Ingolstadt
Der schönste Rückzugsort der Stadt: der Klenzepark

06.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:41 Uhr
Eine Oase in Ingolstadt: Der Klenzepark. −Foto: Stadt Ingolstadt

Ingolstadt (DK) Seit 25 Jahren ist der Klenzepark die beliebteste Grünzone in Ingolstadt. Zentral gelegen, direkt an der Donau, aus der Fußgängerzone in Minuten erreichbar, ist das Gelände der Landesgartenschau 1992 ein Musterbeispiel für nachhaltige Stadtentwicklung.

Es ist leicht, eine Bilderseite über den Klenzepark zu gestalten, weil schnell genug gutes Fotomaterial zur Hand ist. Es ist schwer, eine solche Seite zu machen, weil immer zig Motive, die sich ebenfalls lohnen würden, gezeigt zu werden, aus Platzgründen außen vor bleiben müssen. So verhält es sich auch mit dieser Panoramaseite, die sich der schönste Park der Stadt redlich verdient hat. Der DK präsentiert hier im äußeren Rahmen Fotos, die Besucher über die Jahre gemacht haben. Sie sind heuer bei einer Aktion der Stadt 25 Jahre nach der Landesgartenschau 1992, diesem Großereignis, das das Bild Ingolstadts als lebenswerte kleine Großstadt weit ins Land getragen hat, ausgesucht worden und werden derzeit auf Plakatwürfeln im Park gezeigt (Namen der Fotografen siehe links außen). Wir haben diese fotografischen Rückblicke mit vier redaktionellen Beiträgen ergänzt, die episodenhaft zeigen, was dieser Park den Menschen bis heute bedeutet.

Denn wer auch immer diese Grünzone im Herzen der Stadt betritt – er muss schon ein recht abgebrühter Zeitgenosse sein, um sich nicht gleich und immer wieder von ihrer besonderen Atmosphäre beeindrucken zu lassen: Nur wenige Meter vom hektischen Alltag entfernt stehen markante, bestens erhaltene Bauten aus der Festungszeit in einem Rahmen, der so ruhig und freundlich ist, dass er ihnen, den Zeugen einer weit weniger friedlichen Zeit (auch wenn sie sich nie als Frontlinie bewähren mussten), die Aura des Erhabenen, des beinahe Anmutigen gibt. Ob König Ludwig I. und sein Baumeister Leo von Klenze seinerzeit geahnt haben, dass sie mit diesen Teilen ihrer Zitadelle an der Donau der Stadt ein Geschenk machten, dessen wahrer Wert sich erst viel später erweisen sollte?

Beinahe wäre es ja dennoch schiefgegangen. Wer sich als etwas älterer Schanzer noch an die Diskussionen über die Erhaltenswürdigkeit von Reduit Tilly und Turm Triva in den Jahren vor der Gartenschau erinnert, der muss jenen Kräften, die sich für die Klenzebauten eingesetzt haben, noch ewig dankbar sein. Mit den Erfahrungen der vergangenen 25 Jahre ist es kaum noch vorstellbar, wie man meinen konnte, auf diese epochalen Bauwerke verzichten zu können. Ebenso unvorstellbar ist im Nachhinein allerdings auch die Sorglosigkeit und Geschichtsvergessenheit, mit der das Gelände am südlichen Donau-Ufer über Jahrzehnte hinweg dem Verfall und einer bescheidenen Nutzung weit unter Wert (siehe Foto oben in der Mitte) preisgegeben worden ist. Da müssen vielleicht die Problemjahre einer Stadt, die in der Nachkriegszeit erst einmal wieder Tritt fassen, ihren Weg und ihre Identität finden musste, als Entschuldigung herhalten.

