Ingolstadt
Gut und günstig

Toter Winkel: Edeka-Handelsgesellschaft rüstet Lkw-Flotte mit selbst entwickelten Kameras aus

16.12.2015 | Stand 02.12.2020, 20:25 Uhr

25,25 Meter lang sind die drei Lang-Lkw, die bei Edeka derzeit im Testbetrieb unterwegs sind. Im Führerhaus untergebrachte Bildschirme sind mit einer sogenannten Bullseye-Kamera verbunden, die an der Türe angebracht ist. Befindet sich rechts von dem Lkw ein Radfahrer, kann ihn der Fahrer leicht erkennen - Foto: Edeka

Ingolstadt (DK) Toter Winkel? Für die Lkw-Fahrer der Edeka Südbayern ist das bald kein Thema mehr. Das Unternehmen ist gerade dabei, seine gesamte Flotte umzurüsten: mit einem vom Technischen Leiter Anton Klott selbst entwickelten Abbiege-Assistenten. Ein Modell, das Schule machen kann.

Ein Foto im DONAUKURIER von einem tödlichen Unfall, nachdem ein Lkw rechts abgebogen war, hatte für Anton Klott den Anstoß gegeben, dem Thema seine ganze Aufmerksamkeit zu widmen. Das war vor ziemlich genau einem Jahr. „Da muss es doch was geben“, dachte der Technische Leiter der Edeka-Handelsgesellschaft Südbayern in Gaimersheim – und recherchierte im Internet. Wenig später war klar: Eine mit einem Bildschirm im Fahrerhaus verbundene Kamera, dazu ein Infrarot-Bewegungsmelder, das könnte die Lösung sein. Betätigt der Lkw-Fahrer den Blinker oder bewegt das Lenkrad nach rechts, schaltet das System scharf. Der Fahrer sieht auf einer von drei Kameras ein Umfeld, das sogar noch über den toten Winkel hinausgeht. Überdies erklingt ein akustisches Signal. „Der Fahrer wird dadurch doppelt gewarnt.“

Für diese innovative Eigenentwicklung ist Edeka bereits mit dem Dekra-Award 2015 in der Kategorie „Sicherheit im Verkehr“ ausgezeichnet worden. Ursprünglich hatte Klott, der seit 37 Jahren bei Edeka arbeitet, über den Hersteller der Lkw die technische Brücke der Kommunikation zwischen Kamera und Lenkung schlagen wollen. Doch der Hersteller verweigerte laut Klott den Zugang zur Bordelektronik. Verschiedene Nutzfahrzeugfirmen tüfteln derzeit selbst an eigenen, vermutlich deutlich kostspieligeren Systemen, die nächstes Jahr auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA) präsentiert werden sollen, erzählt der 57-Jährige. Er hat sich von dem vermeintlichen Rückschritt nicht irritieren lassen, im Gegenteil. Klott hat mit seinen Mechanikern selbst die nötige technische Voraussetzung geschaffen, um den Abbiege-Assistenten in Gang zu setzen – über einen Magnetschalter, der die Bordelektronik umgeht.

Die Hardware für das System kostet unter 500 Euro. Mit Montage durch eine zertifizierte Werkstatt kommt das Sicherheitssystem pro Lkw auf etwa 600 bis 700 Euro. Rund 30 der 153 Lastwagen der Edeka-Handelsgesellschaft sind bereits umgerüstet. Neue Lkw werden von vorneherein damit ausgestattet, die restlichen – einschließlich der Tochtergesellschaften sind es insgesamt über 250 – folgen im nächsten Jahr.

Auch für die genau 25,25 Meter umfassenden Lang-Lkw, von denen Edeka im Zuge des nächstes Jahr auslaufenden Feldversuches drei im Einsatz hat, bedeutet dies ein Plus an Sicherheit. „Das System ist richtig gut, eine echte Erleichterung“, sagt Markus Bayer, der den überdimensionalen Brummi steuert. Auch in den langen Lkw steckt in etlichen Details das technische Know-how Klotts. So ist ihr Wendekreis durch ein von ihm entwickeltes System der Anhängerkupplung deutlich geringer als bei normalen Lastern. Die Lang-Lkw, meint er, seien die sichersten Fahrzeuge überhaupt. „Sie bremsen selbstständig, auch rückwärts.“ Für ihn sind die Riesen „silberne Engel auf Deutschlands Straßen“.