Ingolstadt
Expertenstreit um Verwaltungsbau

26.04.2010 | Stand 03.12.2020, 4:04 Uhr

Diplomatischer Mahner: Generalkonservator Prof. Johannes Greipl (rechts) im Gespräch mit Ingolstadts Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle und Oberbürgermeister Alfred Lehmann.

Ingolstadt (DK) Erhalt oder Abriss? In einer zweieinhalbstündigen Debatte hat der Stadtentwicklungsausschuss gestern den umstrittenen Verwaltungsbau auf dem Gießereigelände noch einmal von allen Seiten beleuchtet. Abgestimmt wird aber erst im Mai. Die Stadtratsmehrheit tendiert weiter zum Abriss.


Nicht nur das Zuschauerinteresse an der Sitzung war ungewöhnlich groß. Auch das Aufgebot an Fachleuten konnte sich wahrlich sehen lassen. Und nach dieser Anhörung sollte wohl der Vorwurf endgültig vom Tisch sein, die Stadtpolitiker würden mit einem Federstrich rücksichtslos alte Bausubstanz vernichten.
 
Selbst Generalkonservator Prof. Johannes Greipl, der oberste Denkmalschützer in Bayern, war aus München angereist. Was er vortrug, war jedoch nicht das, was man ein leidenschaftliches Plädoyer für die Rettung des Verwaltungsgebäudes nennen könnte. Zumal schon 1996 ein Abteilungsleiter des Denkmalamtes der Beseitigung des Bauwerks zugestimmt hatte, wie Greipl einräumte. Seine Behörde sei "seit langem eingebunden in den Planungsprozess". Das damalige Votum sei heute aber unter veränderten Vorzeichen zu sehen, sagte der Generalkonservator. Die Voraussetzung, dass dem Abriss zugestimmt werden könne, sei für ihn, dass wirklich "alle anderen Wege ausgeschöpft sind". Greipl: "Das kann ich hier noch nicht sehen." Falls die Denkmalpflege bei der städtischen Abwägung nur "zweiter Sieger" wäre, "dann respektieren wir das".

Weniger diplomatisch drückte sich Stadtheimatpfleger Christian Dittmar aus, der immer wieder betonte, für die Ingolstädter Bürger zu sprechen. Er habe niemand getroffen, der für den Abbruch dieses Gebäudes wäre, sagte der Historiker, der sich energisch dafür einsetzte, Altes und Neues miteinander zu verbinden. "Ich bitte Sie", wandte er sich an die Architekten, "nutzen Sie die Chance, schaffen Sie eine Symbiose!" Die Beseitigung dieses "letzten Erinnerungsstücks" wäre ein "Unding".

Als Sieger des aktuellen Architektenwettbewerbs stellte Reinhart Sänger (München) die Situation aus gestalterischer Sicht dar. Der Entwurf seines Büros sieht anstelle des Verwaltungsgebäudes einen "großzügigen Platzbereich" zwischen der Gießereihalle, der geplanten Audi-Akademie und dem Kongresshotel vor. "Die Halle erhält durch die Freistellung eine wesentlich stärkere Präsenz im Stadtbild", glaubt der Architekt, der auch der Rossmühle künftig eine stärkere Wirkung zugestehen will.

"So schnell holt einen Geschichte ein", meinte der Münchner Architekt Ludwig Wappner, Vorsitzender des Preisgerichts und des Gestaltungsbeirates. "Unumstößlich" ist für ihn, dass die Gießereihalle als "faszinierendes Gebäude" erhalten bleiben muss. Nicht jedoch der Verwaltungsbau. "Ich kann Ihnen nicht empfehlen, mit dem Hotel nach vorne oder in die Höhe zu gehen", warnte er vor den möglichen Auswirkungen eines unbedingten Festhaltens am Verwaltungsgebäude. "Das ist für mich die bedeutendste innenstadtstrategische Stelle", forderte Wappner ein Denken in größeren Zusammenhängen, "die muss gut werden!"

Auch Hochschulpräsident Gunter Schweiger und Harald Löhnert vom staatlichen Bauamt rieten davon ab, die Planungen für die FH-Erweiterung noch einmal neu aufzurollen. Im Wettbewerb, gab Löhnert zu bedenken, seien die "denkmalschutzrechtlichen Belange eingehend geprüft" worden.

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