Ingolstadt
Gedankenspiele

Immer mehr Ingolstädter setzen sich für den Erhalt des Pavillons im Freibad ein – mit eigenen Ideen

27.05.2013 | Stand 03.12.2020, 0:06 Uhr

 

Ingolstadt (DK) Der geplante Abriss des Freibad-Pavillons stößt auf Widerstand, denn das markante Bauwerk liegt vielen Ingolstädtern mehr am Herzen als zunächst vermutet. Jetzt wird geprüft, ob es ein Denkmal ist. Aus den Reihen derjenigen, die für den Erhalt kämpfen, kommen auch kreative Ideen.

Der Designer Marco Vanetta zum Beispiel hat sich Gedanken gemacht und seine Visionen in Fotomontagen dargestellt. Da steht das Bauwerk ohne die Glasfronten, die ja bisher zum unangenehmen Aufheizen im Inneren führen. Das fünfeckige Betongerippe bleibt wie eine zeltartige Konstruktion erhalten: So entsteht eine Art Lounge in luftiger Höhe. „Das ist natürlich keine ultimative Lösung und kein ausgearbeitetes Konzept – ich will andere Bürger nur animieren, eigene Ideen zu formulieren“, sagt der Designer.

Wichtig ist Vanetta, den Begriff Pavillon zu verdeutlichen. Das ist laut Duden ein kleiner, frei stehender, meist runder Bau, ein Festzelt oder vorspringender Gebäudeteil. „Auf jeden Fall nichts fürs ganze Jahr, sondern ein Schattenspender, höchstens ein Schutz vor Regen“, erklärt der Designer. „An diesen Gedanken sollte man sich halten, dann explodieren auch die Kosten für die Sanierung nicht.“

Nach Ansicht von Marco Vanetta ist der Pavillon unbedingt erhaltenswert. „Dieses Bauwerk hat eine Qualität, die ihresgleichen sucht in der Stadt. Den hinteren Bereich kann man ruhig abreißen und dort einen Neubau nach neuesten Standards errichten.“

Ähnlich sind auch die Vorstellungen des Architekten Jürgen Fahdt und des Künstlers Thomas Neumaier. „In das vorhandene Betonskelett werden Sonnen- und Windsegel eingehängt, die bei Bedarf den Baukörper schließen, beschatten oder öffnen können“, heißt es in ihrem Leserbrief. „Ergänzend bedarf es nur noch eines Kubus, der die für den Wirtschaftsbetrieb nötige Technik und die sanitären Anlagen enthält.“ Ihr Fazit: „Der Pavillon schwebt leicht und noch immer modern auf dem Fundament der Festungsgewölbe.“ Ein idealer Ort für Konzerte, Lesungen, Theater oder Tanzboden.

Auch Stadtheimatpfleger Tobias Schönauer ist aktiv geworden und hat das Thema Pavillon vergangene Woche auf die Tagesordnung des Behördentermins mit dem Landesamt für Denkmalpflege setzen lassen. „Die Gebietsreferentin hat sich alles angesehen, jetzt wird geprüft, ob der Pavillon auf die Denkmalliste kommt – mit allen Konsequenzen, die eine positive Entscheidung hätte. Ein Abriss, so wie ihn die Stadt plant, wäre dann erschwert.“ Für Schönauer ist das Bauwerk des Architekten Manfred Törmer aus dem Jahr 1971 ein Zeugnis der damaligen Architektur: „Es ist schwierig, auf die historische Substanz etwas Neues zu setzen. In diesem Fall ist es gut gelöst. Ich finde den Pavillon sehr elegant.“

Mehr noch, meint der Architekt Joachim Hägel: „Dieser Pavillon hat einen großen Erinnerungswert und ist Teil der Seele dieser Stadt. Viele Ingolstädter haben sich dort einst ihr erstes Zehnerleis gekauft.“

Natürlich bezeichnet auch Hägel den Pavillon als wichtiges Zeugnis der Ingolstädter Baugeschichte. „Die hört ja nicht in den 1970er Jahren auf. Leider ist der Sprungturm ja schon weg – der hätte auch erhalten bleiben müssen.“ Damals, erklärt der Architekt, habe man wieder begonnen, über Entwurf und Gestaltung nachzudenken. „Der Pavillon repräsentiert dieses Aufatmen nach der Katastrophe, es entstanden freie Formen, aufgelöste Konstruktionen, große Glasflächen. Selbst wenn er kein spektakuläres Bauwerk wie das Theater ist – dieser Pavillon ist typisch für jene Zeit. Er darf deshalb nicht Opfer dieser Abrissmentalität werden, zumal die Qualität der handwerklichen Ausführung extrem hoch ist.“

Am Samstag sammelte die Bürgergemeinschaft in der Fußgängerzone Unterschriften für das Hallenbad, das ebenfalls weg soll. „Viele Leute haben von sich aus erwähnt, dass sie auch gegen den Abriss des Freibad-Pavillons sind“, erzählt Landschaftsgärtner Florian Straub. Seiner Ansicht nach spricht ein weiterer Aspekt für den Erhalt: „Es gibt nirgends in der Stadt so einen Hochsitz, von dem aus man diesen herrlichen Ausblick ins Glacis hat.“ Straub liebäugelt mit dem Gedanken, alle interessierten Ingolstädter aufzurufen, um gemeinsam die schöne Aussicht bei einem Kaffee oder Drink zu genießen.

Solange es noch geht. Bisher ist der bereits voriges Jahr beschlossene Abriss des Pavillons ja nur aufgeschoben – und bis auf die Fraktion der Grünen scheint im Stadtrat niemand groß an dem Gebäude zu hängen.