Ingolstadt
Tödliche Fehltritte

Auf dem Weg zum Auwaldsee stellt die A9 für Entenküken ein unüberwindliches Hindernis dar

30.05.2012 | Stand 03.12.2020, 1:26 Uhr

Unweit des Badeidylls verläuft die A9. Es kommt vor, dass Enten auf dem Weg zum Auwaldsee von Autos getötet werden. Dennoch verzeichnet die Polizei an der Stelle nicht mehr Unfälle als anderswo. Eine Möglichkeit, Enten den Weg über die Fahrbahn zu verwehren, sei ohnehin schwierig, heißt es - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Das Schicksal einer Entenfamilie, die auf der A9 bei Ingolstadt ein abruptes Ende fand, beschäftigt eine Autofahrerin derart, dass sie Konsequenzen fordert. Polizei und Naturexperten sprechen jedoch von einem bedauerlichen Einzelfall. Ein Wildzaun oder Vergrämungsmaßnahmen seien unnötig.

Der Schreck ist Inge Pollaschek gehörig in die Glieder gefahren. Die Maisacherin war Anfang Mai auf der A9 Richtung München unterwegs, als sie auf Höhe der Anschlussstelle Ingolstadt Süd eine Entenmutter mit ihren Jungen beobachtete, die über die Fahrbahn watschelten und im Mittelstreifen der Autobahn Unterschlupf suchten. „Ich rief sofort den Notruf der Polizei an, fuhr dann bei der nächsten Ausfahrt (Manching) raus und wieder zurück Richtung Nürnberg.“ An der fraglichen Stelle lagen die Ente und einige Küken bereits tot auf der Fahrbahn, berichtet Pollaschek.

In der Hoffnung, wenigstens die noch lebenden Küken retten zu können, verließ die Autofahrerin in Ingolstadt Nord abermals die Autobahn und traf in einer Bäckerei – in der sie nach der nächsten Polizeistation fragen wollte – zufällig eine Polizistin. Die habe berichtet, dass alle Enten tot seien und das Problem an der Stelle wegen des nahe gelegenen Auwaldsees bekannt sei. Immer wieder würden Enten westlich der Autobahn brüten und dann versuchen, den Auwaldsee auf der anderen Seite zu erreichen. Meist ohne Erfolg.

Pollaschek wandte sich per Mail an regionale und überregionale Politiker, Umweltverbände, Tierschützer und Medien. „Hier muss etwas getan werden“, befand sie. Sie fordert einen Wildzaun oder Vergrämungsmaßnahmen. „Ich komme selbst und helfe mit.“

Michael Huber, der stellvertretende Leiter der Verkehrspolizei Ingolstadt, verfolgt die Einsätze auf der A9 seit Jahren. „Es gibt an der Stelle keine Häufung“, versichert er. Auch bei Manching und Baar-Ebenhausen, wo ebenfalls Gewässer nah an die Autobahn heranreichen, gebe es nicht mehr Unfälle mit Wasservögeln als anderswo. „Wir haben viel häufiger Zusammenstöße mit Wild, etwa am Kindinger Berg.“ Ohne den Enten-Fall zu verharmlosen, seien solche Vorkommnisse auch in Sachen Verkehrssicherheit das größere Problem. Handlungsbedarf sieht er am Auwaldsee deswegen nicht. Andreas Naumann vom städtischen Forstamt stößt in das gleiche Horn. Ein Wildzaun könne kleine Enten ohnehin nicht aufhalten, und selbst wenn er engmaschig wäre, marschierten die Vögel einfach so lange an dem Hindernis entlang, bis sich eine Lücke auftut. Enten den Brutplatz auf der „falschen“ Seite der Autobahn mit Lärm oder Licht zu vermiesen, sei schwierig, da Stockenten so an Menschen gewohnt seien, dass sie sich kaum stören ließen.

Bliebe nur das Umsetzen eines potenziell gefährlichen Nestes. Dazu müsste es erst einmal gefunden werden, was ständige Kontrollgänge erfordern würde, sagt Georgine Müller, die Leiterin der Ingolstädter Bund Naturschutzgruppe. Eine solche Aktion müsste außerdem konsequenterweise entlang der gesamten Autobahn gestartet werden. Das allerdings ist unmöglich. Auch Müller weiß nichts von einem grundsätzlichen Entenproblem an dem Autobahnabschnitt. Das Schicksal der Entenfamilie sei wohl ein „bedauerlicher Einzelfall“ gewesen.