Ingolstadt
Ernstes Wort unter Partnern

Aus Ingolstadt kommt Unterstützung für Foshans inhaftierte Menschenrechtlerin Su Changlan

30.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:45 Uhr

Staunende Besucher: Eine offizielle Delegation aus Ingolstadt besichtigte im März ein Modell des LED-Herstellers Nationsstar. Die Politiker nutzten die Gelegenheit auch, um in Foshan auf das Schicksal Su Changlans hinzuweisen. - Foto: Liesegang

Ingolstadt (DK) Ohne die Wirtschaftsinteressen wäre Ingolstadts Partnerschaft mit Foshan nicht entstanden. Vielleicht helfen die wachsenden Kontakte mit China aber auch Menschen, die von direkten Begegnungen ausgeschlossen sind, weil sie im Gefängnis sitzen. Zum Beispiel Su Changlan.

Für die inhaftierte Lehrerin aus Foshan, Jahrgang 1971, setzen sich inzwischen neben Amnesty International (AI) verschiedene Unterstützer ein. "Ich habe nicht damit gerechnet", bekennt Gudrun Rihl, die Sprecherin der Ingolstädter AI-Gruppe, "dass sich der deutsche Generalkonsul mit solchem Mut auf seiner Webseite offen äußert." Dort steht derzeit eine Erklärung zu Gerichtsverfahren gegen Bürgerrechtler in der Provinz Guangdong.

Das deutsche Generalkonsulat Kanton unter Leitung von Helmut Lüders hat nicht nur "die am 8. April 2016 ergangenen Urteile mit Sorge aufgenommen", sondern zeigt sich auch besorgt über "weitere Fälle, die am 15., 21. bzw. 22. April 2016 vor den zuständigen Gerichten in Kanton und Foshan verhandelt wurden". Dem Generalkonsulat erscheine es deshalb "wichtig, dass Angeklagte stets uneingeschränkten Zugang zu ihrem Rechtsbeistand und den Familienangehörigen haben und dass ihnen ausreichende medizinische Behandlung gewährt wird".

All dies wird Su Changlan bislang verweigert. Laut Amnesty International wurde die Inhaftierung der Frauenrechtlerin am 3. Dezember 2014 offiziell registriert. Noch am selben Tag wurde Anklage gegen sie wegen "Anstiftung zum Umsturz" erhoben. Die Aktivistin hatte sich im September 2014 solidarisch mit den Protesten in Hongkong gezeigt.

Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Chinese Human Rights Defenders waren Su und ihre Familie seit Beginn ihres Engagements - es reicht schon mehr als zehn Jahre zurück - permanent Ziel staatlicher Überwachung, Verfolgung und Schikanen. Ihr Ehemann Chen Dequan sei in Autounfälle verwickelt worden, die vermutlich gezielt verursacht wurden. Dabei sei er schwer verletzt worden.

Erst vor wenigen Wochen hat die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler (SPD), öffentlich kritisiert, dass unter anderem im Fall Su Changlan "wiederholt das Recht der Angeklagten auf uneingeschränkten Zugang zu ihrem Rechtsbeistand, das Besuchsrecht der Familienangehörigen sowie das Recht auf ausreichende medizinische Behandlung verletzt" werde. "Einige der Inhaftierten, wie beispielsweise die bekannte Frauenrechtlerin Su Changlan, sollen sich in einem schlechten Gesundheitszustand befinden." Kofler hebt in ihrer Erklärung insbesondere den Einsatz Sus für Frauen- und Kinderrechte hervor. "Darüber hinaus hat sie sich für die Rechte der Kinder von Migranten, Landrechte, Demokratie und gegen rechtswidrige Zwangsräumungen engagiert."

Gudrun Rihl bescheinigt den politischen Akteuren aus Ingolstadt, bisher alles unternommen zu haben, um die Lage der Inhaftierten aus der Partnerstadt zu verbessern. "Es gab eine enge Absprache", hat sie erfahren. Beim jüngsten Besuch der Ingolstädter Delegation in Foshan im März sprach CSU-Bundestagsabgeordneter Reinhard Brandl den stellvertretenden Bürgermeister Huang Zhihao direkt auf Su Changlan an: Die Menschen in seinem Wahlkreis seien besorgt über das Schicksal der Gefangenen.

"Mein letzter Stand ist, dass es noch kein Urteil gibt", sagte der Abgeordnete jetzt dem DK auf Anfrage. Sus Verhandlung sei vermutlich am 21. April gewesen. "Wir haben uns vorgenommen, auch das Thema Menschenrechte zum Gegenstand der Partnerschaft zu machen", verspricht Brandl - und ergänzt: "Wenn die Gelegenheit dazu passt." Dies sei nicht immer der Fall. Der Politiker hält es für wirkungsvoller, sich bei seinem Einsatz zu "fokussieren", denn "dieser Fall steht für viele". Nach Brandls Worten ist zu befürchten, dass es Su Changlan gesundheitlich schlecht geht.

In ihrer letzten Botschaft, die sie im Dezember 2015 über ihren Rechtsanwalt nach draußen senden konnte, schloss Su mit den Worten: "I believe spring will come soon." - "Ich glaube, bald kommt der Frühling."