Ingolstadt
"Da sind wir intern am Ringen"

FW-Fraktionschef Springl über den Rückkauf der Stadtwerke und die Kritik an seinem Abrissantrag

02.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:21 Uhr

Freier Wähler vor historischem Hintergrund: "Ich habe keine Angst davor, mich eindeutig zu positionieren", sagt Peter Springl - und meint nicht nur den Streit um das Gießereigelände. - Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Beim Streit des Stadtrats über die historischen Mauern auf dem Gießereigelände fiel im Eifer des Gefechts der Begriff "Eselpartei". Die Freien Wähler konnten damit nicht gemeint sein, weil sie gar keine Partei sind. Dennoch spielte FW-Fraktionschef Peter Springl eine maßgebliche Rolle.

 

Herr Springl, mit keinem Antrag haben Sie bisher so viel Furore gemacht wie im Juli mit Ihrer Forderung, die Mauer über der Eselbastei abzureißen. Haben die heftigen öffentlichen Reaktionen auf die schnelle Abrissaktion Sie überrascht?

Peter Springl: Es war von Anfang an klar, dass man für diesen Antrag nicht Beifall bei jedem findet. Aber es war für mich auch klar, dass da eine Entscheidung getroffen werden musste, weil ein längeres Zuwarten bis Ende Oktober - dem Zeitpunkt der nächsten Stadtratssitzung - politisch nicht mehr tragbar gewesen wäre und auch der IFG (Tochtergesellschaft, d. Red.) und der Stadt einen finanziellen Schaden gebracht hätte. Wenn man das im Nachhinein Revue passieren lässt, wird man beim nächsten Mal vielleicht schauen, dass man es besser so organisiert, dass die anderen die Prügel bekommen.

 

Der Naturschützer Michael Würflein hat kürzlich gemeint, dass Peter Springl inzwischen zum "Mann fürs Grobe" geworden ist und der CSU die unangenehme Arbeit abnimmt.

Springl: Klar ist sicherlich, dass man als Fraktionsvorsitzender in der Koalition sowohl für die Stadt als auch für die Freien Wähler eine gewisse Gesamtverantwortung hat. Das ist ein anderer Ausdruck als der "Mann fürs Grobe", wie Sie das bezeichnen. Insofern ist es immer eine Abwägung, wie es sich auf die Stadt und die Freien Wähler auswirkt. Ich habe sicher keine Angst davor, mich zu gewissen Themen eindeutig zu positionieren.

 

Innerhalb der Freien Wähler soll es viel Kritik an Ihrem Abrissantrag gegeben haben.

Springl: Ja gut, bei uns wird immer und rege diskutiert. Ich glaube, dass das bei anderen Parteien und Gruppierungen auch so ist. Nur bringen wir nicht jede Diskussion nach außen. Das unendliche Diskutieren schadet auch manchmal. Man muss irgendwann eine Entscheidung treffen. Das gilt auch für das Gießereigelände. Man muss seinen Beitrag dazu leisten, dass was vorangeht und dass es fertig wird.

 

Hier vom Südufer der Donau aus sieht man schon, dass sich die Stadtsilhouette neben dem Schloss stark verändert hat und durch das Kongresshotel weiter verändern wird. Um Ihre eigene Ausdrucksweise zu verwenden: Wird des was G'scheits?

Springl: Ich bin überzeugt, dass man in drei, vier Jahren deutlich erkennen wird, dass es was G'scheits wird. Das Areal wird zwar noch nicht mit jedem Stein fertig sein - ein paar Dinge dauern sicherlich länger wie zum Beispiel die Sanierung des Dallwigk und die Rossmühlstraße -, aber der Bürger wird sehen können, dass es was wird und auch an der Ostseite der Fußgängerzone eine Öffnung und Belebung eintritt.

 

Es ist erst ein Jahr her, da war in der CSU/FW-Rathauskoalition noch Krisenmanagement gefordert. Da Sie der CSU mittlerweile die unpopulären Anträge abnehmen, müsste die Stimmung in der Koalition jetzt eigentlich blendend sein.

