Ingolstadt
Brutale Erniedrigung im Vollrausch?

Im Eichstätter Vergewaltigungsfall will der geständige Angeklagte offenbar auf mildernde Umstände hinaus

17.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:07 Uhr

Foto: Hermann Redl

Ingolstadt/Eichstätt (DK) Es ist ein Verbrechen, das nicht nur in Eichstätt großes Aufsehen erregt hat: Die brutale, besonders erniedrigende Vergewaltigung einer 60-jährigen Frau am innerstädtischen Ufer der Altmühl im vergangenen August wird seit gestern am Ingolstädter Landgericht strafrechtlich aufgearbeitet. Zu Beginn gab es ein Geständnis.

Angeklagt ist ein junger Asylbewerber, angeblich 26 Jahre alt, aus Afghanistan. Er ließ gestern über seinen Anwalt eine Erklärung abgeben, in der er die Tat vollumfänglich einräumt und in der er betont, dass er sich dafür schämt und dass er das Asylrecht missbraucht und dem Ansehen anderer Flüchtlinge geschadet habe. Sein Drang nach Sex, so hieß es auch, sei in jener Nacht einfach "so groß" gewesen.

Für die überfallene Frau muss es ein Albtraum gewesen sein: Unvermittelt hatte sie sich am späten Abend des 11. August in einer hilflosen Situation befunden. Der Angeklagte soll sie, die zunächst neben einem anderen Flüchtling auf einer Parkbank gesessen und sich mit diesem offenbar ruhig über Allgemeinplätze unterhalten hatte, gezielt auf Geschlechtsverkehr angesprochen und sie dann, nachdem sie ihn abgewiesen hatte, in ein nahes Gebüsch gezerrt und sich äußerst brutal an ihr vergangen haben. Der andere Asylbewerber soll die Tat beobachtet, aber nicht eingegriffen haben. Er konnte bislang nicht eindeutig identifiziert werden.

Der Angeklagte macht in seiner Erklärung angeblichen massiven Alkoholkonsum für sein Handeln in jener verhängnisvollen Sommernacht verantwortlich. Generell habe er bereits seit einigen Jahren ein massives Alkoholproblem; nach einem Fahrradunfall (bereits in Deutschland), den er nur knapp überlebt haben will, habe er mehr und mehr Schnaps getrunken - öfter mal zwei große Flaschen Wodka am Tag. Zudem will er immer wieder auch Marihuana geraucht haben. Genauso soll es auch am Tattag gewesen sein, als er sich zunächst mit anderen Flüchtlingen zum Zechgelage in einer Bar nahe dem Altmühl-Ufer aufgehalten habe.

Wie viel von den angeblichen Trinkgewohnheiten und speziell von der Alkoholisierung an jenem Abend zu glauben ist, das ist die spannende Frage, der die 5. Strafkammer unter Vorsitz von Thomas Denz nachzugehen hat. Die Unwägbarkeiten beginnen schon beim Alter des Angeklagten, das in der Anklageschrift den bisherigen amtlichen Unterlagen zufolge mit 34 Jahren angegeben wird, während er selber sich gestern als 26 Jahre alt ausgab. Ein Ingolstädter Kripobeamter brachte als Zeuge frische polizeiliche Erkenntnisse vor, wonach auch der Name des Mannes im Asylverfahren anders lautet als in den Ermittlungsakten. Der Asylantrag soll demnach inzwischen abgelehnt worden sein.

Zwischen Tat und Festnahme des Asylbewerbers, der bereits seit 2013 in Deutschland sein will, hatten mehrere Wochen gelegen. Er hatte sich offenbar nach dem Vorfall aus Eichstätt abgesetzt und war dann Ende September im Saarland bei Freunden in einer Asylbewerberunterkunft festgenommen worden, nachdem sich anhand der Spuren ein Treffer in der DNA-Datenbank ergeben hatte.

Die DNA-Signatur des jungen Mannes war nämlich bereits früher wegen eines anderen Sexualdelikts, bei dem er zunächst zum Kreis der Verdächtigen gezählt hatte, erfasst worden. An Vorstrafen in Deutschland hat er zwei kleinere Eintragungen wegen Leistungserschleichung und Körperverletzung aufzuweisen.

Wegen des Geständnisses konnten der vergewaltigten Frau gestern ins Detail gehende Fragen des Gerichts erspart werden. Dennoch wurde deutlich, dass die inzwischen 61-jährige Eichstätterin sehr massiv unter ihrem Erlebnis gelitten hat und noch immer leidet. Zehn Wochen war sie nach der Tat stationär in der Krankenhauspsychiatrie behandelt worden; noch heute hat sie angeblich Albträume. Sie wird von einer Sozialarbeiterin betreut, muss Antidepressiva nehmen.

Das Gericht hörte gestern mehrere Zeugen an, darunter auch einige junge Leute aus Eichstätt, die wiederholt Kontakt zum Angeklagten und anderen Asylbewerbern aus der Kreisstadt hatten. Unter anderem kam dabei zur Sprache, dass der jetzige Beschuldigte in Flüchtlingskreisen schon recht früh mit der Tat in Verbindung gebracht worden sein soll. Er habe sogar vor Bekannten damit geprahlt, habe sich generell eher für ältere Frauen interessiert, hieß es gerüchteweise.

Ob die Geschichte vom Vollrausch, der eventuell strafmildernd gewertet werden könnte, Bestand hat, wird auch von der Bewertung durch einen Gutachter abhängen. Zu denken gibt jedenfalls, dass der Mann unmittelbar vor der Tat wackelfrei auf einem Fahrrad unterwegs gewesen sein soll.

Das ursprünglich auf drei Tage angesetzte Verfahren kann wegen des Geständnisses wohl auf zwei Tage verkürzt werden. Somit könnte am morgigen Freitag bereits das Urteil fallen.