Ingolstadt
Weltweites Lebensmittel-Monopol

Ruf nach Agrarwende beim "March Against Monsanto" auf dem Paradeplatz Volksbegehren gegen CETA geplant

22.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:47 Uhr

Gegen TTIP, Gentechnik und Glyphosat: Lisa Munz aus Reichertshofen, der Linke Roland Keller aus Neuburg, Roland Meier vom Cannabis Social Club Ingolstadt, die Grünen-Landtagsabgeordnete Gisela Sengl, Linken-Bundestagsabgeordnete Eva Bulling-Schröter, Grünen-Bezirksrat Joachim Siebler und die frühere Grünen-Stadträtin Angelika Wegener-Hüssen (von links). - Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Wirklich appetitlich sieht es nicht aus, das traurig dreinblickende rosa Hühnchen aus Pappe. "Ich heiße Chlor und ich bin voraussichtlich noch das Harmloseste, das Dich erwarten wird." Die Aufschrift erklärt, warum das Papphuhn aufrütteln, statt Gelüste auf Hähnchenfleisch wecken soll.

Es ist der Protest gegen das Freihandelsabkommen TTIP, über das "Monsanto & Co versuchen, ihre in Deutschland und der EU bislang verbotenen Produkte auf unsere Speisekarte zu setzen", wie Roland Meier vom Cannabis Social Club Ingolstadt als Vertreter "einer Gruppe engagierter Bürger" im Rahmen des weltweiten Aktionstages "March Against Monsanto" auf dem Paradeplatz erklärt.

Grüne, die Linke, aber auch die V-Partei, eine Partei für Veränderung, Vegetarier und Veganer, sowie örtliche Aktionsgruppen haben sich eingefunden, um der Gentechnikindustrie mit Worten und Livemusik den Kampf anzusagen. Mit Worten taten dies vor allem die Bundestagsabgeordnete der Linken, Eva Bulling-Schröter, und die agrarpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bundnis 90/Die Grünen, Gisela Sengl. "Was hier im Augenblick passiert, ist eine große Gefahr", leitet Sengl auf das Interesse des Bayer-Konzerns über, Monsanto, den größten Hersteller für genmanipuliertes Saatgut und die benötigte Agro-Chemie, zu übernehmen. Damit wäre Monsanto "kein böser amerikanischer Konzern", sondern "ein Qualitätskonzern aus Deutschland", der für Arbeitsplätze und Wohlstand sorge und "die Gentechnik reinwaschen soll". "Gegen diesen Beschiss müssen wir aufstehen." Sengl forderte eine Agrarwende. Statt einer hoch technisierten Agrarindustrie brauche man "eine ökologische ohne Chemie, Gifte und Gentechnik". "Ackergifte und Gentechnik haben in Bayern nichts verloren." Konventionell hergestellte Lebensmittel seien "nur scheinbar billig". Die Folgen seien "teuer für alle".

Auch Linken-Bundestagsabgeordnete Eva Bulling-Schröter geißelte die mögliche Fusion Bayers mit Monsanto. "Bei einem Abschluss würde der mit Abstand größte Agro-Multi der Welt entstehen mit schlimmen Folgen für die Landwirte, die Natur, die Verbraucher und die Beschäftigten." "Wer das Saatgut kontrolliert, beherrscht die Welt", zitierte sie den früheren amerikanischen Außenminister Henry Kissinger. Durch die Übernahme drohe ein weltweites Lebensmittel-Monopol.

Schon jetzt befinde sich der globale Agrarmarkt in den Händen einiger weniger Unternehmen. "Hatten 1985 die zehn größten Anbieter von Saatgut zusammen noch einen Marktanteil von rund 12,5 Prozent, so kamen Bayer, BASF, Dupont, Monsanto, Syngenta & Co. 2011 schon auf 75,3 Prozent. Gesundheitsschädliche Pestizide wie Bayers Glufosinat oder Monsantos Glyphosat stammten bereits aus den 1970er-Jahren, betonte Bulling-Schröter. Neue Herbizide hätten die Konzerne "wegen der übersichtlichen Marktverhältnisse seit Urzeiten nicht mehr entwickelt".

Gegen das geplante Freihandelsabkommen der EU mit Kanada (CETA) will ein Bündnis in Bayern ein Volksbegehren initiieren. Dazu sollen an einem Aktionstag im Juli, an dem eine Großdemonstration in München oder Nürnberg geplant sei, 25 000 Unterschriften gesammelt werden.

Unter den Bürgern, die sich auf dem Paradeplatz informierten, war auch eine pensionierte Führungskraft des Ingolstädter Landwirtschaftsamts. Und der Veganer Jürgen Schulze. Auch er wollte "gegen Glyphosat im Essen und im Urin in Ingolstadt Flagge zeigen".