Ingolstadt
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24.05.2011 | Stand 03.12.2020, 2:47 Uhr

Sind die Tage doch gezählt? Die Stadt hat im vorigen Jahr die Abbruchgenehmigung für Körnermagazin und Artillerieremise verweigert, weil das Landesamt die historischen Gebäude an der Esplanade als Denkmäler eingestuft hatte. Das Verwaltungsgericht München kam jetzt zu dem Urteil: nicht denkmalschutzwürdig. - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Neuerliche Kehrtwende in Sachen Körnermagazin und Artillerieremise: Die Gebäude sind nicht denkmalschutzwürdig, hat jetzt das Verwaltungsgericht München entschieden. Im Klartext: Einem Abbruch stünde nichts mehr im Wege, sollte das Urteil in einigen Wochen rechtskräftig werden.

Mit düsterer Miene gestand Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle gestern die Niederlage ein. Den Beschluss der Stadt im vorigen Jahr, den Abriss von Körnermagazin und Artillerieremise gleich neben dem Lechner-Museum an der Esplanade nicht zu genehmigen, hat das Gericht aufgehoben. "Der Bescheid der Stadt ist damit hinfällig", sagte Preßlein-Lehle.
 

Die schriftliche Begründung des Urteils wird erst in vier bis sechs Wochen vorliegen. Richterin Cornelia Dürig-Friedl nannte am Telefon schon mal die Hauptgründe, warum Bayerns erster und einziger Eisenbetonbau von 1908 (Getreidemagazin) und die Remise von 1890 nicht als Denkmäler einzustufen seien: "Der Erhaltungszustand ist übel, und die Gebäude wurden 50 Jahre lang anders genutzt und gewaltig umgebaut." Dem Gericht lag neben der Einschätzung des Landesamts für Denkmalpflege die Bewertung eines Gutachters vor, der laut Dürig-Friedl nicht aus Bayern kommt. Dem hatte der Eigentümer und Kläger, die Jürgen-Kellerhals-Vermögensverwaltung (JKV), den Auftrag erteilt. Außerdem hatte das Gericht in der vergangenen Woche die Gebäude selbst in Augenschein genommen.

Überrascht zeigte sich Generalkonservator Egon Johannes Greipl vom Landesamt, der im vorigen Jahr für den Eintrag in die Denkmalliste verantwortlich zeichnete. "Die Zuständigkeit für die Beurteilung liegt bei der staatlichen Fachbehörde", gab er zu verstehen. Weiter wollte er die Sache nicht kommentieren, da ihm bislang keine Informationen vorlägen.

Auch Stadtheimatpfleger Tobias Schönauer reagierte verwundert: "Damit setzt sich das Gericht über die Entscheidung des Landesamts hinweg", meinte er und hält die Aussage, die Gebäude seien keine Denkmäler, für "problematisch". Das Körnermagazin habe "Charaktereigenschaften, die es einmalig machen". Historische Bausubstanz, die Industrie- und Festungsgeschichte der Stadt dokumentiere, müsse doch erhalten werden. Aber auch Schönauer will für eine genauere Beurteilung die Details des Gerichts abwarten.

Die Stadt will ebenfalls zunächst die Urteilsbegründung vorliegen haben, ehe sie eine Berufung beim Verwaltungsgerichtshof in Erwägung zieht. Die müsste binnen Monatsfrist nach Zustellung eingereicht werden. "Außerdem erwarten wir eine Stellungnahme vom Landesamt für Denkmalpflege", machte Sprecher Gerd Treffer deutlich.

Eine Reaktion der JKV auf die neue Wendung war gestern nicht zu erhalten. Sie hatte im vergangenen Jahr den Mietern des Körnermagazins, vorwiegend Kunstschaffende, wegen feuerpolizeilicher Anweisungen gekündigt und bei der Stadt einen Abbruchantrag eingereicht. Auf dem Gelände sollte ein Hotel- und Geschäftshaus entstehen (Stand Oktober 2010). Vor allem der ehemalige Stadtheimatpfleger Christian Dittmar setzte sich engagiert für die Zeugnisse der Industriegeschichte ein und beantragte die Überprüfung. Der Freundeskreis Industriekultur sammelte Unterschriften. Die Grünen forderten eine Überplanung des gesamten Areals. Als der Bescheid des Landesamts vorlag, verweigerte die Stadt die Abrissgenehmigung. Die JKV reichte Klage ein.