Ingolstadt
Das Reizwort Korruption als rotes Tuch

BGI-Chef Lange zieht mit Transparenzantrag scharfe Angriffe des gesamten Stadtrates auf sich

14.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:57 Uhr

Dicke Luft im Stadtrat: Nicht nur OB Christian Lösel (l.) und Vorgänger Alfred Lehmann waren verstimmt über den Antrag des BGI-Fraktionschefs Christian Lange. Im Vordergrund Sabine Leiß (SPD). - Foto: Hammer

Ingolstadt (DK) Der Stadtrat kann froh sein, dass eine wissbegierige Schülergruppe gestern Nachmittag bereits den Sitzungssaal verlassen hatte. Andernfalls hätten die jungen Leute mitbekommen, dass politische Diskussionen in Ingolstadt manchmal auch in Beleidigungen ausarten können.

Anlass für den äußerst aggressiv ausgetragenen Streit war ein Antrag der BGI, der zum Ziel hatte, dass Ingolstadt dem Verein Transparency International beitritt. Den Zündstoff lieferte vor allem die Begründung von BGI-Fraktionschef Christian Lange. Er verwies auf den Prozess gegen zwei Mitarbeiter des Hochbauamtes im Zusammenhang mit Auftragsvergaben beim Schulbau im Südwesten und die jüngste Stellenbesetzung eines städtischen Kulturmanagers, die gezeigt hätten, dass die "Rechte des Stadtrates zukünftig besser beachtet werden müssen". Lange: "Das Verwaltungshandeln entspricht nicht immer den heutigen Anforderungen an Transparenz und Korruptionsbekämpfung."

Dass der BGI-Chef damit das Wort Korruption ins Spiel brachte, wirkte wie ein rotes Tuch vor allem auf die CSU-Fraktion. Besonders heftig reagierte Alt-OB Alfred Lehmann. "Die Begründung treibt mir den Zorn ins Gesicht", schimpfte er, "das ist eine Art Rufmord!" Lehmann stellte sich als ehemaliger Vorgesetzter ausdrücklich vor die Mitarbeiter der Stadt. Die Verwaltung sei keinesfalls "gekennzeichnet von Vetternwirtschaft und Machtmissbrauch". Langes Fraktionskollege Georg Niedermeier warf sich verbal dazwischen: "Sind Sie jetzt der Fleischerhund der CSU" Später nahm er den Ausdruck zurück, ebenso wie Christine Haderthauer (CSU), die zuvor von einer "menschlichen Sauerei" gesprochen hatte. Franz Liepold (CSU) verurteilte den "unverschämten" Antrag der BGI, der "fatal in der Außenwirkung" sei.

Ehrenerklärungen für die Stadtverwaltung und scharfer Gegenwind gegen Lange kamen auch von anderen Fraktionen. "Ich frage mich, was hat Sie geritten", so die Reaktion Thomas Thönes (ÖDP). Lange gehe es nur darum, die BGI "als einzige Opposition darzustellen". Grünen-Fraktionschefin Petra Kleine distanzierte sich von der Antragsbegründung. Bei einem so heiklen Thema dürfe man keine "Stimmungen erzeugen". Über die Prävention von Korruption, fand Achim Werner (SPD), sollte man vernünftig reden können.

In den Augen von Johann Stachel (FW) führten die Stadtratsaktivitäten Langes zu einem "Kaschperltheater" für die Zuhörer. Seine Empfehlung: "Diese Krankheit kann man nur heilen, wenn man das rigoros abwürgt und ablehnt."

Sichtlich genervt und aufgebracht wirkte auch der OB, der diesen Vorstoß in einer Reihe mit ständigen Vorwürfen und Klagen des BGI-Manns gegen die Verwaltung sieht. "Sie erschüttern das Vertrauen in die Belegschaft", hielt Christian Lösel dem Antragsteller vor. Die von Lange im Stadtrat angefachte Debatte sei zum "Schaden für unsere Heimatstadt".