Ingolstadt
Jugend will Bildung

15.07.2010 | Stand 03.12.2020, 3:51 Uhr

Hitzige Diskussion gab es am Mittwochabend bei einer Diskussion zwischen Jugendlichen und Politikeren in der Fronte 79. Hier hat die Linken-Bundestagsabgeordnete Eva Bulling-Schröter das Wort, deretwegen MdB Reinhard Brandl (CSU) abgesagt hatte. - Foto: str

Ingolstadt (DK) Über 70 Jugendliche haben am Mittwochabend in der Fronte 79 mit den Bundestagsabgeordneten Eva Bulling-Schröter (Die Linke), Agnes Krumwiede (Grüne), Daniel Volk (FDP) und Schulreferent Gabriel Engert (CSU) diskutiert. Hauptthema waren die Bildungschancen der jungen Leute.

"Wer heutzutage auf der Hauptschule ist, hat schon verloren." Bundestagsabgeordnete Krumwiede ging mit der Schulpolitik der schwarz-gelben Regierung hart ins Gericht. Überhaupt stand das Thema Bildung bei "Jugend trifft Politik" im Vordergrund. Nach der Absage des CSU-Abgeordneten Reinhard Brandl war FDP-Mann Volk der einzig verbliebene Vertreter der Regierungskoalition – dabei hätte er phasenweise etwas Unterstützung gebrauchen können. "Auch an Hauptschulen werden Eliten gefördert. Vor allem im handwerklichen Bereich", sagte Volk und brach damit eine Lanze für die Hauptschule. Die Jugendlichen, unter ihnen auch einige ehemalige und aktuelle Hauptschüler, sahen das anders. Vor allem die Förderung von individuellen Talenten fehle an den Schulen fast komplett, lautete der Vorwurf der Schüler. Krumwiede und Bulling-Schröter stellten sich auf die Seite der jungen Leute. "Hobbys werden in der Schule nicht gefördert, sondern eher abgetan", sagte Krumwiede. "Das Schulsystem zielt nur auf Leistung ab." Bulling-Schröter mokierte sich vor allem über die Bildungschancen ärmerer Kinder. "Akademikerkinder haben bessere Chancen. Wir müssen die Schwachen fördern."
 

Konzepte gäbe es genug. Volk sprach sich für Lernen im Kindergarten aus, Krumwiede wünscht sich Ganztagesschulen, Bulling-Schröter fordert "gemeinsames und kostenloses Lernen für alle". "Dabei müssen wir aufpassen, dass wir nicht zu sehr über Strukturen reden", mischte sich Engert ein. "Im Vordergrund müssen die Inhalte stehen."

Auch das Thema Freizeitgestaltung brannte den Jugendlichen unter den Nägeln. Der Vorwurf an die Politiker: "Wir jungen Leute haben zu wenig Möglichkeiten, unsere Freizeit in Ingolstadt zu gestalten." Es fehle an Jugendzentren in den Stadtteilen und an Ansprechpartnern, um kreative Dinge auszuprobieren. Bei der Lösung dieses Problems waren sich die Politiker ausnahmsweise einig. Die jungen Menschen müssten selbst aktiv werden, sich aktiv in die Politik einmischen, um gehört zu werden. "Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt", brachte es Bulling-Schröter auf den Punkt.

Dass Jugendliche auch ohne staatliche Hilfe was auf die Beine stellen können, bewiesen die Boomtown Raps, der Spielclub des Theaters und junge Leute der alevitischen Kulturgemeinde in einem Auszug aus ihrem Stück "Generation Krisenkind". Zirka 20 Darsteller – unter ihnen auch Hauptschüler – stellten aus ihrer Sicht dar, was sie bewegt. Dabei fielen viele kritische Töne, die Jugendlichen prangerten in dem Stück durchaus auch die Fehler ihrer eigenen Generation an, aber ebenso die Versäumnisse der Politik. "Wir werden nicht laut", beklagten sie sich, aber auch, dass ihre Generation "keine klare Richtung" habe und dass es "keine politische Bewegung" gebe. In den Gesprächspausen zeigten die Nachwuchskünstler ebenfalls, wozu sie fähig sind. Rapper und Breakdancer sorgten für Stimmung, zum Abschluss zeigte die Spielgruppe des Theaters, unterstützt von Schülern der Simon-Mayr-Sing- und Musikschule, noch Teile ihres gesellschaftskritischen Stücks "Berlusconi Revue".