Ingolstadt
"Neues Kapitel der Stadtgeschichte aufgeschlagen"

Bei Grabungen neben der Schule Auf der Schanz wurden erstmals in der Altstadt eine römische Siedlung entdeckt

05.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:07 Uhr

−Foto: (Stadtmuseum Ingolstadt)

Ingolstadt (DK) Besser kann es für das Reuchlin-Gymnasium gar nicht laufen: Ausgerechnet bei den archäologischen Ausgrabungen im Vorfeld des Baus der neuen Turnhalle für das einzige humanistische Gymnasium Ingolstadts sind Funde aus römischer Zeit entdeckt worden.

Für den städtischen Archäologen Gerd Riedel ist das zwar keine Sensation, aber doch "ein neues Kapitel der Stadtgeschichte": Die Keramikscherben sind der erste sichere Hinweis auf eine Siedlung dieser Zeit im Altstadtareal. Riedel vermutet, dass es sich um ein römisches Landgut handelt, wie er gestern vor der Presse sagte.

 

Im gut erforschten Raum Ingolstadt gehört die Altstadt zu den am genauesten archäologisch untersuchten Arealen. Die Zahl der Funde aus diesem Gebiet geht mittlerweile in die Hunderttausende. Gerade die intensive Besiedlung des Altstadtgebietes seit dem 12./13. Jahrhundert habe jedoch viele ältere Spuren verwischt, so Riedel. Die Existenz steinzeitlicher und bronzezeitlicher Siedlungen ist zumindest durch umgelagerte Funde und Gräber indirekt überliefert. Keine sicheren Hinweise gab es jedoch bislang auf die Anwesenheit von Kelten und Römern.

Vermutet wurde die Existenz einer römischen Siedlung jedoch schon lange, und das aus mehreren Gründen. Ludwig- und Theresienstraße sollen einer (heute freilich überholten Vorstellung nach) auf eine flussbegleitende Straße im Norden der Donau zurückgehen. Der Straßenname "Am Stein" im Zentrum der Altstadt könnte auf römische Mauerreste im Boden hinweisen, die bislang aber noch nicht nachgewiesen werden konnten.

Im Gegensatz zum Stadtzentrum mit seinen permanenten Erdbewegungen veränderte sich dagegen unmittelbar vor den Stadtmauern jahrhundertelang sehr wenig. Die im 16. Jahrhundert aufgeschütteten Verteidigungswälle schützten die unter ihnen begrabenen Siedlungsreste. Die Wälle wurden auch bei der Schleifung der Festung 1800 gekappt und eingeebnet, aber nicht abgetragen. So konnte sich zum Glück für die Archäologen die vorgeschichtliche und mittelalterliche Erdoberfläche unter der Wallschüttung bis zum heutigen Tag großflächig rund um die Stadt erhalten.

Die Ausgrabungen im Vorfeld des Baus einer Turnhalle für das Reuchlin-Gymnasium griffen genau in diese ungestörten Areale ein. Sie stellten die Ausgräber vor besondere Anforderungen, da die genaue Lage der alten Siedlungen unter der modernen Oberfläche nicht bekannt war. "Durch umsichtiges Vorgehen konnten neue Einblicke in den Festungsbau, unbekannte Elemente der Stadtentwicklung im Mittelalter und sogar die ersten Hinweise auf die Anwesenheit einer römischen Siedlung im 2. Jahrhundert nachgewiesen werden", so der städtische Archäologe Riedel. Die Lage im Norden des Altstadtareals in deutlichem Abstand zum Fluss sei typisch für römische ländliche Siedlungen. Im Mittelalter habe man an Flüssen gebaut.