Ingolstadt
Heiliger Zorn

An der Fassade des Springl-Hauses gibt ein frecher Florian Rätsel auf

08.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:29 Uhr

Parteiischer Patron: Seit 1919 gehört das Handwerkerhaus an der Schleifmühle der Familie Springl. Wie seine Vorfahren ist auch Peter Springl bei der Feuerwehr engagiert. Das Haus und auch den Familiengrabstein ziert deswegen der heilige Florian, Schutzpatron der Feuerwehren. In dem Bild ist eine Anekdote versteckt: Der Heilige stößt auf dem Bild mit dem rechten Fuß einen Behördenvertreter in die Schutter - Fotos: Hauser

Ingolstadt (DK) Darstellungen des heiligen Florian zieren immer wieder Häuserfassaden. In Ingolstadt allerdings zeigt der Schutzpatron in einem Fall ein für einen Heiligen eher untypisches Verhalten, indem er einem Behördenvertreter etwas unsanft zu einem Bad in der Schutter verhilft.

Der Märtyrer Florian von Lorch ist im Jahr 304 im Zuge der Christenverfolgung in Österreich getötet worden. Der römische Soldat hatte sich für seine verfolgten Glaubensbrüder eingesetzt. Im Laufe der Jahrhunderte wurde Florian erst heiliggesprochen und schließlich ein Schutzpatron der Bäcker, Bierbrauer, Gärtner und Schornsteinfeger. Vor allem aber haben ihn die Feuerwehren zu ihrem Patron gemacht. Meist wird er als römischer Legionär dargestellt, der seine Hand schützend über ein Haus hält oder ein brennendes Gebäude mit Wasser aus einer Kanne löscht. Zum geflügelten Wort ist das Florians-Prinzip geworden. Ein ironisches Stoßgebet mit einer etwas zweifelhaften Bitte: „Heiliger St. Florian, verschon’ mein Haus, zünd’ and’re an.“

Dass ein Florian auch an der Fassade des renovierten Handwerkerhauses mit dem markanten Giebel an der Schleifmühle prangt, verwundert nicht. Schließlich wohnt und arbeitet hier Peter Springl, Vorsitzender der Freiwilligen Feuerwehr Ingolstadt Mitte. Er folgt damit einer Familientradition. „Die Springls sind seit Menschengedenken bei der Feuerwehr“, erklärt Peter Springl. Tatsächlich ziert sogar den Stein des Familiengrabes eine Darstellung des Feuerwehr-Patrons.

Der Florian am Springl-Haus ist allerdings anders als andere. Wer genau hinsieht, erkennt, dass vor dem dargestellten Haus noch die Schutter fließt, so wie es Ende des 15. Jahrhunderts, als das Haus gebaut wurde, der Fall war. Vermutlich hat es ein Gerber errichtet, der für sein Handwerk auf einen Wasserlauf angewiesen war. In den Stadtfluss stürzt, angeschoben vom rechten Fuß Florians, ein Mann im Anzug, ausgerüstet mit Formularen und einem Stift. Ein Beamter offenbar, der hier von dem Heiligen eine Abkühlung erhält.

Das Bild geht auf einige „Hackeleien“ zurück, die Springl während der Sanierung des Hauses mit der Unteren Denkmalschutzbehörde und dem Landesamt für Denkmalschutz hatte, erläutert er. 1919 hatte die Familie das Gebäude für 22 200 Mark gekauft, rund 80 Jahre später machte sich Peter Springl an die Sanierung. Wie so oft gab es während der Arbeiten immer wieder Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Bauherrn und Vertretern der Behörden. Springl spricht von einem „gewissen natürlichen Zoff“. Vor allem mit einem städtischen Mitarbeiter gab es regelmäßig Diskussionen. Wer es war, wird nicht verraten. „Er ist schon länger im Ruhestand“, versichert Springl.

Sigmund Reischel, damals Vorsitzender der Feuerwehr und Freizeitmaler, hörte von dem Händel, den Springl mit dem Amt hatte, und schlug ihm deswegen das außergewöhnliche Florianbild als Wandschmuck vor. „Ich hab sofort gesagt: ,Das machen wir’“, erinnert sich Springl. Reischel begann zu malen und das Gemälde wurde schließlich in den Fassadenputz integriert.

Mittlerweile ist der Ärger längst verflogen. Die Renovierung des Hauses wird allenthalben gelobt und auch der Streit ist ausgestanden. „Wir grüßen uns freundlich, wenn wir uns in der Stadt treffen“, sagt Springl über seinen einstigen Diskussionspartner. Die heilige Abkühlung hat offenbar gewirkt.