Unbestreitbar ist jedenfalls, dass der seinerzeitige Stadtratsbeschluss, die Landesgartenschau auszurichten und damit auch großartige historische Bauten zu retten und in ein neues Licht zu rücken, eine der glücklichsten politischen Entscheidungen der jüngeren Ingolstädter Geschichte war. Wohl nie zuvor ist ein so großer Teil der Stadt so nachhaltig zum Nutzen aller umgekrempelt worden, nie mehr seither solch ein mutiger und letztlich unumstrittener Schritt der Stadtentwicklung getan worden. 

Die Ansiedlung eines landesweit in der Radiowerbung auftauchenden Fabrikverkaufszentrums vor den Toren im Nordosten, die Zustimmung zu einem gigantischen Einkaufscenter im Westen, die Unterstützung Audis mit einem flächenfressenden Logistikzentrum im Nordwesten und jetzt die Umnutzung des Gießereigeländes zu einem Vorzeigeprojekt fürs Stadtmarketing – das alles ist später passiert und hat sicher seinen wirtschaftlichen Nutzen. Nichts davon aber ist unumstritten, auch wenn viele (vielleicht aber nicht alle) Schanzer davon irgendwie profitieren. Wirklich akzeptiert ist hingegen von allen eine grüne Oase, nur ein paar Schritte vom Zentrum entfernt: der Klenzepark – wahrscheinlich der schönste Rückzugsort der Stadt.

 

Wo's aus Hinkelsteinen lustig sprudelt

Ob die Granitfelsen im Hinkelsteinbrunnen über 25 Jahre hinweg durch den Abrieb des in jedem Sommer sprudelnden Wassers schon etwas kleiner geworden sind, vermag niemand so genau zu sagen. Womöglich müssen da nachfolgende Generationen eines Tages mal genauer nachmessen. Sicher ist aber, dass dieser Brunnen nahe der Regimentstraße der meistfotografierte in der ganzen Stadt ist. Zudem wird sein flaches und weites Auffangbecken vor allem von jungen Eltern gern für erste Kneippgänge des noch Windeln tragenden Nachwuchses genutzt. Das war schon während der Gartenschau so, und das wird so bleiben, solange die Stadt hier zwischen Mai und Oktober für den Wasserkreislauf sorgt. 

Am Samstagnachmittag treffen wir Familie Benz aus Böhmfeld am Brunnen. Die Eheleute Mario und Steffi sind mit Tochter Josephine gekommen – auch um später noch das ERC-Fest an der Donaubühne zu besuchen. „In letzter Zeit waren wir öfter hier, vor allem wenn noch andere Kinder dabei waren“, erzählt die junge Mutter. Gelegentlich ist man auch schon mit dem Fahrrad hergefahren. Am Samstag ist noch die Familie des Bruders mitgekommen. Steffi Benz stammt aus dem Schwarzwald, ihr Mann aus Brandenburg, beide sind erst einige Jahre in der Region. Aber dass der Klenzepark immer wieder ein lohnendes Ausflugsziel ist, das hatten sie ganz schnell herausgefunden.
 

Der ideale Ort fürs Hochzeitsfoto

Frisch getraut – und dann für die Erinnerungsfotos ab in den Klenzepark. So ist das seit nunmehr 25 Jahren schon bei so mancher Hochzeit in Ingolstadt gewesen. Wie oft Infanteriemauer und Neues Schloss, Rosengarten und türkischer Pavillon oder auch der kleine Seerosenteich bei der Bahnlinie als Hintergrund für Brautpaarfotos hergehalten haben, ist nicht zu sagen. Doch schön ist es immer.

Mancher feiert auch im Park, weil die KiK-Gastronomie bei der Flankenbatterie im Sommer mit einem lauschigen Biergarten und ansonsten mit ihren Tonnengewölben punkten kann. Am Samstag haben Anja und Marc Müller aus Pichl dort für sich und ihre Hochzeitsgäste eindecken lassen. Als die DK-Reporter sie beim Sektempfang vor dem Lokal mit der Bitte überfallen, doch für ein Zeitungsfoto zu posieren, sind sie naturgemäß erst einmal irritiert – doch dann spielen sie freundlicherweise mit. 

