Ingolstadt
Wo der Schwedenschimmel fiel

Skulpturen-Gruppe von Ariana Keßler soll an Krieg und Elend erinnern

24.11.2011 | Stand 03.12.2020, 2:07 Uhr

Große Vorfreude vor kleinem Modell: Im Maßstab 1:17 wurde das Kunstwerk von Ariana Keßler schon mal auf dem Platz an der Münchener Straße aufgestellt. Wie BZA-Vorsitzender Martin Dick ankündigt, wird das Areal außerdem einen neuen Untergrund bekommen und mit Hecken gesäumt - Foto: Strisch

Ingolstadt (DK) Ein Kunstwerk samt Brunnen wird ab dem kommenden Jahr den Schimmelplatz an der Münchener Straße zieren. Damit soll der historische Ort mehr ins Bewusstsein der Schanzer gerückt werden. Wie bei moderner Kunst üblich, gibt es Kritik und Lob für den Entwurf von Ariana Keßler.

Sehr einladend sieht er nicht gerade aus der kleine Platz an der Ecke Windberger- / Münchener Straße. Vor allem jetzt im Herbst. Laub und Müll liegen auf dem Kies. Dabei ist dieser Platz ein historischer Ort. Über 300 Jahre diente das Areal den Schanzern als Hinrichtungsstätte. Hier liegt auch die Stelle, an der der Schimmel unter dem Schwedenkönig Gustav Adolf bei der Belagerung Ingolstadts 1632 zusammenbrach, getroffen von einem Geschoss der Verteidiger. „Schimmelplatz“ nennen manche Schanzer den Flecken deswegen bis heute.

Martin Dick ist seit 21 Jahren im Bezirksausschuss (BZA) Münchener Straße aktiv. „Genauso lang gibt es die Diskussion um die Gestaltung des Platzes“, sagt er. Die hat jetzt ein Ende. Im März 2009 fiel der Beschluss, Mittel des Bürgerhaushaltes für die Errichtung eines Brunnens zu investieren. Aus den vier eingereichten Gestaltungsvorschlägen hat auf der Sitzung am 8. November der Entwurf der Eichstätter Künstlerin Ariana Keßler die Mehrheit bekommen.

Keßlers Entwurf sieht fünf Elemente aus heimischem Jura vor. Ein liegender, ansteigender Quader mit Hufeisenabdrücken symbolisiert die heranstürmenden Schweden. Eine aufliegende rote Platte aus schwedischem Halmstad-Granit steht für Gustav Adolf. Eine 2,5 Meter hohe Stele mit Kugel an der Spitze versinnbildlicht den Galgenbaum, der einst hier stand und das für Gustav Adolfs Pferd tödliche Geschoss. „Die Kugel kann aber auch für die Welt stehen, und damit als ein Symbol für den Krieg an sich gelten“, erklärt Keßler. Eingravierte Striche und die Jahreszahlen 1585 bis 1808 stehen für die ungezählten Menschen, die hier hingerichtet wurden.

Nach dem Beschuss entschied sich der Schwedenkönig seinerzeit für einen schnellen Rückzug. Der wird bei Keßler durch einen steil abfallenden, kurzen Keil angedeutet, auf dem eine Krone aus schwarzem, schwedischem Granit ruht.

Ergänzt wird das Ensemble von einem organischen Würfel, der als Quellstein mit plätscherndem Wasser die Donau nachempfindet und einer Steinbank. Separater Brunnen und Bank waren von der Künstlerin ursprünglich nicht vorgesehen, wurden aber auf Wunsch des BZA in Absprache mit Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle ergänzt.

Um die Ideen hinter dem Kunstwerk zu erklären, sind Informationstafeln geplant, sagt Dick. Insgesamt sind für das Werk 30 000 Euro veranschlagt. Dazu kommen die Brunnentechnik und die Umgestaltung des gesamten Platzes. Den Etat des Bürgerhaushalts wird das wohl sprengen, die Stadtverwaltung hat aber bereits finanzielle Unterstützung signalisiert.

„Es ist toll, dass an der Stelle mal etwas gemacht wird“, findet Hans Eckl, der wenige Meter vom Standort des Kunstwerks das Café „Schwedenschimmel“ betreibt. Mit dem Entwurf von BZA und Ariana Keßler will er sich allerdings nicht so richtig anfreunden. Er hätte sich eine „großstädterische Lösung“ gewünscht, sagt er. Er hätte an der Stelle gerne eine richtig große Skulptur gesehen, die auch erkennbar ist, wenn man mit dem Auto auf der Münchener Straße vorbeifährt. Eine Bank mit Brunnen hält er für eher ungeeignet. „Es wird nicht gelingen, an dieser Stelle einen gemütlichen Platz zum Verweilen zu schaffen“, ist er überzeugt. Dennoch ist auch er der Meinung, dass jede Veränderung dem vernachlässigten Areal gut tut. „Über Kunst lässt sich dann immer streiten“, sagt er.

Völlig begeistert von dem Entwurf ist dagegen die Wahl-Ingolstädterin Christina Loquai. Mit Blick auf Keßlers Modell lobt sie, dass „in Ingolstadt auch mal was anderes gezeigt wird als das Reinheitsgebot und Ludwig der Gebartete.“ Für sie ist es deswegen völlig klar, dass zur Eröffnung des Kunstwerks im nächsten Jahr das schwedische Konsulat oder der Botschafter eingeladen werden muss.