Ingolstadt
"Habt keine Angst, die wollen etwas lernen"

SPD informiert über aktuellen Stand in der Asyl- und Flüchtlingssituation

04.03.2015 | Stand 02.12.2020, 21:35 Uhr

Asyl- und Flüchtlingssituation im Blickpunkt: Die SPD-Landtagsabgeordnete Angelika Weikert (Mitte) sprach zum Thema. Unterstützt wurde sie von Stadtratsfraktionschef Achim Werner (rechts). Mit auf dem Bild: Walter Lang, Vorsitzender des Ortsvereins Nord, Kreischef Marcel Aigner und Stadträtin Petra Volkwein (von links). - Foto: Brandl

Ingolstadt (DK) Wie es derzeit um die Situation von Asylbewerbern und Flüchtlingen in Bayern und in Ingolstadt bestellt ist, das war am Dienstagabend Thema einer Informationsveranstaltung der Ingolstädter SPD. Die Sozialdemokraten hatten sich hierfür Unterstützung aus dem bayerischen Landtag geholt.

Zu Gast war die SPD-Abgeordnete Angelika Weikert aus Nürnberg. Sie beleuchtete das Thema aus Landessicht und schaute in den Kosovo, von wo aus derzeit eine Flüchtlingswelle auf Deutschland zurollt.

„Was ist da los, weil so viele weg wollen“ Diese Frage stellte Weikert in den Raum. Den Gründen wolle sie, auf einer Reise in den Balkanstaat, selbst nachgehen. Bekannt sei jedoch, dass tausende Flüchtlinge keine Perspektive in ihrer Heimat sehen, in dem von Korruption und Bandenkriminalität beherrschten Land keine demokratische Entwicklung erkennbar sei. Das Problem: Die Menschen aus dem Kosovo haben kaum eine Chance, in Deutschland Asyl zu erhalten. Der Krieg zwischen den serbischen und albanischen Bevölkerungsteilen dort ist seit 15 Jahren beendet. Heute ist der Kosovo defacto ein von Serbien unabhängiger Staat, in dem Einheiten der Bundeswehr als KFOR-Friedenstruppen nach wie vor präsent sind. Weikert schlug eine EU-interne Regelung für die Kosovo-Flüchtlinge vor und plädierte für eine gesetzliche Lösung der Zuwanderung in diesem Fall.

SPD-Fraktionsvorsitzender Achim Werner, der in seinem Vortrag die Flüchtlingssituation in Ingolstadt betrachtete, ergänzte, es müsse auch den Schleuserbanden das Handwerk gelegt werden, denen die Kosovaren sich anvertrauten und dafür oft hohe finanzielle Mittel aufwendeten. „Man muss schauen, dass der Kosovo wirtschaftlich auf die Beine kommt“, so Werner. Ziel sei letztlich die Aufnahme des Landes in die europäische Familie. Sprüche wie „Bayern sei nicht das Sozialamt des Balkans“, wie sie zuletzt aus den Reihen der CSU zu hören waren, bezeichnete er als „absoluten Quatsch“.

Einen Schwerpunkt setzte Werner auf die 55 jugendlichen Asylbewerber, die sich unbegleitet in Ingolstadt aufhalten und entsprechend versorgt und untergebracht werden müssen. Die Bevölkerung – zuletzt, so war an dem Abend zu hören, gab es in Mailing seitens einiger Bürger Bedenken wegen des Zuzugs von Asylbewerbern – rief er dazu auf, den Menschen offen zu begegnen. „Habt keine Angst, die wollen etwas lernen“, sagte er und plädierte für mehr Aufklärung. Werner lobte außerdem die dezentrale Unterbringung in Ingolstadt. Die Leute seien zufrieden, wollten nach ihrer Anerkennung oft nicht raus aus der Unterkunft. Schließlich folgte ein Überblick über aktuelle Zahlen. Demnach befinden sich derzeit etwa 1000 Asylbewerber in Ingolstadt. 37 von ihnen gehen einer festen Arbeit nach – 48 einer gemeinnützigen Arbeit. 14 Leute seien in Kursen untergebracht. Bei der zentralen Unterbringung wie im Containerdorf an der Manchinger Straße stehen einem Asylbewerber monatlich knapp 184 Euro zur Verfügung. Insgesamt seien im städtischen Haushalt Mittel in Höhe von 7,7 Millionen Euro vorgesehen. Diese werden vom Freistaat jedoch komplett erstattet.

Weikert machte noch deutlich, dass es im Bund gelungen sei, die Residenzpflicht für Asylbewerber abzuschaffen, die Essenspakete durch Bargeld zu ersetzen und eine Arbeitserlaubnis nach drei Monaten Aufenthalt zu ermöglichen. Außerdem sei es in Bayern unter großem Druck der Kirchen und Wohlfahrtsverbände gelungen, mehr Erstaufnahmeeinrichtungen zu schaffen. Erwartet werden in Deutschland für das Jahr 2015 insgesamt über 250 000 Asylanträge.

Für Irritation sorgte der Bericht eines ehrenamtlichen Helfers, der Deutsch in der Max-Immelmann-Kaserne unterrichtet. Dort sei ein Baby geboren worden, es fehlte aber an jeglicher Unterstützung für Mutter und Kind. „Das ist eine Sache, die ich bodenlos finde“, klagte er. Nachdenklich machte ihn auch, dass die Leute nach drei Monaten arbeiten sollen. „Mit drei Sätzen Deutsch.“ Damit können doch viele nur Tellerwäscher werden, meinte er.