Ingolstadt
Auf die lange Bank geschoben

Stadträte können sich nicht entscheiden, ob sie Tropenholz für die Möbel in der Fußgängerzone nehmen

07.05.2012 | Stand 03.12.2020, 1:31 Uhr

Sitzprobe mit Tageszeitung: Dem OB gefallen die neuen Bänke, aber zu einem Votum über das Holz konnte er seine Stadtratskollegen gestern noch nicht motivieren. Archivfoto: Metzler

Ingolstadt (DK) Bei Grundsatzfragen, die schon leicht ins Moralisch-Ideologische gehen, gibt sogar die Fraktion der CSU die Abstimmung frei. So wie gestern im Stadtentwicklungsausschuss. Da wurde zwar letztlich doch nichts entschieden, aber lange gestritten über Tropenholz in der Fußgängerzone.

Das Thema ist bei den Ingolstädtern sattsam bekannt. Sie konnten bereits probesitzen und die neuen Bänke in der Ludwigstraße begutachten. Das Design scheint die meisten Leute überzeugt zu haben. Wenn nur diese Materialfrage nicht wäre! Allein die Ankündigung, dass die Stadtplaner Kambala-Tropenholz nehmen wollen, erzeugte eine Flut von Protestmails aus ganz Deutschland. Gestern stellte Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle im Ausschuss den weiteren Fahrplan für die Neugestaltung der Fußgängerzone vor. Dazu gehört die Erneuerung der Leuchten und der Abfalleimer, vor allem aber der Sitzmöbel.

„Wir wollen ein absolut hochwertiges Produkt“, schickte die Referentin voraus. In ihrem Antrag wird für Bänke „aus FSC-Kambalaholz oder Douglasie lasiert“ plädiert. Kostenpunkt: insgesamt gut eine Viertelmillion Euro. „Auch die Unterhaltskosten sind für uns wichtig“, betonte Preßlein-Lehle. So müsse etwa mehrfach lasiertes Holz als Sondermüll entsorgt und dürfe nicht einfach verbrannt werden.

Als Fachmann stand dem Stadtratsgremium Alexander Beyer Rede und Antwort, Vertriebsleiter der von der Stadt favorisierten Lieferfirma Nusser. „Wir haben uns für FSC entschieden“, bekräftigte er den Wert dieser Zertifizierung (Forest Stewardship Council), denn nur dadurch werde eine „nachhaltige und ökologische Holzbewirtschaftung“ gesichert. Mit Hilfe dieses Gütesiegels könne auch der „illegale Holzeinschlag eingedämmt“ werden, erklärte Beyer, der die vorausgehenden Proteste gegen FSC als „teilweise nicht auf sachlicher Ebene“ bezeichnete.

Wie schwer sich auch die CSU-Fraktion mit dieser Entscheidung tut, war ihrem Ausschusssprecher Hans Achhammer anzumerken. „Wir haben kontrovers diskutiert“, gestand er, „ich spreche nur für mich allein.“ Sein Beitrag zur Debatte bestand aus einem Stück Robinienholz, das er mitgebracht hatte. Doch Experte Beyer riet von Robinie ab, weil es „stark zum Reißen“ neige.

Allein schon wegen des drohenden Imageschadens für die Stadt, warnte Angelika Wegener-Hüssen (Grüne), sollte kein Tropenholz für die Bänke verwendet werden. „Das ist einfach nicht mehr zeitgemäß“, zumal das FSC-Siegel mittlerweile „stark in Verruf geraten“ sei. Auch Franz Hofmaier (ÖDP) machte sich für „deutsches oder europäisches Holz“ stark.

Einig war sich die Stadtratsrunde darin, dass sie über dieses heikle Thema lieber doch noch nicht abstimmen wolle, sondern erst in der Vollversammlung am 24. Mai. Nur Oberbürgermeister Alfred Lehmann reagierte ungehalten auf die zögerliche Politik. „Irgendwo“, quittierte er die Verschiebung, „muss der Ausschuss auch mal in der Lage sein, eine Entscheidung zu treffen.“