Springl: In der Koalition ist es immer so ein Hin und Her. Im Moment ist es sicher aus der Sicht der CSU etwas besser.

 

Und aus Ihrer?

Springl: Ich sehe das langfristig. Es ist immer ein Zerren und Ringen, in einem Jahr sieht es vielleicht wieder anders aus.

 

Seit dem Donnerstag ist Patricia Klein die neue Fraktionschefin der CSU und damit Ihre unmittelbare Verhandlungspartnerin. Haben Sie schon erste Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit ihr gemacht?

Springl: Wir haben uns vor gut einer Woche im Café Mohrenkopf getroffen, um abzustimmen, wo Gemeinsamkeiten in den Themen liegen könnten. Wir werden versuchen, diese Gemeinsamkeiten zu stärken. Das heißt natürlich nicht, dass die Freien Wähler nicht auch eigene Themen haben würden, die der CSU vielleicht nicht so gefallen.

 

Zum Beispiel?

Springl: Beim Thema Rückkauf der Stadtwerke herrschen unterschiedliche Meinungen. Aber da sind wir aus meiner Sicht noch ganz am Anfang. Da brauchen auch wir noch Informationen, um abwägen zu können, ob es sinnvoll ist oder ob wir es lassen sollen.
 

Die Gas- und Strompreise interessieren wahrscheinlich viel mehr Bürger als die ganze Diskussion um das Gießereigelände. Hans Stachel junior, der FW-Vorsitzende, hat kürzlich die Stadtwerke wegen ihrer Tarifpolitik scharf kritisiert. Muss der Stadtrat eingreifen?

Springl: Wir diskutieren das intern sehr intensiv, sind aber noch nicht einheitlicher Meinung. Jede Schraube, an der man dreht, hat irgendwelche Auswirkungen. Natürlich ist es einfach zu sagen: Jetzt senken wir mal den Gaspreis. Das ist auch populär. Aber man muss sehen, dass es ins Gesamtkonzept reinpasst. Und da sind wir intern am Ringen.

 

Aber baldige Aktivitäten in Sachen Stadtwerke sind offensichtlich nicht zu erwarten.

Springl: Das weiß man bei den Freien Wählern immer nicht so (lacht). Stellen Sie mir die Frage in zwei Monaten, dann kriegen Sie vielleicht eine andere Antwort.

 

Ihr Kollege Stachel senior sitzt ja für die FW im Aufsichtsrat der Stadtwerke. Sieht er die Preispolitik des Unternehmens ähnlich kritisch wie sein Sohn?

Springl: Ich sehe das so. Aber als Aufsichtsrat darf man manchmal nicht alles sagen, was man sagen will. Insofern ist eine Namensgleichheit nicht schädlich.

 

Was spricht nach Ihrem bisherigen Kenntnisstand für, was spricht gegen einen Rückkauf der Mannheimer Anteile an den Ingolstädter Stadtwerken?

Springl: Bei den derzeitigen Zinssätzen - gleich große Gewinne unterstellt - könnte man den Rückkauf mit dem Gewinn, der derzeit nach Mannheim fließt, über 20 Jahre finanzieren. Ob wir energiepolitisch anders handeln würden, kann dahingestellt bleiben. Aber die Randbedingung - konstante Gewinne - ist aus meiner Sicht über 20 Jahre nicht haltbar. Dieser Bereich ist derzeit so stark im Umbruch, dass ich mir kein Urteil über zwei Jahrzehnte zutraue. Deshalb bin ich mir da sehr, sehr unsicher. Zu klären wäre auch, wie man technisch mit der Energiebeschaffung umgeht. In dem Markt sind ja teilweise schnelles Handeln und hohe Sachkompetenz gefordert. Darauf sind wir alleine derzeit nicht eingestellt. Diese Kompetenz müssten wir uns wieder erwerben.

 

Das Interview führte

Reimund Herbst.