Ingolstadt
Vorteile beim Kauf von Wohnungen?

Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen Alt-OB Lehmann ausgeweitet Neuer Streit am Klinikum

16.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:29 Uhr

Foto: Horst Schalles

Ingolstadt (DK) Hat sich Alt-OB Alfred Lehmann beim Kauf mehrerer Wohnungen im Neubaugebiet an der ehemaligen Pionierkaserne Vorteile verschafft? Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt hat ihre Ermittlungen jetzt auf diesen Bereich ausgeweitet. Gestern gab es deshalb auch bei der Stadttochter IFG eine Razzia.

Wie die Staatsanwaltschaft Ingolstadt bekannt gab, wurde bei Durchsuchungen von Räumlichkeiten Lehmanns, der IFG, die die Flächen, um die es geht, an Bauträger veräußert hatte, und "beteiligter Dritter", wie es in der Mitteilung heißt, Beweismaterial sichergestellt. Ob es sich dabei um den Bauträger, der Lehmann die Wohnungen verkauft hatte, handelt, wollte Leitender Oberstaatsanwalt Wolfram Herrle nicht sagen. "Es handelt sich nicht um Personen des öffentlichen Lebens", begründete er diese Entscheidung. Weitere Beteiligte würden zum gegenwärtigen Stand der Ermittlungen aber nicht als Beschuldigte geführt.

Wie berichtet, ermittelt die Behörde seit Herbst vergangenen Jahres in der Klinikum-Affäre unter anderem gegen den früheren Geschäftsführer des Ingolstädter Klinikums, Heribert Fastenmeier, und Alt-OB Lehmann. Während es bei den Untreue-Vorwürfen gegen Fastenmeier unter anderem um Vergaben und die Begünstigung von Familienmitgliedern geht, standen bei Lehmann der Verkauf des alten Ingolstädter Krankenhauses an einen Bauträger und der Erwerb einer Neubauwohnung auf dem entsprechenden Areal im Fokus der Ermittlungen. Im Zuge der Auswertung von Unterlagen im Rahmen des Teilkomplexes Altstadtkrankenhaus habe sich "hinsichtlich des Verkaufs von Flächen auf dem Gelände der ehemaligen Pionierkaserne und des Erwerbs von Wohnungen durch Herrn Dr. Lehmann im Jahr 2012 in der neu erstellten Wohnanlage auf diesem Gelände der Anfangsverdacht der Vorteilsannahme" ergeben. Lehmann hatte noch während seiner Amtszeit als OB und Verwaltungsratsvorsitzender der IFG in dem Neubaugebiet mehrere Wohnungen gekauft. Die städtische Tochtergesellschaft hatte das knapp 14 Hektar große Gelände, das vorher zur Pionierkaserne gehörte, 2008 gekauft. Dort wurde ein neues Wohngebiet geschaffen.

Um wie viele Wohnungen Lehmanns in dem Gebiet es bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft geht, gab die Behörde nicht bekannt. Weil offen sei, ob sich der Verdacht im weiteren Verlauf der noch andauernden Ermittlungen bestätige, wie Herrle sagte. Für Alfred Lehmann selbst dürfte die gestrige Razzia überraschend gekommen sein. Erst Anfang März hatte er im Gespräch mit dem DK gesagt: "Ich fühle mich nicht schuldig ."

Den "Besuch der Staatsanwaltschaft" bei der IFG bestätigte gestern auch der Pressesprecher der Stadt, Michael Klarner. Man habe der Behörde verschiedene Unterlagen übergeben. Mit Hinweis auf das laufende Ermittlungsverfahren wollte sich die Stadt gestern nicht weiter zu den Vorwürfen äußern. Dem Vernehmen nach will sich der Aufsichtsrat der IFG Anfang nächster Woche zu einer außerplanmäßigen, nicht-öffentlichen Sitzung treffen.

Neuen Ärger gibt es unterdessen auch am Ingolstädter Klinikum. Weil er bei einer Betriebsversammlung Anfang der Woche Dinge ausgeplaudert haben soll, die der Verschwiegenheit unterliegen, hat Interimsgeschäftsführer Alexander Zugsbradl den Zorn der Verbandsräte der SPD auf sich gezogen. In einem offenen Brief an den Aufsichtsratsvorsitzenden, Oberbürgermeister Christian Lösel, und Bezirkstagspräsident Josef Mederer gehen sie mit Zugsbradl, dessen Vertrag als Interimsgeschäftsführer des Klinikums und Interimsgeschäftsleiter des Krankenhauszweckverbandes erst kürzlich bis zum Jahresende verlängert wurde, hart ins Gericht. Zugsbradl habe bei der Betriebsversammlung Inhalte eines anonymen Briefes, der den Verbandsräten vergangenen Freitag in nicht-öffentlicher Sitzung unter dem Hinweis auf absolute Verschwiegenheit vorgelesen worden sei, "vor großem Publikum in seiner Rede zum Besten gegeben". Damit nicht genug, habe der Interimsgeschäftsführer auch über Details, Personen, Fakten und Zusammenhänge einer Hausdurchsuchung gesprochen, die die Staatsanwaltschaft vergangene Woche im Gebäude des Klinikums durchgeführt habe. Nach DK-Informationen hat es tatsächlich erneut eine Razzia am Klinikum gegeben - im Bereich des Kiosks. Dem Vernehmen nach soll die Pächterin Werbematerial des Krankenhauses mit einer eigenen Kasse verkauft haben. Die Staatsanwaltschaft hat dies weder bestätigt noch dementiert.

Alexander Zugsbradl teilte gestern Abend mit, er habe auf der Betriebsversammlung am Montag, bei der aufgrund des Themas, die neue Entgeltordnung, der Zuspruch aus der Belegschaft groß gewesen sei, die Mitarbeiter über aktuelle Entwicklungen informiert. "Diese hausinternen Themen kann ich öffentlich nicht darstellen, da ich mich an Regeln zur Verschwiegenheit selbstverständlich halte." Allerdings habe er "in eigener Sache absolut unmissverständlich ausgeführt", dass er sich durch anonyme Briefe nicht einschüchtern lasse. Die Zusammenarbeit mit den Mitgliedern des Aufsichtsrats und des Krankenhauszweckverbands empfinde er als "sehr vertrauensvoll und konstruktiv". "Manchmal", so Zugsbradl, "würde ich mir allerdings von den Beteiligten mehr direkten, bilateralen Austausch wünschen und weniger Kommunikation über offene Briefe oder Fragenkataloge".

Nach Auskunft der städtischen Pressestelle hat das Beteiligungsmanagement von Zugsbradl eine Stellungnahme zu den Vorwürfen der SPD angefordert.