Ingolstadt
"Wirklich schlimm ist nur, dass er gelogen hat"

22.04.2010 | Stand 03.12.2020, 4:05 Uhr

Ingolstadt (DK) Das Rücktrittsangebot von Bischof Walter Mixa betrifft mit St. Blasius in Zuchering auch eine Pfarrei in Ingolstadt. Sie gehört mit ihren Filialen in Hagau und Winden als einzige in der Stadt nicht zum Bistum Eichstätt, sondern zu Augsburg.

Eine Gruppe von Senioren, die zur Mittagszeit vor der Kirche auf einen Bus für einen Ausflug nach Altmannstein wartet, kreidet ihm nicht nicht einmal die angeblichen Prügeleien am meisten an. "Geschlagen worden ist früher doch überall", sagt eine Rentnerin. "Wirklich schlimm ist nur, dass er gelogen hat." Ein früheres Pfarrgemeinderatsmitglied sieht das ähnlich: "Ich kann doch nicht auf der Kanzel predigen, dass man das nicht tut, und dann selber lügen."

 
In der Kirche steht derweil eine 69-jährige Ingolstädterin und zündet drei Kerzen für ihre Familie, aber auch andere Menschen an, denen sie Gottes Hilfe wünscht. Sie ist eine bodenständige, weit gereiste und offene Frau. Ihren Glauben können die jüngsten Vorgänge im Bistum Augsburg nicht erschüttern. Gleichwohl fehlt ihr jedes Verständnis für das Verhalten des Augsburger Bischofs. "Das war schon ein bisschen mau. Dabei hätte er das gar nicht nötig gehabt", findet sie. "Er hat doch eine Vorbildfunktion, wenn er dieses Amt innehat." Heutzutage werde viel gerüttelt am Bild der Kirche, sagt sie. Aber sie werde dringender denn je gebraucht, "weil die Menschen in diesen Zeiten Halt suchen."

Pfarrer Rossipal mag noch immer nicht glauben, dass Walter Mixa körperliche Gewalt gegenüber Kindern angewandt haben soll. Er kennt den Bischof persönlich, während seines dreimonatigen Diakonatspraktikums hat er ihn täglich begleitet – "von sechs Uhr früh bis nachts um elf. Da wäre mir doch aufgefallen, wenn er solche Wesenszüge hätte." Von Übergriffen habe er nie etwas mitbekommen, das Gegenteil sei der Fall gewesen: "Er ist mir wegen seines väterlich-freundschaftlichen Umgangs mit Jugendlichen aufgefallen." Und selbst wenn an den Vorwürfen etwas dran sein sollte, hält Rossipal es mit christlichen Werten: "Jeder Mensch hat ein Anrecht auf Vergebung, auch ein Bischof." Mixa habe gute Arbeit für das Bistum geleistet und sei nicht nur bei den Gläubigen sehr beliebt gewesen. "Er ist der angenehmste Chef, den ich bisher hatte. Dieses Ende tut mir sehr leid."

Als "bitter" für den Betroffenen bezeichnet Stadtdekan Bernhard Oswald die Entwicklung. Die Schlagzeilen um den Bischof hätten aber der Kirche in ganz Deutschland geschadet. Deshalb sei der eingeschlagene Weg zu begrüßen, um wieder in ruhigeres Fahrwasser zu kommen. Andernfalls wäre das Vertrauen in die Kirche wohl nachhaltig geschädigt worden.