Ingolstadt
"Qualität vor Geschwindigkeit"

Stadt und Audi präsentieren den neuen Entwurf für das Bayernoil-Gelände

07.03.2016 | Stand 02.12.2020, 20:07 Uhr
Das Ausmaß der Altlasten auf dem ehemaligen Bayernoil-Gelände zeichnet sich inzwischen ab. Im Frühsommer könnte mit der Sanierung begonnen werden - wenn der Stadtrat dem Konzept zustimmt. Zunächst müssten dann aber die Industrieanlagen rückgebaut werden. 2019 sollen die ersten Gebäude von IN-Campus stehen. −Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Audi und die Stadt haben auf die Stellungnahmen zum Technologiepark IN-Campus auf dem ehemaligen Bayernoil-Gelände reagiert und den Bebauungsplan leicht verändert. Gestern stellten sie den Entwurf vor - ebenso wie Details zur bevorstehenden Beseitigung der vielen Raffinerie-Altlasten.

900 Probebohrungen hatte schon der Vorbesitzer Bayernoil auf dem rund 75 Hektar großen Gelände am Audi-Sportpark vorgenommen. Der Käufer, die von Stadt und Audi gemeinsam gegründete IN-Campus GmbH, ließ noch 300 zusätzliche Stellen untersuchen. Herausgekommen ist eine Karte, die die Verteilung der Bodenschäden gut dokumentiert - zumindest in der Fläche (siehe Grafik rechts). Denn wie viel durch die jahrzehntelange Nutzung als Raffinerie-Standort belastetes Material tatsächlich im Boden schlummert, wird sich erst zeigen, wenn die Bagger anrücken.

"Es ist ein Vorgang ohne Beispiel", sagte der städtische Umweltreferent Rupert Ebner gestern bei der von Stadt und Audi anberaumten Pressekonferenz im Neuen Rathaus. Deswegen gelte "Qualität vor Geschwindigkeit". Sie arbeiteten mit zahlreichen Behörden und Gutachtern zusammen, um das Ausmaß der Schäden zu erfassen und sie dann aus dem Boden zu bringen. Schließlich soll dort in wenigen Jahren ein riesiges Technologiezentrum mit rund 75 Gebäuden für Audi und seine Zulieferer entstehen.

Einige Bereiche seien intensiv belastet, andere wiederum überhaupt nicht, erklärte Christof Messner von Audi, der wie der städtische Baureferent Alexander Ring Geschäftsführer von IN-Campus ist. "Typische Raffinerieprodukte" wie Öle und Benzine habe man im Boden in unterschiedlicher Konzentration gefunden. Durch die Bohrungen wisse man nun, wo sich was befinde. Einige Erde werde man wohl zur Deponie bringen müssen, sagte Messner. "Aber wir versuchen, so viel Material wie möglich vor Ort zu reinigen und wiederzuverwenden."

Die Bagger sind nur ein Hilfsmittel, um die Schadstoffe aus dem Boden zu fördern: Beim sogenannten Air-Sparging wird Druckluft ins Erdreich geblasen, die die Schadstoffe so mobilisiert, dass sie abgesaugt und herausgefiltert werden können. Sollten die Schadstoffe auch ins Grundwasser gelangt sein, greift das Pump-and-Treat-Verfahren: Dabei werden belastete Stoffe aus dem Wasser hochgepumpt und aufbereitet. Vier Brunnen am südöstlichen Rand des Geländes - also in Fließrichtung des Grundwassers - sollen verhindern, dass die Öle oder Benzine unter die Nachbargrundstücke gespült werden. Die Brunnen sind bereits aktiv.

"Es wird ein Rest zurückbleiben, aber nichts Gefährliches", sagte Rupert Ebner. 100 Prozent Schadstofffreiheit gebe es nirgendwo, auch im eigenen Garten nicht. Trotzdem sei es gut, dass man sich einst gegen Wohnbebauung und für ein Industriegebiet entschieden habe, ergänzte Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle.

Im Juli 2015 hatte der Stadtrat den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan gefasst, nach der ersten Auslegungsphase passten ihn die Planer an. Der Entwurf, der am kommenden Dienstag im Stadtentwicklungsausschuss gezeigt wird und im Stadtrat am 14. April beschlossen werden könnte, ist um einige Studien zu Umwelt, Verkehr und Schallschutz ergänzt und leicht angepasst worden.

Die 15 Hektar große Ausgleichsfläche ist jetzt nicht nur im Norden, sondern auch im Osten zum Auwald und den Donauauen hin ein durchgängiger Grünstreifen, auf dem Trockenwiesen, Gehölze, Gebüsche und Biotope entstehen beziehungsweise angelegt werden sollen. Die dort ursprünglich vorgesehenen kleineren Gebäude rücken näher an die restliche Bebauung heran.

Von West nach Ost wird sich der Campus über 800 Meter erstrecken, die Nord-Süd-Magistrale soll 1,2 Kilometer lang werden - im Süden zur Fußballarena hin verlaufend, im Norden zu einem über 70 Meter hohen Hochhaus. Messner stellt sich die Straße als Begegnungspunkt der Menschen vor, mit Buslinien, Fahrrad- und Fußwegen. An den Verkehr angebunden wird das Gelände über die Erweiterung des Autobahnanschlusses Ingolstadt-Süd und die Straßen Am Auwaldsee, Eriagstraße-Mitte und Eriagstraße-Süd.

Sollte der Stadtrat dem Bebauungsplan und dem extra zu behandelnden Sanierungskonzept zustimmen, könnten die Arbeiten auf dem 75 Hektar großen Areal im Mai beginnen. Die Sanierung würde - nach dem Rückbau der Industrieanlagen - im Frühsommer starten. Baubeginn für die ersten Gebäude wäre dann im kommenden Jahr.