Ingolstadt
Der Vorteil der kurzen Wege

Was das Balkan-Flüchtlingslager für die Stadt bedeutet, ist noch unklar – In Zuchering ist man zufrieden

31.07.2015 | Stand 02.12.2020, 20:58 Uhr
Einer von drei Standorten für das Aufnahmelager für Balkan-Asylbewerber soll die befestigte Fläche zwischen Gunvor-Raffinerie auf der linken Seite und Selgros beziehungsweise Ingolstadt Village auf der anderen Seite sein. Vor Jahren fand hier ein einziges Mal die miba statt. −Foto: Schalles

Ingolstadt (DK) Bis zu 1500 Asylbewerber aus Balkan-Ländern kommen nach Ingolstadt und Oberstimm – so viel ist seit Donnerstag klar. Viele weitere Fragen müssen noch geklärt werden.

Zum Beispiel, welche Konsequenzen die Entscheidung für die dezentral untergebrachten Flüchtlinge hat. „Es ist nicht das originäre Problem der Stadt, wie die Regierung von Oberbayern das organisiert“, sagte am Freitag Stadtsprecher Gerd Treffer. Wie berichtet, hatten Vertreter der Stadt, der Gemeinde Manching und des Landkreises Pfaffenhofen am Donnerstag mit zwei Staatsministern vereinbart, dass die Kaserne Oberstimm und zwei Standorte in Ingolstadt zum ersten bayerischen Aufnahmezentrum für Asylbewerber aus Balkan-Staaten werden.

Sozialreferent Wolfgang Scheuer erklärte ebenfalls am Freitag, die zwei weiteren Standorte (das Erstaufnahmelager am Audi-Sportpark und ein geplantes Containerdorf in der Nähe des Ingolstadt Village) habe Oberbürgermeister Christian Lösel „in zähen Verhandlungen durchgesetzt, da er den Zucheringer Bürgerinnen und Bürgern versprochen hat, alles zu unternehmen, dass die Kapazität in der Max-Immelmann-Kaserne nicht erweitert wird“. Die Regierung habe einen einzigen Standort mit 1500 Plätzen befürwortet.

Ausgehandelt hatten die kommunalen Vertreter auch, dass die Neuankömmlinge aus dem Balkan voll auf die zu erfüllende Quote an Asylbewerbern anzurechnen ist. Dementsprechend würden viele der Flüchtlinge, die derzeit hier untergebracht sind, bald auf andere Kommunen verteilt. Ob dann auch die mehreren hundert dezentral in extra angemieteten Wohnungen und Häusern untergebrachten Asylbewerber, von denen sich einige schon eingelebt haben, gehen müssen, das ist noch unklar. Stadtsprecher Treffer sagte, es dürften ja nicht 1500 Balkan-Flüchtlinge auf einmal kommen. „Das wird langsam wachsen.“ Demnach hätte die Entscheidung wohl erst einmal nur Auswirkungen auf die Erstaufnahmeeinrichtungen, zuerst die Kaserne und dann den Parkplatz P 3 am Audi-Sportpark. Wie viele Asylbewerber Ingolstadt aufnehmen muss, das könne sich ohnehin schnell ändern, sagte Scheuer: „Wenn man hört, dass momentan täglich 1000 Flüchtlinge in München ankommen, gehe ich davon aus, dass die nächste Prognose des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nach oben korrigiert wird, damit erhöht sich automatisch auch unsere Quote wieder.“

Unabhängig davon gilt der Notfallplan, nach dem die Stadt kurzfristig 300 Flüchtlinge zusätzlich aufnehmen muss. Dafür beschloss der Stadtrat am Donnerstag, die Staudinger-Hallen in Ringsee zu sanieren. Der gleichzeitige Beschluss, an der Neuburger Straße eine Unterkunft zu bauen, sei allerdings nicht für den Notfallplan gedacht gewesen, sondern als weitere dezentrale Unterkunft, sagte Scheuer. Doch wegen des Balkan-Zentrums müsse auch das neu geprüft werden.

In der Kaserne wird das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nun eine Außenstelle einrichten, in der die Asylanträge der Flüchtlinge aus dem Balkan aufgenommen, Interviews geführt werden und schließlich der Bescheid zugestellt wird. Auch alle rechtlichen Schritte für die Abschiebung sollen dort möglich sein. „Alle Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit bleiben gewahrt“, betonte Scheuer. „Der Vorteil liegt in den kurzen Wegen.“ Es soll in dem Zentrum auch die Beratung zur freiwilligen Ausreise geben, erklärte Scheuer. Die sei gar nicht so selten: Auf 1000 Ausweisungen kämen bisher etwa 2500 freiwillige Ausreisen.

Die Regierung betreibt die Einrichtungen, die soziale Betreuung wird aber – wie schon jetzt – die Caritas übernehmen, auf 100 Asylbewerber kommt an allen drei Standorten ein Betreuer. Das städtische Sachgebiet Asyl ist weiterhin für die Auszahlung des Taschengelds, für die Krankenhilfe und andere Belange zuständig.

„Ich sehe da nur Vorteile“, sagte Sybille Gruber, die Vorsitzende des Bezirksausschusses Süd (Zuchering), wo die nahe Oberstimmer Kaserne immer wieder Thema war. „Ob dort jetzt Flüchtlinge aus dem Balkan oder aus verschiedenen Ländern sind, ist für die Bevölkerung nicht relevant.“ Wichtig sei, dass dort jetzt Freizeiteinrichtungen in der Kaserne geschaffen würden, ein Supermarkt gebaut werde und die Asylverfahren beschleunigt würden. „Der OB hat da gut verhandelt“, sagte sie.