Ingolstadt
Die Wolken sind wie weggeschoben

Audis Jobgarantie hellt die Stimmung in der lokalen Wirtschaft merklich auf

29.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:08 Uhr

Er hat gut lachen: Für diesen jungen Mann aus der Fertigung und seine rund 44 000 Kolleginnen und Kollegen im Audi-Werk sind die Jobs jetzt bis 2025 sicher. Die hieraus resultierende Zuversicht macht sich nach den Neuigkeiten vom Dienstag nun in weiten Teilen der regionalen Wirtschaft breit. ‹ŒArch - foto: Hammer

Ingolstadt (DK) Nach zwei Jahren der Irritationen und Sorgen um Audis Zukunftsfähigkeit wirken die am Dienstag verkündete Jobgarantie für die Mitarbeiter bis 2025 und die zugleich angekündigte Modelloffensive im E-Mobilbereich wie ein Befreiungsschlag. Politik und regionale Wirtschaft atmen auf.

Am Ingolstädter Automobilwerk hängen nicht nur die rund 44 000 örtlichen Arbeitsplätze der Audi AG, sondern in der Gesamtschau sicher noch einmal so viele Beschäftigungsverhältnisse in der regionalen Zulieferindustrie und im Dienstleistungsgewerbe. Dass es an der Ettinger Straße nun auf mittlere Sicht auf hohem Niveau und sogar mit einem klaren Bekenntnis zur zukunftsträchtigen E-Mobilität weitergehen soll, ist für Ingolstadt und die umliegenden Landkreise praktisch die Fortschreibung eines Konjunkturprogramms, von dem in der Summe Hunderttausende profitieren dürften.

"Es ist ein Signal, das der Stadt und der Region Stabilität bringt", sagt Fritz Peters, Chef des Ingolstädter Regionalausschusses der Industrie- und Handelskammer (IHK). Er weiß, dass Audis Strahlkraft weit in alle Wirtschaftszweige hineinreicht. Nicht nur der in der Region breit aufgestellte Automotivsektor hängt (auch) an Audi, sondern auch Handwerk und Handel sind mittelbar betroffen, wenn es beim Autohersteller brummt - oder eben nicht. So gesehen sind die Nachrichten aus der Audi-Betriebsversammlung vom Dienstag in fast allen Branchen positiv aufgenommen worden. IHK-Sprecher Peters glaubt, dass sich die im Werk verbreitete Zuversicht über kurz oder lang in der ganzen Region niederschlagen wird: "Das dürfte auch den privaten Konsum ankurbeln, und auch die Bauwirtschaft dürfte profitieren."

Der regionale Immobilienmarkt, auf dem die Preise für Bauland und Wohnobjekte - vor allem durch Audis jahrelange Anziehungskraft auf neue Beschäftigte - schon länger auf steiler Bergfahrt sind, dürfte sich nunmehr auf hohem Niveau fortentwickeln. Einige Beobachter hatten bereits gemutmaßt, mit einem drohenden Abschwung beim Autokonzern könnten hier auch die Nachfrage nachlassen und die Quadratmetererlöse sinken - doch nun dürften sich die für Käufer und Mieter nicht gerade rosigen Zeiten weiter hinziehen.

In der Kreditwirtschaft hat man, was den Bausektor betrifft, ohnehin kaum nachlassende Nachfrage verspürt. Michael Mieling, Sprecher der Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte, zeigte sich gestern auf DK-Anfrage zu möglichen Impulsen der Entwicklung rund um Audi auf die Baukreditnachfrage geradezu überrascht: Dieses Geschäft, sagt er, habe sich bei der Genossenschaftsbank bereits heuer sehr positiv weiterentwickelt.

Ähnliches verlautet aus der Sparkasse Ingolstadt-Eichstätt. Vorstandsmitglied Reinhard Dirr spricht von einer Konsolidierung des Immobilienmarktes auf hohem Niveau. Als Verantwortlicher für das Firmenkundengeschäft des größten Kreditinstituts der Region hat er aber vor allem die vielen mittelständischen Gewerbetreibenden im Blick. Hier habe man die Phase der Irritationen rund um Audi "mit ruhiger Hand" durchgestanden und Dellen in den Bilanzen fast durchweg vermeiden können, so Dirr.

Dass mit der neuen positiven Grundstimmung bei Audi auch der finanzielle Druck von den unmittelbaren Zulieferbetrieben genommen wird, ist nach Auffassung von Marktbeobachtern allerdings nicht zu erwarten. Hier hat die deutliche Sparpolitik des Premiumherstellers zuletzt oft genug für Unmut gesorgt. Branchenkenner sehen hier keine wirkliche Entspannung. Bei den Ingenieurdienstleistern, denen Audi etliche Entwicklungsarbeit überlässt, ist die Stimmung offenbar besser: "Wir können jetzt wieder positiv in die Zukunft blicken; eine Perspektive ist da", kommentiert Tadeusz Lacny, Geschäftsführer des gleichnamigen Gaimersheimer Ingenieurbüros, die neue Situation.

Mit Genugtuung wird die nun greifbare Fortschreibung von Audis Erfolgsgeschichte natürlich bei der IG Metall zur Kenntnis genommen. Bevollmächtigter Johann Horn unterstreicht die Aussagen von Gesamtbetriebsratschef Peter Mosch, wonach die Arbeitnehmervertretung für die Verlängerung der Beschäftigungsgarantie keinerlei Zugeständnisse an die Konzernleitung machen musste.

Strukturelle Änderungen, die angesichts der Herausforderungen durch neue Fahrzeugkonzepte (E-Mobilität, Vernetzung) und zu erwartende Anpassungen in der Fertigung (Digitalisierung der Produktion, möglicherweise auch modulare Bauweise) auf etliche Beschäftigte im Audi-Werk zukommen dürften, waren laut Horn aber auch gar nicht Teil der jetzt vom Betriebsrat so positiv abgeschlossenen Verhandlungen. Hier wird es weitere Gesprächsrunden geben. Die IG Metall kündigt bereits an, dass für sie die Fortbildung der Arbeitnehmer ein großes Thema sein wird.