Ingolstadt
"Bei uns hilft jeder jedem"

Narrwalla präsentiert sich vor und bei den Auftritten als große Gemeinschaft - Blick hinter die Kulissen

11.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:50 Uhr
Fertig machen für den Auftritt der Narrwalla am Samstag beim Ball der Lebenshilfe: Während noch an der Kopfbedeckung von Gardemädchen Sarah Weingartner gefeilt wird, wird sich an anderer Stelle bereits warm gemacht und gedehnt. −Foto: Johannes Hauser

Ingolstadt (DK) Sie sind ein Team. Eine ganz große Gemeinschaft. So zeigen sich die Aktiven der Narrwalla sowohl bei ihren Auftritten als auch bei der Vorbereitung darauf. Ein Blick hinter die Kulissen der Ingolstädter Faschingsgesellschaft.

Dieser Tag ist nicht der beste für Lisa Stachel. Die 19-Jährige zieht sich gerade in einem Raum der Lebenshilfe-Werkstätten das Kostüm für den Gardemarsch an. Doch der Reißverschluss klemmt irgendwie. Martina Huber-Nischler hilft dem Gardemädchen. Es ist Samstag, 14.30 Uhr. "Achtung, Aufstellung!", ruft Hofmarschall Jürgen Baumgartner. Noch wenige Sekunden bis zum Auftritt von Garde, Elferrat und Prinzenpaar beim traditionellen Faschingsball der Lebenshilfe in den Werkstätten am Franziskanerwasser. Nach dem zeitraubenden Anziehen des Gardekostüms und diverser Dehnübungen laufen alle Aktiven in einen Gang, wo schon Hunderte Besucher erwartungsfroh auf die Darbietungen der Narrwalla warten.

Nur Lisa Stachel fehlt noch. Ein Band an ihrem Tanzschuh lässt sich partout nicht um den Knöchel legen. Jetzt müssen neben Huber-Nischler auch Gardebetreuerin Marcella Amor Amor helfen. Ein paar Sekunden später ist das Malheur behoben - und das Gardemädchen spurtet dem närrischen Tross hinterher. Gerade noch einmal geschafft!

In der Umkleide zurück bleiben nur Amor Amor und die Tänzer, die erst beim abschließenden Showteil an der Reihe sind. Unter ihnen: Tobias Geist. Der 29-Jährige, der gerade Magnesium geschluckt hat ("Das hilft gegen Krämpfe beim Tanzen"), ist überglücklich, dass er seine rote Faschingsjacke wieder anziehen kann. Die hat er bei einem Auftritt am Freitagabend in der Heilpädagogischen Tagesstätte in Neuburg vergessen. "Als ich die vielen behinderten Kinder sah, war ich so aufgewühlt, dass ich gar nicht mehr an die Jacke in der Garderobe gedacht habe", räumt Geist ein. Kein Problem: Ein ehemaliges Gardemädchen der Narrwalla fuhr extra nach Neuburg, um die Jacke zum rechtmäßigen Besitzer zurückzubringen.

"Bei uns hilft eben jeder jedem", sagt Gardemädchen Andrea Tissler. Sie ist gerade nach dem ersten Programmteil mit den anderen Akteurinnen in die Garderobe gelaufen. Nur fünf Minuten haben sie jetzt Zeit, um sich die Glitzerkostüme für die große Show anzuziehen. "Bei uns geht natürlich alles schneller als bei den Gardemädchen. Sie müssen sich aufwendiger kostümieren", meint Tobias Geist mit Blick auf die jungen Frauen, die sich auch schminken und die Haare stylen.

"Achtmal umziehen an einem Tag, das ist schon ein bisschen stressig. Aber mit der Zeit gewöhnt man sich daran", meint Prinzessin Manuela Pfeffer. Allein kann sie ihr bodenlanges Kleid nicht ausziehen. "Bei uns derfst net gschamig sei", sagt die Ingolstädterin auf gut Bairisch. Denn: Die Frauen und Männer der Faschingsgesellschaft kleiden sich wie selbstverständlich in einem Raum um.

"Bei uns in der Garderobe herrscht das geordnete Chaos", sagt Prinz Michael Schulz, der sich gerade fürs große Finale fertigmacht. Sein Blick geht zu dem bunten Wirrwarr auf den Tischen: Sporttaschen (mit Jogginganzügen oder ganz normaler Kleidung), Kostüme, allerlei Getränke oder Lippenstifte liegen herum.

15.30 Uhr: Der Auftritt der Narrwalla ist nach einer Zugabe vorbei. Noch eine Polonaise mit den Ballbesuchern - und dann geht es wieder ab in die Umkleide. Die Narrwalla ist begeistert: "Der Auftritt war der absolute Wahnsinn. Das Publikum ist ja so dankbar", jubelt der Präsident der Faschingsgesellschaft, Robert Wegele. Er hilft überall mit, wo er gebraucht wird. Auch die närrischen Hoheiten strahlen: "Es war superschön und stimmungsvoll hier. Den Gästen machen wir eine echte Freude", sagt Prinz Michael IV., während er sich Jeans und Hemd anzieht. Prinzessin Manuela I. neben ihm sieht innerhalb von wenigen Minuten nicht mehr aus wie eine Faschingsprinzessin. "Wir haben alle bei der Lebenshilfe unsere Gaudi gehabt", betont sie.

Für die Narren ist der Tag aber noch lange nicht zu Ende: Um 20 Uhr treffen sich die Aktiven im Sportheim des TSV Nord. Dann geht es zu Faschingsbällen nach Manching, Böhmfeld und schließlich - gegen Mitternacht - nach Eichstätt. "Da ist Kondition nötig", meint Präsident Wegele. Und eine helfende Hand für jeden.