Ingolstadt
Kurzzeitpflege vor dem Aus

Kritik an Umstrukturierung im Heilig-Geist-Spital: "Sozialer Anlaufpunkt fällt komplett weg"

22.11.2016 | Stand 02.12.2020, 19:01 Uhr

Das Heilig-Geist-Spital muss dringend saniert werden. Doch mit der Umstrukturierung fallen auch Pflegeplätze weg - darunter die bestehenden zwölf in der Kurzzeitpflege. Was bislang allerdings nur wenigen bekannt ist. - Fotos: Eberl/Privat

Ingolstadt (DK) Die im Heilig-Geist-Spital in der Fechtgasse anstehenden strukturellen Veränderungen haben direkte Auswirkungen auf die Anzahl der Pflegeplätze. Wie jetzt bekannt wurde, sind unter insgesamt 85 Heimplätzen, die wegfallen, auch alle 12 bestehenden Kurzzeitpflegeplätze.

Elisabeth Bauernfreund (kleines Foto, mit ihrem Vater) hält große Stücke aufs Heilig-Geist-Spital. Ihr Vater (88) wurde dort in der Kurzzeitpflege stets gut betreut. Die 44-Jährige hat zwei neun- und elfjährige Kinder. Ihr pflegebedürftiger Vater lebt seit fünf Jahren bei der Familie der Tochter in Hundszell. Der Alltag der Frau ist, obwohl Elisabeth Bauernfreund ihre Familie als "gut organisiert" bezeichnet, nicht einfach: "Ich versuche, allen gerecht zu werden." Eine riesige Hilfe war bislang, dass sie ein paar Wochen im Jahr auftanken konnte - wenn ihr Vater für einige Tage in der Kurzzeitpflege im Heilig-Geist-Spital untergebracht war. Doch neulich, als sie den nächsten Kurzzeitpflegeaufenthalt anmelden wollte, habe sie erfahren, dass die Station geschlossen werde. Offen werde im Heim nicht darüber gesprochen. Für Elisabeth Bauernfreund sieht es fast so aus, als würde die Kurzzeitpflege "klammheimlich unter dem Deckmantel der Renovierung wegfallen", sagte sie dem DK.

Dabei heißt die Devise des Pflegestärkungsgesetzes (PSG): ambulant vor stationär. Schon seit Anfang des Jahres haben pflegende Angehörige nicht nur, wie zuvor vier Wochen pro Kalenderjahr Anspruch auf Kurzzeitpflege, sondern acht. Nur: Wo den Angehörigen unterbringen, wenn Kurzzeitpflegeplätze nicht auf-, sondern abgebaut werden? "Die Stadt hat hier einen sozialen Anlaufpunkt gehabt, der jetzt komplett wegfällt", klagt Bauernfreund. Denn in fast allen Ingolstädter Pflegeheimen sind die Kurzzeitpflegeplätze nur "eingestreut", wie es im Amtsdeutsch heißt. Erst, wenn ein Bewohner stirbt und der Platz, bis der nächste Bewohner einzieht, frei ist, steht er für Kurzzeitpflege zur Verfügung. Für Elisabeth Bauernfreund bringt dies wenig: "So kann man nicht planen." Die Hundszellerin überlegt, eine Unterschriftenaktion zu initiieren, damit die Kurzzeitpflegeplätze im Heilig-Geist-Spital erhalten bleiben oder die Stadt eine Alternative schafft.

Dass im Spital ein umfangreiches Sanierungskonzept ins Haus steht, war unlängst Gegenstand einer Diskussion im Sozialausschuss. Grund dafür sind nicht zuletzt wirtschaftliche Erwägungen. Nächsten Dienstag steht das Vorhaben im Ausschuss erneut auf der Tagesordnung. Die 1977 in Betrieb genommene Einrichtung ist in die Jahre gekommen. Und sie schreibt tiefrote Zahlen. Momentan leben in dem Heim im Schnitt 152 Pflegebedürftige und 34 rüstige Bewohner.

Doch die Rahmenbedingungen für vollstationäre Pflegeeinrichtungen haben sich geändert. Massiver Fachkräftemangel hat laut Heimleiterin Daniela Blaschke dazu geführt, dass die Kurzzeitpflege bereits reduziert worden sei. Selbst normale Pflegeplätze könnten trotz Nachfrage nicht belegt werden. "Weil nicht genügend Personal zur Verfügung steht." Rein formal gelte auch fürs Heilig-Geist-Spital wie in den anderen Heimen die "eingestreute" Kurzzeitpflege. Man habe dies aber intern anders organisiert und in der Kurzzeitpflege "viele Stammgäste". Blaschke spricht momentan noch von einem "Grobkonzept". Die politischen Gremien haben noch nicht darüber entschieden.

"Wir müssen auf die Marktsituation reagieren", sagt Blaschke. So will das Heilig-Geist-Spital die derzeit 34 Einzelzimmer für Rüstige abschaffen. Statt 152 Pflegeplätze soll es nach dem Umbau künftig nur noch 101 Pflegeplätze geben. Dafür sollen ambulante Wohneinheiten geschaffen werden. Kernpunkt ist insbesondere, die Wirtschaftlichkeit in den zur Heilig-Geist-Stiftung gehörenden Pflegeeinrichtungen - neben dem Spital gehört dazu auch das Anna-Ponschab-Haus am Klinikum - zu stärken. Wie wichtig dies angesichts der Defizite der vergangenen Jahre ist, darauf hat der CSU-Stadtrat und Sozialexperte Konrad Ettl immer wieder hingewiesen. "Meine allergrößte Sorge ist, dass wir das Heilig-Geist-Spital erhalten", sagte er dem DK. Dass dies mit dem Wegfall der Kurzzeitpflege einhergeht, ist ihm allerdings neu. In der Sitzungsvorlage ist dieser Umstand nämlich mit keinem Wort erwähnt.