Ingolstadt
Ein langwieriger Prozess droht

Zivilklage der Neuburger Pfadfinder gegen früheren Kreisjugendpfleger

22.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:39 Uhr

Stein des Anstoßes: Für Buchungen des Jugendhauses im Pfarrdorf Ambach (Gemeinde Ehekirchen) soll der Kreisjugendring Neuburg-Schrobenhausen keine Zahlungen an den Träger, die Neuburger Pfadfinder, weitergeleitet haben. Der Verein fordert von Ex-Geschäftsführer Alois Thumann (kleines Foto) und einer Mitarbeiterin einen Betrag von gut 45 000 Euro als Schadenersatz. ‹ŒArch - fotos: DK, Schanz

Ingolstadt/Neuburg (DK) Mit seinem früheren Arbeitgeber hat sich der langjährige Geschäftsführer des Kreisjugendrings Neuburg-Schrobenhausen, Alois Thumann, außergerichtlich geeinigt. Die Schadenersatzklage der Neuburger Pfadfinder am Landgericht gegen ihn dürfte aber zum langwierigen Prozess werden.

Der frühere Kreisjugendpfleger ist in Neuburg und im nördlichen Landkreis bekannt wie ein bunter Hund. Nicht nur weil er der Hauptmann der Stadtwache beim Schlossfest war. Seine Verdienste um den Aufbau der Jugendarbeit sind unbestritten und wurden groß gewürdigt. Hohe Wellen schlug deshalb der Umstand, dass 2014 bei einer Innenrevision des Kreisjugendrings (KJR) "Unstimmigkeiten bei der Haushaltsführung" aufgedeckt wurden. Thumann hatte für die Jugendarbeit ein System der "schwarzen Kassen" betrieben, wie die Staatsanwaltschaft Ingolstadt nach umfangreichen Ermittlungen bekannt gab und gegen den Beschuldigten einen Strafbefehl über eine einjährige Bewährungsstrafe erwirkte. Diesen akzeptierte Thumann Anfang 2017, sodass die Affäre strafrechtlich beendet war.

Unbenommen davon sind aber zivilrechtliche Forderungen, die gegen ihn von seinem früheren Arbeitgeber und den Neuburger Pfadfindern geltend gemacht wurden. Mit dem Kreisjugendring gab es jetzt vor Weihnachten eine gütliche Einigung. Thumann bezahlte laut KJR eine fünfstellige Summe. Mit den Pfadfindern gab es aber keine Einigung. Und das wird vorerst auch so bleiben, wie gestern der erste Termin vor einer Zivilkammer am Landgericht Ingolstadt verdeutlichte.

Alles läuft auf einen langwierigen Prozess hinaus, da die beherzten Vermittlungsversuche von Richterin Franziska Lichtenauer nicht fruchteten. Konkret geht es um die Forderung von mehr als 45 000 Euro (plus Zinsen), die vom Pfadfinderverein gegen Thumann und eine Mitarbeiterin erhoben werden. Diese Summe resultiert laut seiner Klage aus 14 Buchungen des Kreisjugendrings zwischen 2007 und 2014 für das von den Pfadfindern getragene Jugendhaus Ambach (Gemeinde Ehekirchen). Entgegen den üblichen Gepflogenheiten mit allen anderen Nutzern oder Buchern flossen die fälligen Gebühren hier nicht direkt auf das betreffende Konto für das Jugendhaus, sondern wurden auf das des Kreisjugendrings einbezahlt. Eine Weiterleitung unterblieb angeblich auf Thumanns direkte Anweisung. Dafür sollen aber unter anderem Barschecks über die Summen ausgestellt worden seien, mit denen angeblich "Verbindlichkeiten getilgt wurden", wie die Beklagtenseite sich rechtfertigt.

Was genau damit gemeint ist, das fragt sich Richterin Lichtenauer durchaus, wie sie gestern sagte. "Das ist zu pauschal formuliert." Sie sieht für diese Rechtfertigung die Beweislast bei Thumann, der krankheitsbedingt gestern nicht an der Verhandlung teilnehmen konnte, und dessen Mitarbeiterin, die beide bis 2014 die Kontovollmacht besessen hatten - also über den vollen relevanten Zeitraum. Dass die Beklagten die 14 Buchungen zunächst grundsätzlich bestritten, weil sie sich angeblich nicht daran erinnern könnten, will die Richterin auch nicht akzeptieren. "Das ist zu wenig." Die Buchungsliste, so Lichtenauer, hatten die Beklagten aufgrund ihrer Stellung im Auge haben müssen. Thumann war, wie es gestern hieß, so etwas wie der faktische Geschäftsführer des Jugendhauses Ambach.

Die gesamten Fakten auf den Tisch zu bringen, dürfte nicht einfach werden. Langwierig wird es auf alle Fälle, wie Richterin Lichtenauer ankündigte. Immerhin hätten beide Seiten 20 Zeugen zum Beweis gewisser Behauptungen benannt. Die Richterin warb mehrfach für ein sogenanntes Güteverfahren, wie es am Landgericht mit Richtern als Mediatoren angeboten wird. Es findet außerhalb des Gerichtssaals in kleinerem Rahmen hinter verschlossenen Türen mit viel mehr Zeit und weniger Druck statt. "Ein Urteil, wie es hier in der Kammer verkündet wird, führt oft nicht oft zur Befriedung", sagte Lichtenauer. Doch gerade die klagenden Pfadfinder mit dem Vorsitzenden Thomas Raba können sich ein Güteverfahren nicht vorstellen. Der Spielraum für Abstriche in einem Vergleich ist nicht besonders groß. Klägervertreter Thomas Ress nannte 90 Prozent der Summe als Basis für einen Deal. Die Beklagtenvertreterin, Thumanns Anwältin Tanja Schwarz-Gewallig nannte halbe-halbe als ihre Basis. "Damit brauche ich meinen Leuten gar nicht kommen", winkte Raba im Gerichtssaal ab.

Richterin Lichtenauer wird am 30. Mai eine Entscheidung verkünden. Es dürfte sich um einen Beweisbeschluss handeln, damit Zeugen gehört werden. Dann läuft das langwierige Verfahren an. Ein bis zwei Jahre dürfte es bei gewohntem Gang erfahrungsgemäß dauern, bis ein erstinstanzliches Urteil vorliegt.