Ingolstadt
Bäumler-Prozess zieht sich

Landgericht lässt nach Millionenklage ein Insolvenzgutachten erstellen

04.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:51 Uhr

Ingolstadt (DK) Die Geschichte eines der längsten und sicherlich auch umfangreichsten Verfahren am Ingolstädter Landgericht wird immer weiter gesponnen. Mindestens Ende dieses Jahres wird es werden, bis sich die Handelskammer mit vielleicht bahnbrechenden Erkenntnissen in der Millionenklage gegen die letzten Chefs des Herrenausstatters Bäumler beschäftigen kann.

Der Vorsitzende Richter Konrad Kliegl verkündete jetzt, dass das Gericht ein eigenes Insolvenzgutachten anfertigen lässt. Der Inhalt: ob und wann das traditionsreiche Unternehmen im Sommer 2009 bereits zahlungsunfähig beziehungsweise überschuldet war, ehe die Vorstände am 10. September zum Amtsgericht marschierten und den Insolvenzantrag stellten.

Seit September 2013 verhandelt das Landgericht über die Millionenklage des Insolvenzverwalters Martin Prager. Der Sanierungsexperte konnte Bäumler zwar nicht retten, trachtet dem damaligen Führungsduo, Sanjiv Singh und Finanzchef Richard Lohner, aber nach der sogenannten D&O-Versicherung (Directors&Officers) für Führungskräfte. Ein gangbarer Weg in der Branche, um Insolvenzmasse zu sichern.

Die beiden Manager kämpften im Sommer 2009 fieberhaft um den Erhalt der Firma. Nach Meinung des Insolvenzverwalters war der Herrenausstatter aber schon am 1. August zahlungsunfähig. Prager beruft sich dabei auf ein später erstelltes Gutachten und fordert deshalb 4,7 Millionen Euro, die Singh und Lohner im August und September noch (im normalen Geschäftsbetrieb) ausgegeben haben, obwohl Bäumler angeblich eben pleite war.

Das weisen Singh und Lohner aber vehement zurück. Auch sie berufen sich auf ein eigenes Sanierungsgutachten aus dem Sommer 2009, das ihnen in den turbulenten Tagen "Liquidität" bescheinigt haben soll. Immer wieder erreichten sie durch Verhandlungen mit Lieferanten, Kunden und Geldgebern, dass es von Tag zu Tag weiterging. Zu den vielen Nottelefonaten und Stundungen sind die schriftlichen Unterlagen erwartungsgemäß offenbar lückenhaft. Aus der Bäumler-Zentrale an der Despag-Straße verschwanden zudem nach der Übernahme durch den Insolvenzverwalter viele Akten auf unerklärliche Weise. Das klingt fast nach Wirtschaftskrimi. Der nächste Akt folgt im Herbst/Winter, wenn das vom Gericht beauftragte Gutachten vorliegt.