Und so stehen die beiden nun auf dem Bild rechts bei der Marmorskulptur „Vibrazioni Riflesse“, die die Stadt 2012 anlässlich der 20-jährigen Partnerschaft mit Carrara von den italienischen Freunden geschenkt bekommen hat – stellvertretend für alle Paare, die den schönsten Park der Stadt am schönsten Tag im Leben besucht haben. Die Braut kann sich auch noch gut daran erinnern, wie sie als Teenager während der Gartenschau erstmals hier war. Ob sie sich diesen Tag da schon hat träumen lassen?

 

Stadtführung vor historischer Kulisse

Wenn Stadtführer Helmut Fertsch – wie erneut am vergangenen Samstag – Touristen und auch interessierte Schanzer durch den Klenzepark geleitet, kann er sich guter Stimmung in der Gruppe stets gewiss sein: Dass der Ausblick auf die historischen Mauern von Reduit Tilly, Turm Triva und Exerzierhalle (unser Bild) über Grünflächen und Blumenbeete hinweg jemals gelangweilt hätte, daran kann er sich nicht erinnern. Seine Zuhörer sind allenfalls erstaunt, wenn sie erfahren, dass der Fortbestand der Klenzebauten, die dann ja sogar der gesamten Grünanlage den Namen gegeben haben, in den 80er-Jahren mal zur Disposition stand. Dass sie dann mit Millionenaufwand saniert wurden und heute nicht nur (teils) als staatliche Museen, sondern generell als prägendes Ensemble am südlichen Donau-Ufer nicht mehr wegzudenken sind – ein Glücksfall.

Fertsch weiß noch zu gut, wie hässlich sich das Südufer vor der Umgestaltung zum Gartenschaugelände ausgenommen hat – „mit alten Schuppen, Unrat und meterhohen Brennnesselstauden“. Längst erinnert nichts mehr an die einstige Tristesse, und wenn Auswärtige dieses Stück der Stadt sehen, geraten sie meistens sofort ins Schwärmen. Wie eine Nürnberger Stadtführerin, die kürzlich in einer von Fertschs Gruppen mitmarschierte: „Ich wusste gar nicht, dass Ingolstadt so schön ist“, soll ihr Kommentar gelautet haben.

 

Unterm Regenbogen ist immer was los

Vielleicht ist es ja der schönste Spielplatz der Stadt: „Unterm Regenborgen“ haben die Macher der Landesgartenschau 1992 die Ansammlung von Klettergerüsten, Netzen, Rutschen und Schaukeln genannt, die seither Tausende und Abertausende Kinder angelockt hat. Einige, die seinerzeit zu den kleinen Nutzern im Eröffnungsjahr gehört haben, sind inzwischen längst mit dem eigenen Nachwuchs da – und finden die Atmosphäre immer noch so gediegen wie damals. Sicher: Den großen Ansturm wie im Gartenschausommer wird es so nie mehr geben, aber abseits von aller Handy- und Computerdaddelei ein kleines Abenteuer im Grünen erleben zu können, das ist mitten in einer Stadt mit so viel Beton, Asphalt und Verkehr gar nicht hoch genug einzuschätzen.

Sabrina Halbmeyer aus Unsernherrn und Tochter Linda (Bild) sind zweimal in der Woche im Klenzepark, speziell natürlich auf dem großen Spielplatz am Hang hinter der Exerzierhalle. „Wir fahren mit dem Bus rein und gehen vom Brückenkopf hierher“, erzählt die junge Mutter, die das Gelände während der Gartenschau – damals war sie zwölf Jahre alt – noch nicht kennenlernen konnte, weil in der Familie seinerzeit wenig Zeit für solche Aktivitäten geblieben ist. Dafür hat sie sich später häufiger bei Aktionen der Stadtranderholung hier tummeln dürfen. Ihr Eindruck damals wie heute: „Gefällt mir sehr gut, und tut auch der Stadt gut.“