdeckt und den früheren Bauleiter gefragt, ob er es haben könne. Jetzt steht es wie ein Kunstwerk vor einem der riesigen Fenster. Eine Wendeltreppe führt ins Obergeschoss.

Doch richtig genießen kann Schweiger sein neues Zuhause erst, wenn alle Bauarbeiten abgeschlossen sind. Das Treppenhaus ist noch nicht fertig. Und in seiner Wohnung müssen noch ein paar „Kinderkrankheiten“ geheilt werden. Im Arbeitszimmer etwa löst sich das Parkett. Es muss erneuert werden. Schweiger muss den Raum dazu leer räumen. Aber was tut man nicht alles für eine denkmalgeschützte Loftwohnung im Herzen der Stadt.